IMI-Standpunkt 2014/025 - in: AUSDRUCK (Juni 2014)

Außenpolitik kürzer Denken

Nur die "Generation Jugendoffizier" steht hinter stärkerer außenpolitischen Rolle Deutschlands

von: Bernhard Klaus | Veröffentlicht am: 20. Mai 2014

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Im Rahmen des Dialogforums „Review 2014“ sollen deutsche Öffentlichkeit und Eliten über eine „aktivere“ deutsche Außenpolitik diskutieren und also auf ebendiese eingestellt werden. In einem ersten Schritt ließ man internationale sog. Außenpolitikexperten jedoch ersteinmal unter der Fragestellung „Was erwartet die Welt von Deutschland?“ schreiben, was man im Auswärtigen Amt gerne hören wollte, sich aber selbst noch nicht zu sagen traute. Die Sicherheitspolitische Community parierte prompt, Kishore Mahbubani, Politikwissenschaftler aus Singapur etwa schrieb einen Beitrag unter dem Titel: „Deutschlands Bestimmung: Europa führen, um die Welt zu führen“. Das gefiel Außenminister Steinmeier so gut, dass er es auf der heutigen Konferenz „Außenpolitik Weiter Denken“ im „Weltsaal“ des AA gleich aufgriff und zitierte – bemerkenswerter Weise jedoch auf Englisch, obwohl der Beitrag auf der Homepage des AA auf Deutsch veröffentlicht ist. Vielleicht klingt „to lead“ halt doch noch etwas unbelasteter, als „führen“.

Auf der Konferenz (Beitrag im Deutschlandfunk) wurden auch die Ergebnisse einer Umfrage der Körber-Stiftung präsentiert, die den versammelten Eliten vermutlich wenig gefallen hat. Während sich 1994 noch 62 Prozent der Befragten für eine aktivere Rolle Deutschlands ausgesprochen haben, tut das heute nur noch eine Minderheit von 37%, während sich 60% für Zurückhaltung aussprechen. Die von der Politik favourisierten außenpolitischen Prioritäten „Wirtschaftliche Interessen im Ausland schützen“ und „Ausländische Märte zur Sicherung der Arbeitsplätze in Deutschland [sic] erschließen“ rangieren in der Gunst der Befragten zwar ganz unten – ein Viertel hält aber auch diese für „sehr wichtig“. Auch in der Wahl der einzusetzenden Mittel scheint die Haltung der Bevölkerung derjenigen der Großen Koalition diametral entgegenzustehen. Nur 13% sprechen sich für „Militäreinsätze der Bundeswehr“ und „Waffenlieferungen an verbündete Länder“ aus, dafür begrüßen jedoch 41% die „Unterstützung anderer Länder bei Kriegseinsätzen ohne direkte militärische Beteiligung“ und sogar 75% die „Ausbildung von Polizei- und Sicherheitskräften“ die in der Praxis jedoch offizielles Ziel vieler Bundeswehreinsätze ist und oft zu einer engen Verstrickung in internationalisierte Bürgerkriege wie in Mali oder Somalia führt.

Die Umfrage weist außerdem auf ein Phänomen hin, das man womöglich als „Generation Jugendoffizier“ titulieren sollte. Gerade Befragte unter 30 Jahren weisen demnach im Durchschnitt ein geringeres Interesse an Außenpolitik auf, sprechen sich aber zugleich am deutlichsten für ein „aktiveres außenpolitisches Engagement“ aus, sie würden mehrheitlich sogar „einen militärischen Eingriff aus humanitären Gründen auch ohne entsprechendes UN-Mandat befürworten“. Interesse an Außenpolitik scheint insgesamt mit dem Alter und der Ablehnung einer aktiveren deutschen Rolle zu korrelieren. Insofern wäre als Titel der Konferenz vielleicht „Außenpolitik Kürzer Denken“ passender gewesen.