Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

IMI-Aktuell 2023/707

Gaza-Resolution: Bias

(31.10.2023)

In deutschen Medien wird teilweise verzerrend über eine Resolution der UN-Generalversammlung berichtet, die mit einer Mehrheit von 121 Staaten (bei 14 Gegenstimmen und 44 Enthaltungen) verabschiedet wurde und einen „dauerhaften und anhaltenden humanitären Waffenstillstand“ fordert.

Deutschland hat sich enthalten und wurde dafür von verschiedenen Seiten kritisiert. So berichtete etwa tagesschau.de:

„Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) reagierte auf das Verhalten der Bundesrepublik mit Entsetzen. ‚Wie kann Deutschland sich bei einer UN-Resolution enthalten, die als alleiniges Ziel hat, Israels Recht auf Selbstverteidigung zu delegitimieren? Deutschland hätte klar mit Nein stimmen sollen‘, sagte der Präsident der Gesellschaft, Volker Beck, laut Mitteilung.“

Der Beitrag vom 30.10. wird mit folgendem Text eingeleitet: „In einer UN-Resolution wird der Terror der Hamas nicht verurteilt – Deutschland kann sich trotzdem nicht zu einem Nein in der Abstimmung durchringen.“

Am Folgetag heißt es erneut im Liveblog von Tagesschau.de, anlässlich der Kritik von Altbundespräsident Gauck am deutschen Abstimmungsverhalten über die Resolution:

„Der Terror der radikalislamischen Hamas wurde darin nicht verurteilt. Deutschland hatte sich deshalb enthalten.“

Konkret steht allerdings in der Resolution: „unter Verurteilung aller gegen palästinensische und israelische Zivilpersonen gerichteter Gewalthandlungen, einschließlich aller terroristischen Akte und unterschiedsloser Angriffe, sowie aller Akte der Provokation, der Aufwiegelung und der Zerstörung“. Dass damit der Terror der Hamas nicht gemeint sein könnte, stellt schon eine gewagte Interpretation dar.

Auch ein Beitrag der taz über „Baerbocks unlösbares Dilemma“ orientiert sich stark an der Argumentation der Außenministerin und der israelischen Kritik an der Enthaltung und kommt dabei zu so mancher verzerrten Darstellung. So wird etwa auf die Zustimmung Frankreichs eingegangen: „Ausgerechnet Deutschlands engster Partner auf EU-Ebene setzt sich im Nahost-Kontext deutlich ab“. Dass neben Frankreich auch Spanien, Portugal, Belgien, Slowenien, Luxemburg und Malta für die Resolution gestimmt hatten, fällt dabei flux unter den Tisch. Zugleich wird von einer „Zerrissenheit der Weltgemeinschaft“ gesprochen, die „sich wenige Tage zuvor bereits beim EU-Gipfel gezeigt“ habe. Die „Zerrissenheit der Weltgemeinschaft“ zeigt sich auf einem EU-Gipfel und wird aus Anlass einer Resolution festgestellt, der von 121 Staaten zugestimmt wurde? Allerhand…

Im Beitrag heißt es übrigens, die Resolution sei „von Jordanien eingebracht und von 44 vor allem arabischen Staaten unterstützt worden“. Das „vor allem“ ist vielleicht gerade so noch sachlich richtig, aber suggestiv, denn es waren z.b. auch zahlreiche afrikanische und lateinamerikanische Staaten beteiligt. Um die „Zerrissenheit“ der Weltgemeinschaft zu dokumentieren, sei hier jedoch die vollständige Liste der Staaten dokumentiert, welche die Resolution einbrachten:

Ägypten, Bahrain, Bangladesch, Belize, Bolivien (Plurinationaler Staat), Botsuana, Brunei Darussalam, Demokratische Volksrepublik Korea, Dschibuti, El Salvador, Indonesien, Irak, Jemen, Jordanien, Katar, Komoren, Kuba, Kuwait, Libanon, Libyen, Malaysia, Malediven, Marokko, Mauretanien, Namibia, Nicaragua, Oman, Pakistan, Russische Föderation, Saudi-Arabien, Senegal, Simbabwe, Somalia, St. Vincent und die Grenadinen, Südafrika, Sudan, Türkiye, Venezuela (Bolivarische Republik), Vereinigte Arabische Emirate und Staat Palästina.

Der Resolution zugestimmt haben:

Afghanistan, Algeria, Andorra, Angola, Antigua and Barbuda, Argentina, Armenia, Azerbaijan, Bahamas, Bahrain, Bangladesh, Barbados, Belarus, Belgium, Belize, Bhutan, Bolivia (Plurinational State of), Bosnia and Herzegovina, Botswana, Brazil, Brunei Darussalam, Central African Republic, Chad, Chile, China, Colombia, Comoros, Congo, Costa Rica, Cote D’Ivoire, Cuba, Democratic People’s Republic of Korea, Democratic, Republic of the Congo, Djibouti, Dominica, Dominican Republic, Ecuador, Egypt, El Salvador, Equatorial Guinea, Eritrea, France, Gabon, Gambia (Republic of The), Ghana, Grenada, Guinea, Guinea-Bissau, Guyana, Honduras, Indonesia, Iran (Islamic Republic of), Iraq, Ireland, Jordan, Kazakhstan, Kenya, Kuwait, Kyrgyzstan, Lao People’s Democratic Republic, Lebanon, Lesotho, Libya, Liechtenstein, Luxembourg, Madagascar, Malawi, Malaysia, Maldives, Mali, Malta, Mauritania, Mauritius, Mexico, Mongolia, Montenegro, Morocco, Mozambique, Myanmar, Namibia, Nepal, New Zealand, Nicaragua, Niger, Nigeria, Norway, Oman, Pakistan, Peru, Portugal, Qatar, Russian Federation, Saint Kitts and Nevis, Saint Lucia, Saint Vincent and the Grenadines, Saudi Arabia, Senegal, Sierra Leone, Singapore, Slovenia, Solomon Islands, Somalia, South Africa, Spain, Sri Lanka, Sudan, Suriname, Switzerland, Syrian Arab Republic, Tajikistan, Thailand, Timor-Leste, Trinidad and Tobago, Turkey, Uganda, United Arab Emirates, United Republic of Tanzania, Uzbekistan, Viet Nam, Yemen, Zimbabwe.

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