IMI-Standpunkt 2025/027 (Update: 3.5.2024)
Neues NATO-Ausgabenziel vorgeschlagen
Rüstungswahnsinn soll mit 5% neue Dimensionen erreichen
Jürgen Wagner (03.05.2025)
Erst kürzlich vermeldeten die Zahlen des Stockholmer Friedensforschungsinstitutes Sipri einen neuen Rekord: die weltweiten Militärausgaben 2024 stiegen gegenüber dem Vorjahr inflationsbereinigt um 9,4 Prozent auf 2718 Milliarden US-Dollar an. Antreiber dieser Entwicklungen sind nicht zuletzt die europäischen Nato-Staaten, deren Budgets sich laut Sipri auf 454 Milliarden summierten. Und hier ist dann wieder Deutschland zentral, das sich mit einem Anstieg um 28 Prozent Platz vier auf der weltweiten Rüstungsskala „erobert“ hat.
Bedenklicher noch als diese Zahlen selbst ist die Aussicht, dass damit bei Weitem noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht sein dürfte: Schon seit einiger Zeit deutet sich an, dass die NATO auf ihrem anstehenden Gipfeltreffen im Juni ihr Ausgabenziel deutlich erhöhen will. Nun wurden noch einmal Details bekannt, etwa im Deutschlandfunk: „Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters sollten demnach die Mitglieder der Allianz ihre Verteidigungsausgaben auf 3,5 Prozent der jeweiligen Wirtschaftsleistung aufstocken und weitere 1,5 Prozent für verteidigungsnahe Bereiche aufwenden.“
In den Medien wird der Vorschlag teils als „Kompromiss“ zwischen der US-Forderung nach 5% und den europäischen Präferenzen von 3,5% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) an Militärausgaben bezeichnet, was vollkommen irreführend ist. Denn „verteidigungsnahe Bereiche“ werden seit eh und je in die NATO-Zahlen mit eingerechnet. Allenfalls könnte es hier noch zu einigen Erweiterungen kommen, wie sie kürzlich auch bei der deutschen Aushebelung der Schuldenbremse mitberücksichtigt wurden, also Zivil- und Bevölkerungsschutz, Cybersicherheit, Nachrichtendienste und die Unterstützung für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten (aka Waffen für die Ukraine).
Um welchen Umfang es sich hier dreht ist schwer einzuschätzen, da die NATO-Kriterien – also die Kosten, die als Militärausgaben bei der NATO gemeldet werden können – geheim sind (siehe IMI-Standpunkt 2019/058). Ein großer Batzen, die Kosten für die Waffenlieferungen an die Ukraine, wird bereits heute von Deutschland bei der NATO abgerechnet. Hinzukommen könnten aber v.a. Investitionen in die Infrastruktur (v.a. Straße und Bahn) für den schnelleren Transport von Truppen und Gütern nach Osteuropa. Allerdings wird bei Augengeradeaus auf Bundestagsdrucksache 20/12649 hingewiesen, die bestätigt, dass militärische Bedarfe an die Verkehrsinfrastruktur weiter in die Gesamtverkehrswegeplanung einfließen – und das bedeutet wiederum, dass sie in bisheriger Form zumindest nicht bei der NATO gemeldet werden können. Unmissverständlich schreibt die Bundesregierung dazu: „Die militärischen Anforderungen an die Verkehrsinfrastruktur fließen nach wie vor in die Gesamtverkehrswegeplanung ein. Daher können Investitionen zur Verbesserung der Nutzbarkeit der bestehenden Verkehrsinfrastrukturen für militärische Zwecke nicht einzeln ausgewiesen werden.“
Jedenfalls geschieht dies alles vor dem Hintergrund ohnehin sprunghaft gestiegener Ausgaben: nämlich von 34,749 (2014 = 1.19%/BIP) auf 90,586 (2024 = 2,12%/BIP). Würde man den jetzigen Vorschlag von NATO-Generalsekretär Mark Rutte zum Maßstab für das vorige Jahr nehmen, hätten sich die deutschen NATO-Ausgaben nicht auf 90,586 Mrd. Euro, sondern auf 215,265 Mrd. Euro belaufen müssen – wow!