IMI-Mitteilung
Demonstrationsfreiheit erfolgreich unterbunden
Sieben Festnahmen auf dem Weg zur Münchener Sicherheitskonferenz. "Minuten des Totalitarismus".
von: IMI | Veröffentlicht am: 11. Februar 2007
44 Personen aus der Region Tübingen/Reutlingen fuhren am Samstag, den 10.Februar gemeinsam nach München, um gegen die NATO-Sicherheitskonferenz, ein Treffen der Welt-Kriegs-Elite zu demonstrieren. Kurz vor München wurde ihr Bus von zwei Polizeifahrzeugen abgebremst und nach einigen Minuten verlangsamter Fahrt auf einem Autobahnparkplatz zum Anhalten gezwungen.
Beamte des USK stürmten in den Bus, wollten die Mitfahrenden einzeln herausführen, abfilmen und durchsuchen. Ein von den Insassen bestimmter Verhandlungsführer wurde zu Boden geworfen und festgenommen, nach wenigen Sekunden der Einsatz von Pfefferspray angedroht. Anschließend wurden weitere vier Personen aus dem Bus gezerrt und festgenommen.
Von da an holte die Polizei die Friedensfreunde einzeln aus dem Bus, nahm ihre Personalien auf und durchsuchte sie eingehend. Die Kontrolle zog sich 1,5 Stunden hin, während denen die Schikanierten mehrmals geduzt, ihnen das Rauchen und sogar das Sprechen verboten wurde. Einige mussten Kleidungsstücke und Schuhe ausziehen und so im kalten Wind stehen. Die Polizei durchsuchte den Bus und die Taschen der Insassen in Abwesenheit aller Betroffenen, die nach der Kontrolle hinter ein Absperrband gedrängt wurden. Eine Frau und ihre zehnjährige Enkelin wurden in Gewahrsam genommen, weil in ihrem Rucksack in der Vesperbox ein Taschenmesser gefunden wurde. Ansonsten fand die schwarz uniformierte Polizei im Bus ein weiteres Taschenmesser sowie einen Korkenzieher. Nach der Kontrolle konnten nur noch 37 Personen mit 1.5 Stunden Verspätung an der Demonstration teilnehmen.
„Der Veranstalter der Sicherheitskonferenz, Horst Teltschik, hatte das Demonstrationsrecht wenige Tage zuvor als ´Tragik jeder Demokratie´ bezeichnet und gemeint: ´in einer Diktatur würde so etwas nicht passieren´. Nun mussten Menschen, die gegen seine Konferenz demonstrieren wollten, Minuten des Totalitarismus über sich ergehen lassen“ so Christoph Marischka, einer der Organisatoren der Busfahrt. Einer der Festgenommenen brachte die Kritik am Einsatz auf den Punkt: „Die Vorkontrolle war von vornherein darauf angelegt, zu verhindern, dass wir rechtzeitig zur Auftaktkundgebung an den Protesten teilnehmen können; Festnahmen waren von Anfang an geplant.“ Die Daten aller Insassen wurden von der Polizei in vorbereitete Listen eingetragen. Schon am Abfahrtsort Tübingen wurde der Bus von Tübinger Beamten beobachtet, eine der OrganistatorInnen befragt. Danach verfolgte ein Streifenwagen den Bus bis nach Reutlingen, wo die Mitfahrer gezählt und auch der Busfahrer von den Polizeibeamten befragt wurde.
Die Informationsstelle Militarisierung, die an der Vorbereitung der Busfahrt beteiligt war, verurteilt diese Schikanöse Vorkontrolle. Es sei nicht mit dem Demonstrationsrecht zu vereinbaren, dass durch solche Schikanen die Teilnehmer von legitimen Protest abgehalten und dermaßen eingeschüchtert werden. Auch die Aufnahme der Daten aller TeilnehmerInnen sei nicht zu rechtfertigen.
„Auch aufgrund von Teltschiks anti-demokratischen Aussagen musste sich die Polizei dieses Jahr in München selber etwas mehr zurückhalten, es gab dort wesentlich weniger Verhaftungen als sonst. Auf diesem Autobahnparkplatz durfte sich, fernab der Medien, das berüchtigte USK dennoch auch dieses Jahr austoben. Die beteiligten Beamten fielen auch auf der Demonstration immer wieder durch provozierendes und gewalttätiges Verhalten auf,“ so Johannes Plotzki einer der Teilnehmer aus Tübingen.
Die Gruppen, die aus Tübingen und Reutlingen zur Demonstration aufgerufen haben, prüfen nun ein juristisches Vorgehen gegen den Polizeieinsatz.