IMI: Plan zur Verhinderung eines Massakers in Kunduz: zivile UN-FriedensbeobachterInnen

von: 22. November 2001

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IMI: Plan zur Verhinderung eines Massakers in Kunduz: zivile UN-FriedensbeobachterInnen

von Daniel Weitbrecht (IMI)

Tübingen, den 22.11.2001 5:20 Uhr

Sehr geehrter Herr Außenminister Fischer,

Die Taliban in Kunduz wollen laut Medienberichten kapitulieren, sie wollen dies aber gegenüber der UNO und nicht gegenüber der Nordallianz.

Dies ist verständlich, haben Teile der Nordallianz (die Hasaras) doch in der Vergangenheit Massaker an den Taliban begangen und umgedreht die Taliban auch an den Hasaras. Beides geschieht mit einer erschreckenden Regelmäßigkeit. (siehe Ahmed Rashid: „Taliban – Afghanistans Gotteskrieger und der Dschihad“ Seite 111ff, ISBN 3-426-27260-1)

Laut Daniel Cohn-Bendit (gestern im ARD) hat US-Verteidigungsminister Rumsfeld auch eine Äußerung gemacht, die man so verstehen könnte, als ob die USA ein solches Massaker tolerieren wollen. So verstand ich ihn jedenfalls.

In der Vorbereitungslogik dieses Ziels (Vernichtung der Al-Qaida-Kämpfer/Terroristen in Kunduz unter Bruch der Genfer Kriegsrechtskonvention) geht auch die Bombardierung von Kunduz durch die USA trotz anwesender Zivilbevölkerung und sich anbahnender Kapitulation.

Die UNO ist technisch aber nicht in der Lager anstelle der Nordallianz die Kapitulation entgegenzunehmen (= die Gefangenen zu bewachen).

Die Lösung könnte eine Blitzaktion sein, in der UN BeobachterInnen nach Kunduz gebracht werden, um das notwendig zu tun. Da im Kosovo die Staaten 1998 gezeigt haben, daß sie nicht in der Lage waren, eine ausreichende Anzahl von Beobachtern zu stellen, habe ich bereits begonnen innerhalb der Friedensbewegung aufzurufen, sich ggf. als zivile/r Friedensbeobachter/in zu melden.

Für Nachfragen stehe ich Ihnen unter 07071-763198 gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dipl.-Phys (Univ) Daniel Weitbrecht
Vorstand BUND Tübingen und Beirat Informationsstelle Militarisierung Tübingen (IMI) e.V.
Spelterweg 8 720720 Tübingen
Tel.: 07071-763198
Daniel.Weitbrecht@t-online.de

Anmerkung: mir ist klar, daß auch trotz so eines Einsatzes u.U. die meisten aber nicht alle Massaker verhindert werden könnten (in Mazar-i-Sharif soll es ja bereits eines gegeben haben). Aber das gleiche gilt für einen robusten UN-Einsatz.

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Aufgrund von Nichtanwort aus dem Auswärtigen Amt hat sich Daniel Weitbrecht nun an den örtlichen Bundestagsabgeordneten von Bündnis 90 / Die Grünen, Winfried Hermann, gewandt. (Hermann gehörte zu den vier Grünen, die gegen die Kriegsermächtigung / Vertrauensfrage stimmten.)

Hier der Brief von Daniel Weitbrecht an Winne Hermann:

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Plan zur Verhinderung eines Massakers in Kunduz: zivile UN-FriedensbeobachterInnen

Tübingen, den 23.11.2001 4:40 Uhr

Hallo Winne, mir ist es eine Herzensangelegenheit, mehrere Massaker und weitere unnötige Bombenopfer in Kunduz zu verhindern. Ein erstes Massaker mit 600 Toten hat es ja bereits vor wenigen Tagen in Mazar el Sharif gegeben, wie das Rote Kreuz jetzt bestätigte. (Serbien wurde wegen 42 Toter bombardiert, die Nordalianz wegen 600 Toter bisher nicht einmal öffentlich kritisiert. Man sieht, daß die NATO Freund und Feind mit unschiedlichem Maßstab mißt.)

Um schlimmeres zu verhindern fordere ich unverzüglich zivile Beobachter einzusetzen, denen sich die Al-Qaida- und Taliban-Menschen ergeben können. Beziehungsweise, die einen freien Zugang zu allen Internierten erhalten, und so im Falle eines Falles sofort die Weltöffentlichkeit herstellen sollen.

Diesbezüglich habe ich vor 23 Stunden eine Mail an Außenminister J. Fischer geschrieben (siehe Anhang), der aber bisher nicht einmal von einem seiner Mitarbeiter bestätigt oder beantwortet wurde.

Kannst Du bitte an Fischer meine Bitte weiterleiten, unbedingt und schnell zivile Beobachter in Kunduz einzusetzen. Als Vorbild könnte der OSZE-Einsatz im Kosovo in Folge des Holbroke-Abkommens dienen.

Im Voraus herzlichen Dank für Dein Mühewalten

Um Antwort wird gebeten

Gruß

Daniel

Dipl.-Phys (Univ) Daniel Weitbrecht
Vorstand BUND Tübingen und Beirat Informationsstelle Militarisierung Tübingen (IMI) e.V.
Spelterweg 8
720720 Tübingen
Tel.: 07071-763198
Daniel.Weitbrecht@t-online.de