Tagesschau.de veröffentlichte ein Interview mit dem „Militärexperten“ Gressel vom European Council on Foreign Relations (ECFR). Angesichts der offensiven und tw. propagandistischen Ausrichtung dieses Thinktanks sind die Aussagen Gressels in der Sache relativ ausgewogen mit einem erkennbaren Zweckoptimismus gespickt. In der Darstellung allerdings offenbart die ARD hier wieder einmal eine absolute Verachtung journalistischer Mindeststandards. Denn das Interview ist überschrieben mit dem Zitat: „Putin wittert einen Moment der Schwäche“. Nun ist es keine Seltenheit, dass Interviews mit einem Zitat überschrieben werden, welches oft (vermeintliche) die Kernaussage der Interviewten auf den Punkt bringen soll – und auch so verstanden wird. Das hier verwendete Zitat, das Putin mit einem ansonsten nur für (Raub-)Tiere verwendeten Verb in Verbindung bringt, stammt allerdings vom ukrainischen Präsidenten und wird im veröffentlichten Interview nur von der Interviewerin, „Susanne Petersohn, WDR“ verwendet:
„tagesschau.de: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat davon gesprochen, dass Putin ein Tier sei, das Schwäche wittern würde. Kann das auch ein Grund sein – vielleicht auch hinsichtlich der Unterstützung der westlichen Verbündeten der Ukraine?
Gressel: Leider ist das auch richtig. Die Debatten um die Ukraine-Unterstützung, vor allen Dingen in den USA, die ja für Putin wirklich die zentrale Referenz sind, die sind nicht gerade erbauend. Und dementsprechend fühlt sich Putin jetzt natürlich in einer Position der Überlegenheit und der Stärke und kostet die auch in der Rhetorik dementsprechend aus.“