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Online-Zeitschrift „IMI-List“
Nummer 0293 ………. 12. Jahrgang …….. ISSN 1611-2563
Hrsg.:…… Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Christoph Marischka / Jürgen Wagner
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Archiv: ……. https://www.imi-online.de/mailingliste.php3
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Liebe Freundinnen und Freunde,
in dieser IMI-List finden sich
1) die Einladung und das Programm zum diesjährigen IMI-Kongress mit dem Titel „Kein Frieden mit der NATO“ am 8. und 9.11.2008;
2) Einen IMI-Standpunkt zur anstehenden EU-Mission in Georgien.
1) IMI-Kongress 2008: „Kein Frieden mit der NATO“
Der diesjährige IMI-Kongress wird am 8. und 9. November 2008 in Tübingen stattfinden und sich anlässlich des 60jährigen Jubiläums der NATO und der aktuellen Eskalation im Kaukasus aus verschiedenen Perspektiven kritisch mit dem Militärbündnis auseinandersetzen.
PROGRAMM:
Samstag, 8. November 2008:
12:00h Kongresseröffnung
12:30h Die Waffe des Westens – Strukturen und Strategien der NATO (Tobias Pflüger)
14:30h Aufstandsbekämpfung in Afghanistan: Prototyp einer neuen NATO-Strategie (Jürgen Wagner)
16:30h Die Kolonialpolitik der NATO auf dem Balkan (NN)
19:30h Kameraden im Kaukasus: NATO und EU im Schulterschluss für eine neue Weltordnung (Martin Hantke)
Sonntag, 9. November 2008
09:15h Kanonenboote und Piraten: Die NATO als Seemacht (Claudia Haydt)
10:30h Schild und Schwert: Aggressive Atompolitik und Raketenabwehr der NATO (Arno Neuber)
12:00h Lokale Einrichtungen für globale Kriege: Kein Friede mit der NATO in Deutschland
(Verschiedene)
Wir freuen uns auf rege Teilnahme. Wie die vergangenen Jahre ist eine Anreise auch schon am Freitagabend möglich, an dem wir eine gesellige Auftaktveranstaltung planen. Die IMI wird sich auch bemühen, bei Bedarf Schlafplätze zu vermitteln. Nähere Informationen, Flugblätter und Plakate folgen in einem Monat sowie in der kommenden Ausgabe des AUSDRUCK.
2. IMI-Standpunkt zur geplanten ESVP-Mission in Georgien
EU eskaliert den Konflikt mit Russland weiter
Vorbereitungen für eine ESVP-Mission in Georgien
IMI-Standpunkt 2008/052
https://www.imi-online.de/2008.php3?id=1815
Tobias Pflüger, 3.9.2008
Die Einseitigkeit, mit der sich die Europäische Union im jüngsten Konflikt an der Seite Georgiens platziert, ist hochproblematisch. Allein Russland für die jetzige Situation verantwortlich zu machen, wie es gegenwärtig der Fall ist, bedeutet nichts anderes als einseitige Parteinahme im Georgienkrieg und das Einläuten eines neuen Kalten Krieges. Der jüngste Beschluss des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees (PSK), eine Mission im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) nach Georgien zu entsenden, droht den Konflikt weiter zu eskalieren.
Ganz offensichtlich sind beide Kriegsparteien Schuld an der Eskalation. Die begann mit dem Angriff Georgiens am 7./8. August auf Südossetien, insbesondere auf die Stadt Zchinvali – mit vielen Toten auch unter der Zivilbevölkerung -, der von Präsident Mikhail Saakashvili befohlen wurde. Damit begann eine verhängnisvolle Spirale der Eskalation. Klar zu verurteilen ist aber auch die Form der militärischen Reaktion Russlands, insbesondere auf die Stadt Gori – mit ebenfalls vielen Toten unter der Zivilbevölkerung. Die Angriffe auf die Zivilbevölkerung und der Einsatz von Streubomben durch beide Kriegsseiten sind völlig inakzeptabel. Das humanitäre Völkerrecht / Kriegsvölkerrecht wurde von beiden Kriegsseiten klar verletzt.
Westliche Mitschuld
Die nun erfolgte staatliche Anerkennung Süd-Ossetiens und Abchasiens durch Russland ist abzulehnen, sie folgt allerdings der falschen Logik der Anerkennung des Kosovo durch westliche Staaten, darunter auch einer ganzen Reihe von EU-Staaten (nicht aller!), wie Deutschland. Mit der völkerrechtswidrigen Anerkennung des Kosovo wurde eine Büchse der Pandora geöffnet, die nun ihre fatale Folgepolitik findet.
Der Westen, die NATO und die EU, sind in die Eskalation des Konflikts und Krieges in Georgien stark involviert. Die USA haben georgische Truppen zum Kriegführen aus dem Irak nach Georgien gebracht. Eine ganze Reihe von NATO- und EU-Staaten haben Georgien mit modernen Waffen hochgerüstet. Es sind auch deutsche Waffen und Waffenträger bei der georgischen Kriegsseite aufgetaucht. Die Entsendung von NATO-Marinetruppen ins Schwarzmeer sieht sehr nach weiterer Eskalation aus. Auch muss benannt werden, dass dieser Konflikt sehr viel mit geopolitischen Interessen zu tun hat, wie z.B. geplanten Ölpipelines.
Hardliner setzen sich durch – geplante ESVP-Mission nach Georgien
Die EU will den Konflikt auch missbrauchen, um eine weitere Militarisierung der Europäischen Union voranzutreiben, wie z.B. anhand jetzt laut gewordenen Forderungen nach einer Stärkung der ESVP deutlich wird. Eine Position der EU, „die härter ist als die der NATO“, wie z.B. vom Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschuss des Europäischen Parlamentes, Jacek Saryusz-Wolski (EVP), gefordert, ist gefährlicher Unsinn.
In der Plenardebatte des Europäischen Parlaments zu den Ergebnissen des Ratsgipfels am 1. September konnte man den Eindruck gewinnen, dass die Hardliner in der EU, die einen noch konfrontativeren Umgang mit Russland wollten, ausgebremst worden seien und sich eine etwas gemäßigtere Haltung der EU zum Kaukasus durchgesetzt habe. Allerdings hat das Politische und Sicherheitspolitische Komitee, welches bei der EU die Vorentscheidungen im Militärbereich fällt, am 2. September sehr konkrete Vorbereitungen für eine ESVP-Mission in Georgien getroffen. Es gibt einen Beschluss des PSK (mit Finanzplan etc.), ein 10-köpfiges Vorausteam bereits am 15. September nach Georgien zu schicken, mit dem Ziel, eine spätere ESVP-Mission in Georgien vorzubereiten.
In der am 2. September leider mit deutlicher Mehrheit angenommenen einseitigen Resolution des Europäischen Parlamentes zum Kaukasuskrieg wird ebenfalls eine ESVP-Mission gefordert, die, so der mehrheitlich angenommene Änderungsantrag der Konservativen Fraktion, nicht einmal mehr zwingend ein UN-Mandat bräuchte (es genüge auch ein Mandat der OSZE).
Auch in der Resolution des Europäischen Parlamentes wird aufgrund des Kaukasuskrieges eine Forcierung der EU-Militärpolitik gefordert und auf den Lissabonner Vertrag verwiesen, der eine „Politik der Energieversorgungssicherheit“ vorantreibe und eine (auch militärische) Solidaritätsklausel beinhalte. Diese Solidaritätsklausel im Lissabonner Vertrag ist ein gefährlicher Mechanismus, der sicher nicht zur Deeskalation des Kaukasuskonfliktes beigetragen hätte. Im schlimmsten Fall hätte er sogar zu einer militärischen Beteiligung der Europäischen Union geführt. Ähnlich verhält es sich mit der geplanten NATO-Mitgliedschaft Georgiens, diese Idee muss schlicht und einfach beerdigt werden.
Die von den EU-Mitgliedstaaten geplante ESVP- Mission in Georgien muss gestoppt werden. Notwendig sind allein zivile OSZE – Beobachter.
Frappierende Einseitigkeit
In der verabschiedeten Resolution des Europäischen Parlamentes wird der eigentliche Angriff, der von Georgien ausging, nicht gerügt. Das Europäische Parlament hat diesen Beschluss gefasst, ohne die russische Seite auch nur ein einziges Mal anzuhören. Bislang wurde auf einem erschreckend einseitigen Sondertreffen des Auswärtigen Ausschusses lediglich die georgische Außenministerin Eka Tkeshelashvili angehört. Auch das ist ein deutliches Beispiel für die Einseitigkeit, mit der die Europäische Union in diesem Konflikt agiert und die sicher nicht geeignet ist, um zu einer dringend notwendigen Deeskalation beizutragen.