Frieden braucht Bewegung!

Aufruf zum Ostermarsch 1998

von: 1. März 1998

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Gerade im Wahljahr 1998 gehen wir in Baden-Württemberg am
Ostermontag gegen neue Aufrüstung, für soziale und weltweite
Gerechtigkeit auf die Straße: Lautstark, gewaltfrei und sichtbar in Nagold
und in Müllheim. In Nagold trainiert das „Kommando Spezialkräfte“ aus
dem Nachbarort Calw die „Ausschaltung von Kommandozentralen“ und
die „Zerstörung wichtiger militärischer Objekte“. Im südbadischen
Müllheim bereitet die deutsch-französische Brigade ebenfalls
Kampfeinsätze vor „zur Aufrechterhaltung des freien Welthandels und
des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt“, wie
es in offiziellen Verlautbarungen des Verteidigungsministeriums heißt.

Frieden braucht soziale Gerechtigkeit!

Für die Vorbereitung solcher Auslandseinsätze und Rüstungsprojekte wie
den Eurofighter wirft die Bundesregierung Milliarden aus dem Fenster.
Bei den sozialen Belangen der Menschen dagegen wird gespart. Kaum
ein Tag vergeht, an dem nicht neue Kürzungen bei Löhnen, Renten,
Gesundheit, Bildung und in allen anderen sozialen Bereichen verkündet,
neue Erhöhungen von Massensteuern, Gebühren und Abgaben verfügt
werden. Fünf Millionen Menschen sind offiziell, weitere 2 Millionen
inoffiziell arbeits- und erwerbslos. Hunderttausende von Jugendlichen sind
ohne Ausbildungsplatz und ohne Zukunftsperspektive.

Frieden braucht keine Waffen!

Statt Programmen für Beschäftigung und Bildung bietet die Bundesregierung Programme für gigantische Rüstungsprojekte. Allein der Eurofighter wird nach Berechnungen des Bundesrechnungshofes über 90 Milliarden kosten. Darüber hinaus laufen Aufrüstungs- und Beschaffungsprojekte für Kampf- und Transporthubschrauber, Drohnen und Panzerhaubitzen, Flugzeuge und Satelliten, U-Boote und Fregatten Bis zum Jahr 2015 sind für diese Kriegswaffen an reinen Beschaffungskosten 192 Milliarden DM vorgeplant.

Frieden braucht keine Eingreiftruppen!

Diese neuen Waffen dienen nicht der Verteidigung. Sie kommen überwiegend den neu aufgestellten schnellen Eingreiftruppen der Bundeswehr zugute, den sogenannten Krisenreaktionskräften in einer Stärke von 53 000 Mann. Diese Truppen werden darauf vorbereitet, schnell und effektiv an allen Enden der Welt, einzugreifen und Krieg zu führen.

Dabei geht es nicht – wie immer behauptet wird – um humanitäre Hilfen und Friedenssicherung.

In Somalia z. B. wurden ohne Sinn 200 Millionen DM für einen Bundeswehreinsatz ausgegeben, anstatt 32 Millionen,
die das internationale Rote Kreuz für den Aufbau eines flächendeckenden Gesundheitssystems benötigt hätte.
In Bosnien beteiligten sich 1995 deutsche Tornados als Feuerleitung an einem Flächenbombardement des serbisch
bevölkerten Landesteils.

Frieden braucht keine Spezialkommandos!

In Nagold übt derzeit das Kommando Spezialkräfte, das seit einem Jahr im Nachbarort Calw aufgebaut wird. Dieses KSK ist die Speerspitze der Krisenreaktionskräfte. In der internen Zeitschrift ,,Truppenpraxis“ gibt das Verteidigungsministerium selber zu: „…der Schwerpunkt liegt auf militärischem Gebiet.“ Beim KSK geht es um „Geheimhaltung“, „Infiltration“, „Tiefe des gegnerischen Gebietes“, „verdeckte Operationen“, „Ausschaltung von Kommandozentralen“, „Zerstörung wichtiger Objekte“, um den „Kampf unter arktischen Bedingungen“ und um „Tropentauglichkeit“. Das alles sind keine Stichworte für Friedensmissionen oder Landesverteidigung, sondern für Kriegseinsätze, die weder mit dem Grundgesetz noch mit dem Völkerrecht vereinbar sind.

Frieden braucht keine Rambos in Uniform!

Für Kampfeinsätze in immer neuen Ländern mit immer neuen, schwer durchschaubaren Konflikten braucht man keine Bürger in Uniform, sondern professionelle Kämpfer, die nach dem Prinzip von Befehl und Gehorsam, nach einem einfachen Freund-Feind-Schema und nach soldatischem Korpsgeist funktionieren. Wo „Märkte und Rohstoffe“ im Ausland militärisch gesichert werden sollen, da sind die Traditionen der Nazi-Wehrmacht mehr gefragt als die Ideale der Völkerverständigung. Gewaltvideos, Auftritte von Neonazis, Hitlergruß und Hakenkreuztätowierungen, Soldaten, die Ausländer jagen und verprügeln, sind deshalb keine

Einzelfälle, sondern Ausdruck der strukturellen Rechtslastigkeit der Bundeswehr. Sie erwachsen aus den neuen Aufgaben, der neuen Struktur und dem alten Geist der neuen Bundeswehr.

Frieden braucht eine neue Politik!

Wir brauchen eine Politik, die Konflikte vorbeugend mit zivilen Maßnahmen bearbeitet. Wir brauchen eine qualitative
Abrüstung, die ausschließt, daß von deutschem Boden wieder Krieg ausgehen kann. Im Wahljahr 98 werden wichtige
Weichen gestellt. Die Aktivitäten der Friedensbewegung entscheiden mit darüber, welche Politik sich nach der
Bundestagswahl durchsetzt.

Wir fordern:

Stopp des Eurofighters! Verzicht auf alle neuen Waffenbeschaffungen.
Dramatische Kürzung des Rüstungshaushaltes zugunsten sozialer Aufgaben
Verzicht auf alle Militäreinsätze
Auflösung des KSK und aller schneller Eingreiftruppen.
Abrüstung und Abbau der Bundeswehr.
Verbot von Rüstungsexporten aller Art.
Schaffung von Arbeitsplätzen durch ein Programm zur Umstellung der Rüstungsindustrie auf gesellschaftlich nützliche,
ökologisch sinnvolle Produkte.
Beiträge zur Schaffung einer gerechten Weltwirtschaftsordnung,
Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut, Hunger, Krankheit und Unterentwicklung.
Ausbau der Friedensforschung als vorbeugende Konfliktforschung.

Weiter Informationen zum Ostermarsch in Calw: Friedensnetz Baden-Württemberg – 0711/6368240