Pressebericht - in: junge welt vom 14.06.2008

Truppe sponsert Naziblätter

Verteidigungsministerium kooperiert mit Finanziers von rechtsextremen Zeitschriften

von: Frank Brendle | Veröffentlicht am: 16. Juni 2008

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Die Bundeswehr unterhält enge Verbindungen mit Verlagen, die rechtsextreme Schriften sowie Nazimagazine über Anzeigen finanzieren. Gegenstand der Vorwürfe, die auf Recherchen der Informationsstelle Militarisierung zurückgehen, ist vor allem die Mönch-Verlagsgruppe mit Sitz in Bonn. Dort erscheinen nicht nur etliche Werke rechtsextremer Autoren, sondern der Verlag gibt auch die Zeitschrift wehrtechnik heraus (Auflage nach Verlagsangaben 12000). Diese versteht sich als Diskussionsplattform und zentrales Verbindungsglied zwischen Streitkräften und Rüstungsindustrie. Die Themen betreffen Entwicklung und Beschaffung rüstungstechnologischer Neuerungen.

Brisant ist das vor allem, weil im Redaktionsbeirat der wehrtechnik hochrangige Militärs und Politiker versammelt sind. Die Führungsstäbe der Luftwaffe, der Marine und des Heeres sind dort ebenso vertreten wie der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium Thomas Kossendey (CDU), der Präsident des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung oder der Präsident der Hamburger Bundeswehr-Universität. Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, hat dies zum Gegenstand einer Kleinen Anfrage gemacht, welche die Bundesregierung offenbar kalt erwischt hat: »Eine Bedeutung der Zeitschrift wehrtechnik für die Militärpolitik der Bundesrepublik Deutschland oder die Bundeswehr ist nicht bekannt«, heißt es in der bemüht ahnungslosen Antwort, die Ende der Woche gegeben wurde. Da fragt man sich unwillkürlich, warum dann das halbe Verteidigungsministerium im Redaktionsbeirat sitzt.

Zu den Publikationen der Mönch-Gruppe (genauer: des zugehörigen Bernard & Graefe Verlages) gehören unter anderem die »Erinnerungen« des Hitler-Nachfolgers Karl Dönitz, der im Mai 1945 für kurze Zeit als »Reichspräsident« fungierte. Wegen seiner Beteiligung an Kriegsverbrechen wurde der frühere Chef der Nazi-Kriegsmarine in Nürnberg zu zehn Jahren Haft verurteilt. Ein anderer treuer Nazi-Helfer wird ebenfalls von Bernard & Graefe verlegt: Der frühere Wehrmachtsgeneral Erich von Manstein beklagte in seinem erstmals 1955 aufgelegten Werk »Verlorene Siege« nicht nur, daß der Weltkrieg für das Nazireich nur aufgrund der militärischen Inkompetenz Hitlers verlorengegangen sei, sondern er versucht zugleich, an der Legende der »sauberen Wehrmacht« zu stricken und sämtliche Verbrechen einzig Hitler anzulasten. Mit in der Verlagsliste ist auch »Deutschland heute – Gedanken eines Soldaten« von Gerd H. Komossa. Der Wehrmachtskämpfer hatte es nach dem Krieg bis zum Chef des Militärischen Abschirmdienstes gebracht, offenbar ohne seine politische Richtung zu ändern. Seit seiner Pensionierung tritt Komossa als Autor und Interview­partner der Deutschen Nationalzeitung auf, dem Parteiblatt der alt-nazistischen Deutschen Volksunion des Gerhard Frey. Komossa ist auch Autor des Ostpreußenblatts der »Landsmannschaft Ostpreußen«, die aufgrund ihrer rechten Ausrichtung sogar dem »Bund der Vertriebenen« nicht ganz geheuer ist.
Damit nicht genug: Mindestens zehnmal hat der Verlag in den Jahren 2005 und 2006 Anzeigen in der Deutschen Militärzeitschrift (DMZ) geschaltet, einem Hochglanzmagazin, das selbst die Bundesregierung dem rechtsextremistischen Spektrum zuordnet. Anzeigenkunde der DMZ ist auch das Panzermuseum in Munster, eine gemeinsam von Stadt und Bundeswehr-Ausbildungszentrum getragene Einrichtung. Anstatt verbindlich zu verlangen, daß diese Finanzierung des Naziblatts sofort gestoppt wird, will es die Regierung bei einer entsprechenden »Empfehlung« belassen. Damit, so resümiert Jelpke, widerlegt die Bundeswehr ihre Bekundungen gegen Rechtsextremismus als rein rituell. Neonazis in der Truppe dürften sich ermutigt fühlen, wenn die Truppenführung selbst zur Finanzierung rechtsextremer Propaganda beitrage.