IMI-Aktuell 2022/573

Antimilitarist in Erzwingungshaft

von: 6. Dezember 2022

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Ein antimilitaristischer Aktivist wird wohl die restliche Adventszeit und Weihnachten in Erzwingungshaft in der JVA Bützow verbringen müssen, da er sich weigert, ein Bußgeld für das Betreten eines Übungsgeländes der Bundeswehr zu bezahlen. Er hatte der Staatsanwaltschaft zuvor angeboten, das Bußgeld nicht an die Staatskasse, sondern zur Unterstützung von Kriegsdiensverweiger*innen an den Verein Connection e.V. zu zahlen. Auf dieses Angebot ist die Staatsanwaltschaft jedoch (bislang) nicht eingegangen. Wir dokumentieren Ausschnitte seines aktuellen Rundbriefs:

„Am 18. September 2020 betraten wir mit fast 30 Personen Europas modernsten Kriegsübungsplatz. Jeder Mensch, der als Soldat zu Auslandseinsätzen abkommandiert wird (freiwillig wie unfreiwillig), durchläuft auf diesem Truppenübungsplatz ein spezifisches Trainingsprogramm zur Ausbildung an den modernsten neuen tödlichen Waffen, die die Bundeswehr besitzt. Seit Jahren gibt es schon Proteste dagegen.

Am 28.10.2021 wurde ich vom Amtsgericht Bonn zu einer Geldbuße von 500,-Euro wegen einer Ordnungswidrigkeit verurteilt. (707 OWI-337 Js 976/21-297/21) Ich hatte mich auf rechtfertigenden Notstand nach §34 Strafgesetzbuch angesichts der z.T. völkerrechtwidrigen militärischen Einsätze und ihren desaströsen Folgen für die betroffene Bevölkerung (siehe z.B. Kosovo, Afghanistan, Horn von Afrika, Mali) – deren Scheitern war ja schon damals abzusehen – berufen. Die Antwort des Richters in seinem Urteil: „Einen Rechtfertigungsgrund stellen sie keinesfalls dar“ Wegen juristischer Aussichtslosigkeit habe ich auf weitere Rechtsmittel damals verzichtet.

Auf die mehrmalige Aufforderung der Staatsanwaltschaft Bonn, mein Bußgeld endlich zu bezahlen, begründete ich meine Weigerung mit einem Gewissenskonflikt (siehe beiliegenden Brief). Als Kompromiss hatte ich im Juli die Zahlung des Bußgeldes an Connection e.V. vorgeschlagen. Auf diesen Vorschlag ist weder das Amtsgericht, noch die Staatsanwaltschaft eingegangen und haben nun Erzwingungshaft angeordnet.

Voraussichtlich werde ich vom 8.12. -27.12.22 in der JVA Bützow in Haft sein. Ihr könnt meinen Protest gegen die zunehmende Militarisierung und Fixierung militärischer Lösungen unter Vernachlässigung ziviler Konfliktlösungsstrategien folgendermaßen unterstützen:

Schreibt höflich an die Staatsanwaltschaft (mit Kopie an mich und evt. mit Kopie ans Amtsgericht Bonn), dass Ihr meinen „Protest hinter Gittern“ unterstützt. Ich bin allerdings kein Opfer der Justiz, sondern habe mich bewusst für diesen Schritt entschieden, um auf die zugespitzte Dramatik unserer Militärpolitik hinzuweisen. Jetzt wird z.B. immer deutlicher, dass durch die immense Aufrüstung (100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr) die selbstgesteckten Ziele zur Bekämpfung des Klimawandels klar verfehlt werden. Skandalös ist, dass die CO2-Emissionen, die durch die Militärs verursacht werden, noch nicht einmal in den Berechnungen berücksichtigt werden.Weitere Argumente findet Ihr im beigefügten Brief an die Staatsanwaltschaft oder dem Info-Blatt der IPPNW: „Risiken und Nebenwirkungen von Militär und Krieg“ zu bestellen bei der Geschäftsstelle der IPPNW; Körtestrasse 10; 10967 Berlin.

Ihr könnt gerne meinen Protest verbreiten, allerdings bitte so, dass mein Protest hinter Gittern nichts außergewöhnliches ist, sondern Teil des gewaltfreien zivilen Widerstandes, der überall auf der Welt praktiziert wird, für viele mit größeren Folgen als für mich.

Ihr könnt gerne auch verschiedene Bundestagsabgeordnete, besonders die aus MV, auf die Berechtigung meines Protestes hinweisen und sie auffordern, in dieser Zeit mich mal zu besuchen.

Kommt zur Mahnwache am 8.12.22 vor die JVA Bützow. Nähere Details erfahrt Ihr im nächsten Rundbrief. […] Natürlich können auch zwischen dem 9. und 26.12. -selbstorganisiert vor dem Gefängnis- kleine Aktionen stattfinden.“