IMI-Standpunkt 2003/105, in: IMI-List 176
Zum Stand des Vorschlags der Initiierung einer Kampagne gegen diese EU-Verfassung
- Auch 2. Europäischen Sozialforums in Paris unterstützt Kritik an dieser EU-Verfassung
von: Tobias Pflüger | Veröffentlicht am: 20. November 2003
Zuerst einmal ganz herzlichen Dank für die vielen und teilweise umfangreichen Reaktionen auf unseren Vorschlag einer Initiierung einer Kampagne gegen diese EU-Verfassung. Auch in der Abschlusserklärung des 2. Europäischen Sozialforums in Paris (https://www.imi-online.de/2003.php3?id=715 ) konnte die Ablehnung dieser EU-Verfassung verankert werden (mehr dazu unten). Die IMI-Analyse „Eine Militärverfassung für die EU?! – oder auch die EU ist auf Kriegskurs“ (https://www.imi-online.de/2003.php3?id=711 ) liegt inzwischen – dank Andreas Speck von War Resisters International (WRI) – in verschiedenen Sprachen vor, in deutsch, englisch (https://www.imi-online.de/2003.php3?id=713 bzw. https://www.imi-online.de/2003.php3?id=719 ) und italienisch (https://www.imi-online.de/2003.php3?id=718 ). Übersetzungen in weitere Sprachen sind in Arbeit und finden sich nach Fertigstellung auf https://www.imi-online.de und http://wri-irg.org . (Inzwischen (01.12.2003) liegen auch Übersetzungen in holländisch (https://www.imi-online.de/2003.php3?id=730 ) und finnisch (https://www.imi-online.de/2003.php3?id=729 ) vor.
Die Reaktionen auf unsere email waren und sind so umfangreich, dass wir eine richtige Auswertung machen müss(t)en. Es lassen sich allerdings schon jetzt drei ungefähr gleichstarke Grundtrends herauslesen:
1. Informationen waren neu
Für viele waren die Informationen der IMI-Analyse „Eine Militärverfassung für die EU?! – oder auch die EU ist auf Kriegskurs“ (https://www.imi-online.de/2003.php3?id=711) neu oder völlig neu. Viele Einzelpersonen und Gruppen haben mitgeteilt, dass sie sich nun genauer mit der EU-Verfassung beschäftigen wollen. Eine Reihe von Einzelpersonen hat mitgeteilt, dass sie in ihre jeweiligen Gruppen den Vorschlag einbringen wollen. Einige Gruppen wollen bei ihren nächsten Treffen ein Mitmachen bei einer möglichen Kampagne gegen die EU-Verfassung diskutieren.
2. Verhältnis Referendum / Kampagne gegen EU-Verfassung
Eine Reihe von Gruppen und Einzelpersonen wies auf bestehende Initiativen für ein Referendum über die EU-Verfassung hin. Dabei wurde von einem Teil betont, dass diese Initiativen zum Inhalt der EU-Verfassung neutral seien. Initiativen für ein Referendum über die EU-Verfassung und eine Kampagne gegen die EU-Verfassung müssten sich nicht widersprechen, auch wenn die Chancen für ein Referendum in Deutschland gegen Null gehen.
Unsere Einschätzung ist allerdings, dass eine neutrale Position zu diesem EU-Verfassungsentwurf aufgrund des Inhaltes nicht möglich ist. Insofern müssten sich u.E. die Gruppen entscheiden, ob sie sich zur EU-Verfassung zustimmend, neutral oder ablehnend verhalten. Insbesondere die Aufrüstungsverpflichtung, die Festschreibung von Kampfeinsätzen und die alleinige Entscheidung darüber durch den EU-Ministerrat, aber auch die Festschreibung des neoliberalen Wirtschaftmodells in der EU-Verfassung sind politisch so problematisch, dass sie u.E. nur abgelehnt werden können und deshalb die vorgeschlagene Kampagne gegen diese EU-Verfassung Sinn macht.
3. Begrüßung und breite Unterstützung für die Initiative gegen diese EU-Verfassung
Sehr viele Gruppen und Einzelpersonen haben Zustimmung zum Vorschlag einer Kampagne gegen diese EU-Verfassung signalisiert. Eine Reihe von Gruppen hat nun auch schon eigene Initiativen gestartet. Es wurden eine Reihe von konkreten Vorschlägen gemacht, u.a.:
– Zeitungsanzeigen in der Frankfurter Rundschau (Connection e.V.) und anderen überregionalen oder lokalen Zeitungen.
– Aktionen am Tag der Unterzeichnung (09.05.2004 in Rom)
– ein Kongress zum Thema EU-Verfassung (attac EU-AG)
Außerdem wurde ein Koordinationstreffen vorgeschlagen.
In der Abschlusserklärung des 2. Europäischen Sozialforums in Paris (https://www.imi-online.de/2003.php3?id=715 ) heißt es: „Zur Zeit wird ein Entwurf für eine Europäische Verfassung außerhalb der Zivilgesellschaft ausgearbeitet. Er erhebt den Wirtschaftsliberalismus als offizielle Doktrin der EU zu „Verfassungsrang“; er schreibt das Konkurrenzprinzip als Grundlage des europäischen Gemeinschaftsrechts und aller menschlichen Aktivitäten fest, und berücksichtigt in keiner Weise die Ziele gemeinsamer Entwicklung (Anm. d. Ü.: mit den Ländern des Südens); er schreibt der NATO eine Rolle in der europäischen Außen- und Verteidigungspolitik zu und befördert eine Militarisierung der Union; schließlich hält er die Sozialpolitik im Status eines fünften Rads am Wagen eines europäischen Aufbaus, der sich auf das Primat des Marktes gründet, und besiegelt de facto die bereits vorgesehene Zerschlagung der öffentlichen Dienste. Dieser Verfassungsentwurf entspricht nicht unseren Bestrebungen. Wir kämpfen für ein anderes Europa.“
Und: „Wir rufen alle sozialen Bewegungen dazu auf, diese Mobilisierungsdynamik in einem Aktionstag für ein anderes Europa, für die Rechte der Bürgerinnen und Bürger und der Bevölkerungen gipfeln zu lassen, am 9. Mai (2004), dem Datum, an dem die Ratifizierung der Europäischen Verfassung vorgesehen ist.“
Der Beschluss von Paris deckt sich insofern mit gemachten Vorschlägen, z.B. des Aktionstages gegen diese EU-Verfassung am 09.05.2004
Unser Vorschlag für das weitere Verfahren ist nun:
1. Wir schlagen vor, weitere Diskussion über das politische Vorgehen beim IMI-Kongress am jetzigen Wochenende 22./23.11. in Tübingen (https://www.imi-online.de/2003.php3?id=650 ) und dann beim bundesweiten Friedensratschlag am 06./07.12. in Kassel (http://www.uni-kassel.de/fb10/frieden/rat/2003/programm.html ) zu führen.
2. Wir können und wollen als Informationsstelle Militarisierung keine Koordinationsfunktion übernehmen, so wie das in einer Reihe von emails vorgeschlagen wurde. Wir sehen unsere Funktion eher darin die mögliche Kampagne gegen diese EU-Verfassung inhaltlich wesentlich mitzugestalten sowie Hintergrund-Materialen und Referent/inn/en zum Thema EU-(Militär)-Verfassung zur Verfügung zu stellen. Insofern sind eine oder mehrere Gruppen gesucht mit Leuten, die organisatorische Koordinationsaufgaben übernehmen können, wenn die Kampagne gegen diese EU-Verfassung gestartet werden soll.
3. Ohne ein Koordinationstreffen scheint es nicht zu gehen. Wahrscheinlich macht es Sinn dazu im Januar 2004 einzuladen.
Tobias Pflüger, 20.11.2003