IMI-Standpunkt 2004/029 - in: IMI-List 0187
Kurzbewertung der neuesten Entwicklungen in Spanien, Polen und Großbritannien
und deren Auswirkungen für die EU-Verfassung und die Perspektiven der Gegenkampagne.
von: Jürgen Wagner / Tobias Pflüger | Veröffentlicht am: 23. April 2004
Schon kurz nach seinem Wahlsieg hatte der neue spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero angekündigt, sich für eine schnellstmögliche Verabschiedung der EU-Verfassung einzusetzen. Kurz darauf gab auch der polnische Außenminister Wlodzimierz Cimoszewicz an, sein Land strebe eine rasche Einigung über die Charta an: „Es wäre sehr gut, wenn wir die Bürger Europas noch vor der Europawahl im Juni über einen Kompromiss informieren könnten. Wir brauchen einen Verfassungsvertrag und Polen ist zu Gesprächen bereit.“ (Spiegel Online, 16.04.2004)
Zwar kam bisher Widerstand nur von diesen beiden Ländern, trotzdem wäre es falsch anzunehmen, die EU-Verfassung sei hiermit so gut wie beschlossen! Denn jedes Mitgliedsland muss der Verfassung entweder durch das einzelstaatliche Parlament oder durch ein Referendum zustimmen.
Der Ratifizierungsprozess der EU-Verfassung wird sich auch nach einer Verabschiedung durch die EU-Regierungschefs noch mehrere Jahre hinziehen. Geplant ist derzeit ein Beschluß am 17.06. diesen Jahres, wenige Tage nach der Europawahl. Dass der Ratifizierungsprozess sich hinziehen wird, bestätigte EU-Kommissar Günther Verheugen ausdrücklich (MDR-Inforadio, 04.04.2004). „EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen ist optimistisch, dass nach monatelangem Streit schon bald eine Europäische Verfassung unterschrieben werden kann. Doch bereite ihm der dann folgende Ratifizierungsprozess in den 25 EU-Staaten Sorge, sagte Verheugen am Sonntag im MDR-Inforadio. Schließlich gebe es in der erweiterten EU eine ganze Reihe von Mitgliedsstaaten, bei denen Referenden selbstverständlich seien. Da sei es keineswegs sicher, dass das Wahlvolk gleich beim ersten Mal überzeugt werden könne, sagte der EU-Kommissar.“ (ddp, 04.04.2004) Schon jetzt ist im übrigen geplant, dass die Regelungen der EU-Verfassung erst ab 2009 wirksam werden.
Auch haben sich die Perspektiven, dass die Verfassung scheitern könnte, mit der Ankündigung des britischen Premiers Tony Blair, ein Referendum abhalten zu wollen, erheblich verbessert. Einer Meinungsumfrage zufolge sind derzeit 53 Prozent der Briten gegen die EU-Verfassung.
Nun fordern hierzulande schon Teile der Regierungsparteien und der rechten Opposition ein solches Referendum auch für Deutschland. Wir sehen allerdings unsere Hauptaufgabe darin, über den Inhalt der geplanten EU-Verfassung und die Hintergründe wie die fortschreitende EU-Militarisierung aufzuklären und die inhaltliche Kritik und die daraus folgende Ablehnung der vorgelegten EU-Verfassung publik zu machen.
Ein Scheitern der bisher vorgelegten EU-Verfassung ist also durchaus möglich. Gerade deshalb ist es dringend notwendig, dass die Bevölkerung über die dramatischen Veränderungen vor allem im Militärbereich aufgeklärt wird, die mit Inkrafttreten dieser vorgelegten neuen EU-Verfassung einhergehen würden. Notwendig ist stattdessen ein Europa, das sich dem Krieg verweigert. Die EU verdient eine bessere, friedliche Verfassung!
Hierfür brauchen wir natürlich auch Ihre und Eure Hilfe! Damit uns eine verhinderung der vorgelegten EU-Verfassung gelingt, haben wir Kampagnenmaterial erstellt, das uns – und hoffentlich auch Ihnen und Euch – dabei helfen soll, über die Militärverfassung und die dahinterstehende EU-Militarisierung aufzuklären.