IMI-Studie 2010/03 - in: AUSDRUCK (April 2010)

Die UN und der neue Militarismus


von: Thomas Mickan | Veröffentlicht am: 14. April 2010

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(Teil II der Studie: http://imi-online.de/download/TM-Juni-2010.pdf)

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1988 wurden „United Nation Peacekeeping Forces“ mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Das Symbol des blauen Helms dieser „Streitkräfte“ prägte und prägt dabei das Bild der öffentlichen Wahrnehmung der UN. Jenes helle UN-Blau soll über weite Distanz auf dem (Schlacht-)Feld gut sichtbar sein, um eine erhoffte Neutralität durch die gewährte Kenntlichkeit zu generieren. Abbildung 1 demonstriert, wie das Bild der Blauhelme in der staatlichen Kommunikation Verwendung findet. Es zeigt eine Friedenstaube mit blauem UN-Helm und ist auf der extra für Kinder gestalteten Internetseite der Webpräsenz des Auswärtigen Amtes zu finden. Es erscheint als Lehrstück für die Chancen von Friedensbemühungen mit Hilfe von UN-SoldatInnen und suggeriert dabei, dass militärische Gewalt, so sie den rechten Anwalt findet, Frieden schafft. Ein ganz anderes Lehrstück – eines für das Völkerrecht – stellt die UN-Charta selbst, als Gründungsakte und Leitbild der Vereinten Nationen, dar. Sie spricht eine klare Sprache, indem ein Allgemeines Gewaltverbot in Artikel 2 (4) der UN-Charta postuliert wird. Des Weiteren versucht der Text der UN-Charta mit der Stärkung eines Selbstbestimmungsrechts der Völker und des Souveränitätsbegriffes auch die schwächeren Staaten vor den stärkeren zu schützen.

Es soll als zentral festgehalten werden, dass die UN und insbesondere ihre Friedensbemühungen norm- und völkerrechtssetzend sind, dass ihre Stellung in der heutigen Weltkonstellation so alternativlos und einmalig ist, und dass sie, neben den vielen Unterorganisationen wie UNICEF, in denen sie täglich ganz praktisch wirkt, als Organisation selbst eine große Strahlkraft als Mittlerin einer friedlicheren und gerechteren Welt besitzt. Hier sei herausragend nur an die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte erinnert. Dieses normativ überhöhte Bild, stilisiert in der blaubehelmten Taube, nutzt die Bundesregierung um den Kindern zu vermitteln, dass „[…] Deutschland hin und wieder Friedenstruppen in andere Länder [schickt]“, um zu „[…] helfen, dass auch andere Staaten auf anderen Kontinenten in Frieden leben können.“[1]

Gerade die Strahlkraft dieser einmaligen Organisation macht es notwendig, jede neuere Entwicklung genau zu verfolgen. Die folgenden Ausführungen sollen zeigen, dass eine kritiklose Rezeption vor allem militärischer UN-Aktivitäten und Autorisierungen, wie sie etwa auch zahlreiche politische Parteien erkennen lassen, eine Entwicklung übersieht, die fraglich erscheinen lässt, ob den Kindern zukünftig das Märchen der blaubehelmten Friedenstaube weiterhin erzählt werden kann. Dafür wird in einem ersten Teil auf strukturelle Veränderungen in dem UN-Gefüge eingegangen, in einem zweiten auf konzeptionelle Veränderungen in den Friedensbemühungen.

Mehr: http://imi-online.de/download/TM-April-2010.pdf