Pressemitteilung attac Aschaffenburg
attac: Kriegsgefahr nicht gebannt!
Warum will Bush unbedingt Krieg gegen den Irak?
von: attac Aschaffenburg / Jürgen Wagner | Veröffentlicht am: 2. Oktober 2002
Aschaffenburg. „Die USA werden Bagdad angreifen, unabhängig davon, ob UNO-Inspektionen zustande kommen oder nicht“ Eng ging es zu, als Jürgen Wagner von der Informationsstelle Militarisierung Tübingen e.V. (IMI) auf Einladung der Aschaffenburger attac-Arbeitsgruppen „Politischer Club“, Krieg&Frieden“ und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) vor etwa 40 Gästen im Hinterzimmer des Café „Schwarzer Riese“ diese These aufstellte und davor warnte, dass mit dem Einlenken des Irak in die Forderungen Washingtons die Kriegsgefahr gebannt sei.
Nachdem Wagner ein Angriffsszenario auch nach erfolgten UNO-Inspektionen gezeichnet hatte, durchleuchtete er die vier von US-Präsident Bush genannten Gründe, die einen Angriff auf den Irak notwendig machen würden. So sei auch der US-Regierung sei inzwischen klar geworden, dass der Grad einer Verwicklung des irakischen Regimes in den internationalen Terrorismus deutlich unter dem zahlreicher anderer Staaten liege. Die US-Regierung räume jetzt ein, dass sie über keinerlei „schlagende Beweise“ verfüge, die sie dem US-Kongress vorlegen könne. „Wenn wir auf den schlagenden Beweis dafür warteten, wäre es zu spät“, zitierte der Referent den US-Verteidigungsminister. Das stärkste Argument gegen eine Gefahr für die Nachbarn Iraks sei, dass eben diese Nachbarn, die angeblich bedroht sind und von den USA beschützt werden sollen, allesamt gegen den US-Krieg seien.
Es bleibe der Vorwurf, der Irak setze seine Massenvernichtungsmittel generell und in jeder Auseinandersetzung ein, was eine nicht tolerierbare Gefahr für die USA, vor allem aber auch für Israel sei. Hierfür führe Bush die ohne Zweifel grausamen Giftgasangriffe im Irankrieg und gegen die kurdischen Bevölkerung an. Allerdings vergäßen die Vereinigten Staaten dabei zu erwähnen, dass beide mit ihrer Billigung geschehen seien. Ein Zitat aus der International Herald Tribune (IHT) belege weiterhin: „Die CIA hat keine Beweise, dass der Irak innerhalb fast eines Jahrzehntes in terroristische Operationen gegen die USA verwickelt war und die Spionageagentur ist ebenfalls davon überzeugt, dass Hussein keine chemischen oder biologischen Waffen an Al-Qaida oder ähnliche terroristische Gruppen geliefert hat.“
So führte Wagner vor, wie alle Beschuldigungen Bushs bei näherer Betrachtung in Widersprüchen stecken blieben oder eben nicht als völkerrechtlich hinreichend für den Einsatz gewaltsamer Mittel taugten. In Bezug auf das aktuell von Premier-Minister Tony Blair vorgelegte Dossier sagte Wagner sinngemäß: „Im Westen nichts Neues“
Den Sack schlagen – den Esel treffen
Auf der Suche nach den tiefer liegenden Kriegsgründen lenkte der Referent das Augenmerk schließlich auf die immer wieder von US-Offiziellen vorgebrachten „vitalen Interessen“ des Westens an den Ressourcen in der Golfregion einerseits und dem in den Augen US-amerikanischer Machtstrategen geschwunden Vertrauen der – für viele Zuhörer nun überraschenderweise – saudiarabischen Herrscher auf der anderen Seite.
Da zur Zeit noch ein komplexes Gefüge von Abhängigkeiten und wechselseitigen Beziehungen ein direktes Vorgehen gegen den „unsicheren Kameraden“ Saudi-Arabien verböten, suche man den Umweg über die gewaltsame Schaffung eines „demokratischen Irak“, der als drittgrößtes Förderland genug Ressourcen besäße, um die westlichen Zivilgesellschaften und Kriegsmaschinerien unabhängig vom saudischen Öl zu machen und so den Kampf um „das Herzblut des Westens“ für sich zu entscheiden.
„Falls es Washington nicht gelingt, die Forderungen so hoch zu schrauben, dass Hussein die Inspektoren ausschließt, ist zu erwarten, dass es einen Zwischenfall provozieren oder inszenieren wird, der dann die Legitimation zum Angriff – nun unter UNO-Mandat – geben soll.“, schloss Jürgen Wagner.
Lebendige Diskussion
Im Anschluss an den mit vielen Zitaten und Quellennachweisen fundierten Vortrag entspann sich eine sehr lebendige Diskussion, nicht nur mit dem Referenten, sondern auch unter den zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörern aller Altersklassen. In einem Punkt war man sich allerdings einig: Ein Angriff der USA auf den Irak würde einen so nachhaltigen Bruch des internationalen Rechtsgefüges darstellen, dass das Völkerrecht in seinem Fortbestand gefährdet wäre.
Auf die Frage, was denn für die Friedensbewegung zu tun bliebe, wenn der Krieg ohnehin schon nicht mehr zu verhindern und eine beschlossene Sache sei, antwortete Wagner: „Das wollte ich so nicht rüberbringen!“ Nach dem wohl wahlkampfentscheidenden Nein des Bundeskanzlers zum Irak-Krieg hieße es jetzt umso mehr, die rotgrüne Regierung zu dessen Beibehaltung zu drängen, frei nach dem Motto: Dranbleiben, Gerd!
Quelle: http://www.attac-aschaffenburg.de/presse/medien020925.htm