Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

IMI-Aktuell 2022/120

Tornado-Nachfolge: Vorentscheidung?

(01.03.2022)

Bei genauer Lektüre der Regierungserklärung von Olaf Scholz vom 27. Februar zeigt sich, dass in Sachen Tornado-Nachfolge eine Vorentscheidung gefallen zu sein scheint. Die für den etwaigen Einsatz in Deutschland lagernder US-Atomwaffen vorgesehenen Tornados werden älter und wartungsanfälliger, was immer höhere Kosten verursacht. Aus diesem Grund sollen sie schon länger ersetzt werden, die Frage war lange nur, durch was.

Das Verteidigungsministerium hatte sich ursprünglich im April 2020 für den Ankauf von 93 Eurofightern und insgesamt 45 F-18 von Boeing ausgesprochen. Davon waren 30 für die Nukleare Teilhabe (Version Super Hornet) und 15 für die Elektronische Kampfführung, also dem Stören und Bekämpfen gegnerischer Luftabwehrstellungen (Version Growler), vorgesehen. Die militärische weitaus „bessere“ F-35 von Lockheed Martin kam damals noch nicht infrage, weil davon ausgegangen wurde, dies könne den Bau des deutsch-französischen Luftkampfsystems FCAS (Future Combat Air System) gefährden (siehe IMI-Analyse 2020/17).

Anfang Januar 2022 kassierte dann SPD-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht diese Entscheidung erst einmal wieder ein und gab einen Prüfauftrag verschiedener Anschaffungsoptionen. Klar war da bereits, dass die F-35 wieder im Rennen war (siehe IMI-Aktuell 2022/011). Was lange Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen war, wurde von Scholz in seiner Regierungserklärung nun ganz nebenbei am Ende mit einer weitgehenden Vorfestlegung versehen: „Der Eurofighter soll zur electronic warfare befähigt werden. Das Kampfflugzeug F-35 kommt als Trägerflugzeug in Betracht.“

Dabei handelt es sich zwar noch nicht um eine endgültige Festlegung, aber doch um eine ziemlich weitgehende Vorentscheidung. Hierdurch werden einmal die in der SPD einflussreichen Interessen der IG Metall, insbesondere des Airbus-Betriebsrates, der Konzern, der den Löwenanteil der Gelder für die ursprünglich vorgesehenen 15 F-18 für die elektronische Kampfführung einstreichen wird. Gleichzeitig stellt der Mittelabfluss in die moderne F-35 keine Gefahr mehr für das FCAS dar, dessen Finanzierung, nach den in derselben Rede angekündigten riesigen Erhöhungen der Rüstungsausgaben, als gesichert angesehen wird.

Denn für den Bau des FCAS, dessen Entwicklungskosten zwischen 80 und 100 Mrd. Euro geschätzt werden, gab Scholz in seiner Regierungserklärung faktisch ebenfalls eine Entwicklungsgarantie ab, was also einer Art Maximallösung aller infrage stehender Varianten gleichkommt: „Darum ist es mir zum Beispiel so wichtig, dass wir die nächste Generation von Kampfflugzeugen und Panzern gemeinsam mit europäischen Partnern – und insbesondere mit Frankreich – hier in Europa bauen. Diese Projekte haben oberste Priorität für uns. Bis die Flugzeuge einsatzbereit sind, werden wir den Eurofighter gemeinsam weiterentwickeln.“ (jw)

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