Pressebericht - in: Neues Deutschland, 31.03.04

Struck will mobile Bundeswehr

Rüstungspläne mit BDI abgestimmt/Union klagt über »gezielte Täuschung«

von: Claus Dümde / Neues Deutschland / Pressebericht | Veröffentlicht am: 31. März 2004

Drucken

Hier finden sich ähnliche Artikel

Berlin (ND-Dümde). Die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr für die wahrscheinlichsten Einsätze – Konfliktverhütung und Krisenbewältigung einschließlich Kampf gegen den internationalen Terrorismus – wird konsequent und nachhaltig erhöht, betonte Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) am Dienstag in Berlin. Einen Tag vor einer Information des Verteidigungs- und des Haushaltsausschusses des Bundestages durch den Minister sprach er vor der Presse über die Material- und Ausrüstungsplanung sowie weitere Aspekte der Entwicklung der Bundeswehr.

Das Konzept einer »Transformation als Antwort auf neue Herausforderungen« sehe eine Bundeswehr mit 250000 Soldaten und 75000 Zivilkräften im Jahr 2010 vor, die nach neuen Kategorien in Eingreif-, Stabilisierungs- und Unterstützungskräfte gegliedert ist. Eine neue Einsatzsystematik löse sich vom bisherigen Denken in Kontingenten und erfordere stattdessen die Bereitstellung spezifischer Fähigkeiten für bestimmte, wechselnde Zeiträume. Die »Stehzeit« im Einsatz werde künftig grundsätzlich auf vier Monate festgelegt; die Einsatzfrequenz soll flexibler geregelt werden. Ausgehend vom verringerten Umfang der Bundeswehr und ihren veränderten Strukturen soll ein neues Stationierungskonzept ausgearbeitet werden.

Das für die »neue Bundeswehr« festgelegte Fähigkeitsprofil mache eine Neuorientierung auch bei den Rüstungsvorhaben notwendig, sagte Struck. Sie sei in Zusammenarbeit mit den Rüstungsunternehmen und dem BDI vorgenommen worden und solle auch »wehrtechnische Kernfähigkeiten« sichern.

Struck hält an Rüstungsplänen im Umfang von Dutzenden Milliarden Euro fest, darunter 180 »Eurofighter«-Kampfjets. Gestrichene Vorhaben von 26 Milliarden Euro nannte er »Luftblasen«, die nun »aufgestochen« werden. Der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christian Schmidt, warf Struck vor, er habe ohne sichere Haushaltszahlen eine »Beruhigungspille für Bundeswehr und Rüstungsindustrie« vorgelegt. Sein Fraktionskollege Dietrich Austermann bezichtigte ihn der »bewussten Täuschung der Öffentlichkeit«.

Tobias Pflüger, parteiloser Kandidat der PDS zur Europawahl, nannte Strucks Rüstungszusagen einen »sozialpolitischen Skandal«. Beim Protesttag gegen Sozialabbau am kommenden Sonnabend sei es angesichts dessen um so wichtiger, »den Zusammenhang zwischen Aufrüstung und Militarisierung einerseits und Sozialabbau andererseits deutlich zu machen«.

Struck ging während der Pressekonferenz auch auf Forderungen der Union nach einem Einsatz der Bundeswehr im Inneren ein. »Die Bundeswehr ist keine Hilfspolizei«, betonte er. Wenn sie im Katastrophenfalle und bei Terrorangriffen gebraucht werde, weil nur sie über spezielle Fähigkeiten verfüge, könne sie schon nach der heutigen Gesetzeslage die nötige Amts- oder Nothilfe leisten. Eine gesetzliche Klarstellung auch im Grundgesetz hält Struck für wünschenswert. Auf Fragen schloss er ein erweitertes Mandat für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan aus.