IMI-Analyse 2013/021 - in: Marxistische Blätter 4/2013

Kampfdrohnen für weltweite Kriegseinsätze

von: Arno Neuber | Veröffentlicht am: 17. Juli 2013

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Wozu braucht die Bundeswehr Kampfdrohnen?

Generalleutnant Karl Müllner ist Chef der deutschen Luftwaffe. „Der Appetit der Politik wird abnehmen, solche Einsätze wie Afghanistan zu wiederholen“, ist er sich sicher. Deshalb braucht die Truppe Kampfdrohnen. „Das ist militärisch sinnvoll.“[1] Ein Widerspruch? Nur für Kriegsgegner.

Jörg Bartl ist Oberstleutnant i. G. und Diplom-Pädagoge. Er arbeitet im Kommando Luftwaffe im Referat „integrierte Kommunikation“. Er lebt mit solchen Widersprüchen. Seine Ausgangsthese ist, dass „der Wille der internationalen Gemeinschaft, zukünftig Truppen in kostspielige Auslandseinsätze zu schicken, wegen der Budgeteinschränkungen und der fehlenden öffentlichen Unterstützung in den letzten Jahren deutlich nachgelassen hat.“[2] Mit Drohnen kann man aber Kriege führen, ohne auf politische Stimmung und finanzielle Zwänge Rücksicht nehmen zu müssen – so das Kalkül.

Für die Drohnenpropagandisten sind sie schlicht „die logische Konsequenz aus den vielen konzeptionellen Vorgaben und Papieren, die in und um die Bundeswehr in den letzten 20 Jahren verfasst wurden. Die Bundeswehr soll eine moderne Einsatzarmee werden, die am Hindukusch und überall auf der Welt kämpfen kann. Das ist die Realität im Jahr 2013!“[3]

Eine „Ökonomisierung der Sicherheitspolitik“ stellt der Leiter des Referates Energiesicherheit der NATO, der Deutsche Michael Rühle, fest. Für ihn hat „die Konkurrenz um Rohstoffe in den vergangenen Jahren eine deutliche militärische Dimension angenommen.“ Um in Zeiten knapper Kassen hier militärisch mithalten und handlungsfähig bleiben zu können, „ist die Konzentration auf neue Technologien und Wehrformen erforderlich, die eine weniger personal- und kostenintensive Streitkräftestruktur versprechen.“[4]

Mehr deutsche Führung

In der Krise werden die Machtverhältnisse zwischen den kapitalistischen Ländern neu justiert. Die globale Supermacht USA kann nicht mehr in jedem Konflikt auf dem Globus militärisch Flagge zeigen.

In Denkfabriken wie der Berliner „Stiftung Wissenschaft und Politik“ (SWP), in außenpolitischen Zeitschriften und Rüstungszirkeln wird laut über eine Europäisierung der NATO und einen Ausbau der Militärmacht Deutschland nachgedacht.

„Die NATO braucht eine stärkere deutsche Führung“, stellt SWP-Autor Markus Kaim fest.[5] Seine Kollegin Claudia Major fordert „mehr Europa in der NATO“[6] . Als „Rahmennation“ soll Deutschland seinen Rüstungsetat möglichst hoch halten und wirtschaftlich schwächeren EU-Ländern anbieten, „Teilbereiche ihrer Armeen flexibel an die Bundeswehr ankoppeln zu können.“[7]

Publizistische Schützenhilfe leisten „Spiegel“ und „Zeit“. Im „Spiegel“ Nr. 13/2013 wird der Berliner Regierung vorgeworfen, die militärischen Errungenschaften aus Schröder/Fischer-Zeiten zu verspielen. „Seit 20 Jahren ist die Bundeswehr an Kampfeinsätzen im Ausland beteiligt. Schrittweise gewöhnte die rot-grüne Regierung das Land an eine neue Normalität. Doch nun ist ausgerechnet Schwarz -Gelb dabei, das Erreichte wieder zu verspielen.“[8]

Die Autoren beklagen einen „Rückfall in den Pazifismus“ und kommen auf den militaristischen Punkt: „Der Widerspruch zwischen Deutschlands wirtschaftlicher Stärke und seinen militärischen Selbstzweifeln ist so groß wie nie zuvor.“

In einem Schwerpunktartikel der „Zeit“ zum Thema „Deutschlands Rolle in der Welt“ wird gegen „die Rückabwicklung deutscher Interventionsbereitschaft“ polemisiert. „Die Bundeswehr wird allmählich zu einer Einsatzarmee, die (…) auf gar keinen Fall eingesetzt werden soll.“[9]

Dabei sind Generale wie Luftwaffenchef Müllner eifrig dabei, die Bundeswehr zur Hightech-Truppe für globale Kriegsführung umzubauen. Personalkosten einsparen und das Geld „in neue Aufgaben investieren: Für die Einführung von unbemannten Luftfahrzeugen der HALE- und MALE-Klasse oder für bessere Fähigkeiten zur Planung und Führung von Luftoperationen.“[10]

Für die Rolle der Bundeswehr als Instrument deutscher Außenpolitik spielt „Luftmacht“ eine bedeutende Rolle. „Unsere Luftwaffe bleibt gefordert, jederzeit adäquat reagieren und maßgeschneiderte, flexibel und modular zusammengesetzte militärische Fähigkeitspakete bereitstellen zu können“, heißt es in einem aktuellen Strategiepapier der Luftwaffe.[11]

Die militärische Nutzung des Weltraumes und die Ausrüstung mit Spionage- und Kampfdrohnen sind die zentralen Aufrüstungsfelder der Luftwaffe. Dabei setzt man auf Spitzentechnologien, die über die Fähigkeiten hinausgehen, die sich auf dem Rüstungsmarkt einkaufen lassen. Geld spielt dann keine Rolle, wenn deutsche oder EU-Konzerne mit wesentlichem deutschen Einfluss befähigt werden sollen, diese Waffen und Technologien zu entwickeln und zu liefern.

Aufstandsbekämpfung

Am „Institut für Sicherheitspolitik“ (ISPK) an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel wird ausgiebig zum Thema „Aufstandsbekämpfung“ geforscht. Im April wurde vor einem kleinen Kreis geladener Gäste dazu eine Studie unter dem Titel „Counterinsurgency – Erfahrungen, Strategien und Aussichten unter besonderer Berücksichtigung des ressortübergreifenden Ansatzes“ präsentiert. Auftraggeber ist das Bundesministerium für Verteidigung.

Aufstandsbekämpfung ist auch für die vom Verteidigungsministerium finanzierte Fraunhofer Gesellschaft in Pfinztal bei Karlsruhe ein zentrales Thema. Anfang Juni 2013 lud sie zum siebten Mal die internationale Garde der Forscher an sogenannten „Non-letalen Waffen“ (NLW) zum Symposium ein. Im Zentrum der Veranstaltung standen laut offiziellem Programm die Erfahrungen mit vorgeblich „nicht-tödlichen Waffen“ im Einsatz gegen soziale Proteste in westlichen Ländern und bei Militärinterventionen von NATO- und EU-Staaten in Afrika und Asien. Die Vorträge beschäftigten sich mit der Wirkung von Schallkanonen (LRAD) auf Menschenmengen, den Effekten von Elektroschock-Pistolen (Taser) bei Schweinen und der Aufstandsbekämpfungswaffe „FN303“, einem Druckluft-Gewehr, dessen Projektile bei den Getroffenen einen traumatischen Schockzustand bewirken sollen.

Die Luftwaffe wünscht sich zur Aufstandsbekämpfung Drohnen, die“ sich deutlich von dem Fähigkeitsspektrum jetziger marktverfügbarer Systeme“ abheben.“ Dazu gehört „ein breites Spektrum an skalierbaren letalen und nichtletalen Wirkmitteln“.[12]

Gute Drohnen, böse Drohnen?

Drohnen, die ohne Bewaffnung Daten für die Militärs beschaffen, erscheinen eher harmlos, gelten als unstrittig und gehören längst zum militärischen Standard der Bundeswehr. Tatsächlich gehören Aufklärungs- und Kampfdrohnen für die Militärs zusammen.

„Aufklärung und Wirkung sind untrennbar miteinander verbunden. Die Verknüpfung von leistungsfähiger Aufklärungssensorik und Präzisionsbewaffnung bietet eine wirkungsvolle Unterstützung für die eigenen Kräfte“, schreibt ein Generalstabsoffizier in der Militär-Zeitschrift „Europäische Sicherheit und Technik.“[13]

Und ein weiterer Autor beschreibt in der gleichen Ausgabe Kampfeinsätze als „zunehmend effektiver“, wenn dabei bewaffnete Drohnen eingesetzt werden können „und so ein verzugsloses Umschalten von Aufklärung zu präziser Wirkung am Boden“ möglich ist.[14]

So verwundert es nicht, dass Verteidigungsministerium und Generale bereit waren, 650 Millionen Euro für die Spionagedrohne Euro Hawk auszugeben. Schließlich sollte man dafür ein Spionagegerät bekommen, dass für jeden Gegner unerreichbar in 20 Kilometern Höhe operiert und 30 Stunden lang im Dauereinsatz fliegen kann. Um die Spionagetechnik von EADS, die unter dem Namen „Isis“ firmiert, in die Luft zu bringen, brauchte man kurzfristig das Fluggerät des US-Rüstungskonzerns Northrop Grumman, das unter der Bezeichnung Global Hawk bei der US-Marine und -Luftwaffe im Einsatz ist. Nachdem de Maizière das Projekt stoppen ließ, wird „Isis“ bis Ende September weiterentwickelt und getestet. Vermutlich werden weitere 45 Millionen Euro dafür gezahlt werden müssen. Aber die Bundeswehr will unter keinen Umständen auf das System verzichten, das im weltweiten Einsatz Funkverkehr und Radarsignale aufzeichnen und an das Bundeswehr-Kommando Strategische Aufklärung weiterleiten kann. Verschlüsselt und ohne Zugang für andere NATO-Armeen – darauf legt man bei der Bundeswehr-Führung Wert.

Dass der Euro Hawk nie fliegen wird, wusste man im Verteidigungsministerium seit langem. Trotzdem wurde das Projekt weiter finanziert. Die kleinteiligen Details dieser Affäre wird nun ein Untersuchungsausschuss des Bundestages zu klären haben. Die größeren Zusammenhänge werden dabei wohl nicht ans Licht kommen. Wurde Northrop Grumman nur benutzt, um die Spionagetechnik der EADS zu Ende zu entwickeln? Und wurde der US-Konzern am Ende ausgebootet, um einer EU-eigenen Drohne den Weg zu ebnen?

Wie eng die Verfilzung zwischen Bundeswehr, Verteidigungsministerium und EADS ist, steht dabei außer Frage. Als wichtiges Kriterium für die Beschaffung von Militärgütern soll inzwischen das Label „wird von EADS gebaut“ gelten. Als oberster Lobbyist des Rüstungsdinos gilt dabei der für Ausrüstung zuständige Staatssekretät im Verteidigungsministerium Stéphane Beemelmans. „Als Beemelmans im Verteidigungsausschuss verkündete, dass er das Projekt Euro Hawk beerdigt habe, schob er umgehend nach: Bevor irgendetwas bestellt werde, müsse man erst einmal schauen, was EADS so im Angebot führe.“[15] Als Trägerplattform für „Isis“ werden daher auch dem Airbus A319 von EADS die größten Chancen eingeräumt, bis dann irgendwann eine geeignete EADS-Drohne zur Verfügung steht.

Forschen für den automatisierten Krieg

Auch in künftigen Kriegen wird es um Rohstoffe und Handelsrouten, um die Beherrschung geostrategisch wichtiger Regionen und die Eindämmung des Einflusses konkurrierender Mächte gehen. Aber die Militärstrategen planen dazu nicht mehr die Besetzung ganzer Länder. Sie sind überzeugt, dass häufig schon die Beherrschung des entsprechenden Luftraumes genügt.

In ihren Konzepten wimmelt es von Drohnen, die zu jeder Tages- und Nachtzeit jeden beliebigen Ort überwachen und bei Bedarf indentifizierte Gegner oder verdächtige Menschenansammlungen mit Raketen und anderen Waffen bekämpfen.

Praktisch an allen deutschen Hochschulen wird an Systemen zur automatischen Überwachung und Erkennung auffälligen, abweichenden und verdächtigen Verhaltens geforscht.[16]

Insbesondere die Metropolen auf der südlichen Erdhalbkugel geraten immer stärker in den Focus westlicher Militärs.

„Für westliche Streitkräfte wird die asymmetrische Kriegsführung in städtischen Bereichen die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts sein (…). Die Stadt wird die Grundlage strategischer Überlegenheit sein – wer immer sie kontrolliert, wird die Richtung zukünftiger Ereignisse in der Welt diktieren können.“[17]

Die alte Regel, wonach Städte für westliche Armeen ein Gelände sind, das man besser meidet, soll künftig nicht mehr gelten. Drohnen und Überwachungssensoren sollen dafür sorgen, dass jede verdächtige Bewegung sofort in den Kommandozentralen der westlichen Interventionsarmeen registriert wird. Am Ende der Entwicklung werden Computerprogramme autonom entscheiden, wo es sich um ein bedrohliches Verhalten handelt und fliegende, schwimmende oder rollende Kampfroboter in den Einsatz schicken.

Diese Entwicklung verläuft schleichend und bisher von der Öffentlichkeit kaum beachtet. Die ferngesteuerten Drohnen des Jahres 2013 sind dabei lediglich ein Zwischenschritt. Die Logik der technischen Entwicklung bringt es mit sich, dass menschliche Entscheider schon bald nicht mehr in der Lage sein werden, die Menge an Daten schnell genug zu überblicken und daraus Entscheidungen abzuleiten. Der Mensch „wird er zum bloßen Beobachter und Bestätiger einer von Maschinen festgelegten Vorgehensweise .“[18]

Selbst ausgemachten Drohnenbefürwortern wird es bei dieser Perspektive flau. So wird in einer aktuellen Studie der SWP die Einbindung von Kampfdrohnen in die konventionelle Rüstungskontrolle vorgeschlagen, „um die Risiken neuer Rüstungswettläufe einzuhegen“. Dabei sollten die Staaten „auf die vollautonome Fähigkeit zu tödlichen Angriffen gegen ausgewählte Individuen oder Personengruppen verzichten“.[19]

Statt aber durch den erklärten Verzicht auf Kampfdrohnen einen Rüstungskontrollprozess anzustoßen und zu befördern, setzt man in Berlin alles daran, im Drohnengeschäft eine Spitzenposition einzunehmen.

In Ottobrunn bei München entsteht ein deutsches Drohnen-Zentrum. Mit dem „Bavarian International Campus Aerospace and Security“ (BICAS) soll die deutsche „Innovations- und Technologieführerschaft in den Bereichen Luft- und Raumfahrt sowie Sicherheit“ für die Zukunft zementiert werden. Dazu werden Wissenschaft, (Rüstungs-) Industrie und Bundeswehr zusammen gekoppelt. Partner sind die TU München, die Universität der Bundeswehr in München, die IABG (eine ehemaliges Luftwaffeninstitut des Verteidigungsministeriums, heute privatisiert), Siemens und der Rüstungskonzern EADS. Ziel ist die „Beschleunigung des Technologietransfers von der Spitzenforschung in die Wirtschaft“. Forschungsergebnisse sollen möglichst schnell in marktreife Produkte umgesetzt werden. Dazu werden auf dem Campus auch gleich die entsprechenden Firmengründungen („Start-Up“) angesiedelt. Erstmals in Deutschland wird die Studienrichtung „Master of Autonomous Systems“ angeboten. Laut Eigenwerbung positioniert sich der BICAS damit „auf den wachsenden Weltmärkten Luft- und Raumfahrt sowie Sicherheit auf internationalem Top-Niveau“.[20]

Laut SIPRI wird derzeit auf keinem anderen militärischen Gebiet mehr in Forschung investiert, als bei Drohnen. Die US-Militärzeitschrift „Defense News“ schätzt, dass in den nächsten zehn Jahren Geschäfte mit Drohnen und Kampfrobotern rund ein Drittel des weltweiten Waffenhandels ausmachen werden. 100 Milliarden Euro sollen dafür in die Kassen der Rüstungskonzerne fließen. Alleine die USA stecken rund sechs Milliarden Dollar jährlich aus dem Etat für Militärforschung in ferngesteuerte Luftfahrzeuge, Schiffe und Panzer.

Drohnenkrieg aus Deutschland

Das ARD-Magazin „Panorama“ und die Süddeutsche Zeitung haben recherchiert, dass die US-Air-Base in Ramstein und die Kommandozentrale AFRICOM in Stuttgart in die Drohneneinsätzen des US-Militärs in Afrika eingebunden sind.

In Ramstein unterhalten die US-Militärs eine Satelliten-Relais-Station für Drohnen, ohne die Einsätze von Kampfdrohnen in Afrika, darunter „gezielte Tötungen“ in Somalia, nicht durchgeführt werden können. Diese „temporäre Anlage“ soll in sechs Monaten durch eine dauerhafte Einrichtung ersetzt werden. Bei AFRICOM liegt die militärische Verantwortung für Kampfdrohneneinsätze in Afrika. Derzeit werden dort Analysten gesucht, deren Aufgabe darin besteht, Ziele für Drohneneinsätze in Afrika zu „nominieren“, so die Süddeutsche Zeitung.[21]

Ramstein spielt möglicherweise nicht nur für den Krieg mit Kampfdrohnen in Afrika eine Rolle, sondern auch für „gezielte Tötungen“ in Pakistan und Afghanistan. In Ramstein werden offenbar auch Drohneneinsätze der US-Regionalkommandos EUCOM und CENTCOM koordiniert , die für Osteuropa, den Nahen Osten und Zentralasien zuständig sind.

Außerdem scheint Ramstein auch zentral für den Drohnentransport in die Einsatzgebiete zu sein. Vom US-Stützpunkt aus sollen die zerlegten Drohnen in Containern verpackt in einer Maschine vom Typ C-130 Hercules zum Zielort geflogen werden.

In einem Kommentar auf der Website der Süddeutschen Zeitung, „Deutschland, ein Tatort“, schreibt Heribert Prantl über zwei mögliche Schlussfolgerungen aus den Enthüllungen über die Koordinierung von illegalen Tötungsaktion mit Kampfdrohnen auf US-Stützpunkten in Deutschland:

„Entweder die Bundesrepublik ist nicht wirklich souverän – dann ist sie arm dran. Oder Deutschland ist ein williger Helfer bei Straftaten und Menschenrechtsverletzungen. Dann machen sich die Regierenden strafbar.“ Und die Konsequenzen sind für ihn klar: „Einem sogenannten Realpolitiker mag die Vorstellung lustig vorkommen, dass ein deutscher Staatsanwalt in den Kelley Baracks von Stuttgart-Möhringen aufkreuzt, um US-Soldaten vom Regionalkommando AFRICOM als Beschuldigte zu vernehmen. Das ist aber nicht lustig, sondern recht.“[22]

Stoppt die Drohnenkrieger

Der deutsche Verteidigungsminister stellt Drohnen in öffentlicher Debatte gerne als bloße Weiterentwicklung von Pfeil und Bogen dar. Dabei geht es darum, die Bundeswehr zu Kampfeinsätzen auf dem gesamten Globus zu befähigen.

Und es geht um gigantische Geschäfte für deutsche und EU-Rüstungskonzerne. „Bei dieser Zukunftstechnologie muss Deutschland dabei sein. Wir können nicht sagen, wir bleiben bei der Postkutsche, während alle anderen die Eisenbahn entwickeln. Das geht nicht.“[23]

Selbst wenn Thomas de Maizière demnächst seinen Posten räumen muss, wird die Bundeswehr weiter an der Beschaffung von Kampfdrohnen festhalten. Während bis zur Bundestagswahl keine Beschaffungsvorlage in den Bundestag gelangen soll, arbeitet die Bürokratie im Verteidigungsministerium und die Bundeswehrspitze mit Hochdruck am Thema bewaffnete Drohnen. Und die Bundesregierung ist auf Drohnen-Kurs. Die Online-Ausgabe der „Zeit“ zitierte Mitte Mai aus einer Kabinetts-Vorlage, dass die Beschaffung von sechzehn Drohnen „für mittlere Flughöhen und große Reichweiten“ geplant ist. „Die Möglichkeit einer optionalen Fähigkeit zur Wirkung aus der Luft soll einbezogen werden.“[24] Kampfdrohnen also.

Die Kampagne gegen Kampfdrohnen, die inzwischen von über 130 Organisationen getragen wird, kommt zum richtigen Zeitpunkt. Und sie braucht dringend noch wesentlich mehr Unterstützung.

Anmerkungen

[1] Bundeswehr setzt auf Kampfdrohnen. „Badische Neueste Nachrichten“ vom 31.8.2012

[2] Jörg Bartl: Neustrukturierung und Auftrag der Luftwaffe. „Europäische Sicherheit und Technik“, Juni 2013.

[3] Detlef Buch: Warum die Bundeswehr Drohnen braucht. „Deutschlandradio Kultur“, 12.02.2013, http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/politischesfeuilleton/2006964/

[4] Michael Rühle: Primat der Wirtschaftsinteressen. „Internationale Politik“ Nr. 6, Nov/Dezember 2012.

[5] Markus Kaim: Die NATO braucht eine stärkere deutsche Führung. „Financial Times Deutschland“, www.ftd.de am 23.05.2012

[6] Claudia Major: Mehr Europa in der NATO. „SWP-Aktuell“ 52, September 2012.

[7] Markus Kaim, Claudia Major: Nicht ohne uns. Die Amerikaner ziehen sich zurück – deshalb muss Deutschland in der NATO Führung übernehmen. „Die Zeit“ Nr. 16, 11.04.2013.

[8] Die zaghaften Deutschen. „Der Spiegel“ Nr. 13/2013.

[9] Wir tun doch nix. Deutschlands Rolle in der Welt. „Die Zeit“, 21.03.2013.

[10] Unbemannte Flugzeuge werden eine wichtige Rolle spielen. Interview mit Karl Müllner in „Europäische Sicherheit & Technik“, September 2012

[11] Generalleutnant Müllner: Luftmacht 2030. Die Luftwaffe im Dienste Deutschlands.

[12] Manuel Winter: Zukunftsfeld UAS. Der Fähigkeitsaufbau aus Sicht der Luftwaffe. Europäische Sicherheit und Technik, Juni 2013.

[13] Ebd.

[14] Jörg Bartl: Neustrukturierung und Auftrag der Luftwaffe.

[15] Peter Dausend und Hauke Friederichs: Die ganze Misere. „Die Zeit“, 13.06.2013.

[16] vgl. dazu Christoph Marischka: Frustrierende Drohnen im lückenlosen Gefechtsfeld. Informationsstelle Militarisierung (IMI), „Ausdruck“ Juni 2013.

[17] Dickson, K.: The war on terror: Cities as the strategic high ground. Mimeo. In. Marsiske (Hrsg.): Kriegsmaschinen. Roboter im Militäreinsatz. Hannover, 2012.

[18] Marcel Dickow/Hilmar Linnenkamp: Kampfdrohnen – Killing Drones. Ein Plädoyer gegen die fliegenden Automaten. SWP-Aktuell Nr. 75, Dezember 2012.

[19] Wolfgang Richter: Rüstungskontrolle für Kampfdrohnen. SWP-aktuell Nr. 29, Mai 2013.

[20] Homepage des Ludwig-Bölkow Campus: http://www.campus-ottobrunn.de/campusindustry.html

[21] US-Streitkräfte steuern Drohnen von Deutschland aus. „Süddeutsche Online“, 30.05.3013, http://www.sueddeutsche.de/politik/luftangriffe-in-afrika-us-streitkraefte-steuern-drohnen-von-deutschland-aus-1.1684414

[22] Deutschland, ein Tatort. „Süddeutsche Online“, 03.05.3013, http://www.sueddeutsche.de/politik/us-drohnen-deutschland-ein-tatort-1.1686573

[23] Rede von de Maizière im Bundestag am 31.1.2013

[24] Hauke Friederichs: De Maizière will 16 Drohnen kaufen. Zeit-online, 17.05.2013