IMI-Aktuell 2023/628

Arrow: Historischer Rüstungsdeal

von: 29. September 2023

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Bewilligt wurden die Gelder für (wahrscheinlich) drei Raketenabwehrsysteme Arrow sowie für die zugehörigen Lenkflugkörper Arrow 3 bereits vor einiger Zeit (siehe IMI-Aktuell 2023/371). Gestern unterzeichneten der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius und sein israelischer Kollege Yoav Gallant eine Absichtserklärung (Letter of Intent) für den Kauf, der, wie u.a. Zeit online betont, durchaus einen historischen Umfang hat: „Die Kosten des Systems belaufen sich nach israelischen Angaben auf fast vier Milliarden Euro. Es ist der größte Rüstungsdeal in der israelischen Geschichte.“

Das Geld wird investiert, obwohl bereits im Juli 2023 bereits unter anderem aus den Reihen des Frankfurter Friedensforschungsinstituts (PRIF) darauf hingewiesen wurde, dass sich Arrow 3 überhaupt nicht für die Abwehr russischer Raketen eignet: Die größte Bedrohung für Deutschland und Europa geht derzeit vor allem von russischen Kurzstreckenraketen des Typs 9K720 Iskander und der Hyperschallwaffe Kh-47M2 Kinzhal sowie von russischen Marschflugkörpern aus. Allen diesen Waffensystemen ist allerdings gemein, dass sie die Erdatmosphäre während ihres Fluges gar nicht verlassen. In anderen Worten: Arrow 3 kann russische Kurzstreckenraketen oder Marschflugkörper überhaupt nicht abfangen.“ Dementsprechend zitiert der PRIF-Artikel auch andere Forscher, die zu einem ähnlichen Ergebnis gelangen. Simon Højbjerg Petersen, Experte für die Abwehr ballistischer Raketen, wird mit dne Worten wiedergegeben, er halte den Kauf von Arrow 3 als „die seltsamste Beschaffungsentscheidung, die ich seit langem gesehen habe.“

Diese Kritik wird nun angesichts der Unterzeichnung der Kaufabsichtserklärung auch von der Welt (28.09.2023, Nr. 189, S. 10) aufgegriffen: „Der Deal wird aktuell so schnell abgewickelt wie kaum ein Rüstungsgeschäft vor ihm. So schnell, dass Kritiker des Deals kaum zu Wort kommen. Doch hinter den Kulissen der deutschen Verteidigungspolitik brodelt es. Diverse Experten zweifeln öffentlich am Nutzen der Arrow 3 für Deutschland und Europa. Sie monieren, dass praktische Gründe bei der Beschaffung augenscheinlich nur eine untergeordnete Rolle spielen – und dass die Bundesregierung die Kritik gar nicht erst wahrnehmen möchte.“ So wird Frank Sauer, Strategieexperte bei der Bundeswehruniversität München, mit den Worten zitiert: „Arrow 3 schließt eine Fähigkeitslücke, zu der es in Europa zurzeit gar keine passende Bedrohung gibt. […] Zur Abwehr klassischer Marschflugkörper oder auch zur Abwehr der neuen Hyperschallwaffen wie der russischen ‚Kinschal‘ ist [Arrow 3] nicht geeignet. Denn diese Raketen fliegen allesamt innerhalb der Atmosphäre.“ (jw)