IMI-Aktuel 2023/418
Baerbock u. Südafrika
(29.06.2023)
Eine beißende und lesenswerte Kritik veröffentlichte die Tageszeitung junge Welt zum Besuch der deutschen Außenministerin in Südafrika und verwies dabei auch auf Meinungsverscheideneheiten zwischen beiden Staaten während der Corona-Pandemie:
„Südafrika sei ‚Wortführer Afrikas bei den Vereinten Nationen, den G20 und der UN-Klimakonferenz‘ sowie ‚Schlüsselpartner‘ bei Themen wie ‚Klimakrise und Ernährungssicherheit‘, hatte Baerbock vor ihrer Abreise geschrieben und die Prognose gewagt: ‚Wenn das Land Nelson Mandelas und Desmond Tutus seine Stimme gegen Unrecht erhebt, hört die Welt hin. Deswegen will ich in Pretoria auch darüber sprechen, wie Südafrika sein Gewicht für ein Ende der russischen Aggression (…) in die Waagschale werfen kann‘. So kam die Außenministerin in einem Atemzug von ‚zuhören‘ zu ‚ich will sprechen‘. Obwohl gerade Deutschland überhaupt nicht hingehört hatte, als Südafrika etwa während der Coronapandemie mit anderen Ländern des globalen Südens die Freigabe der Impfstoffpatente forderte. Das wurde von Berlin blockiert. In Südafrika hat man das ebensowenig vergessen wie die Reiserestriktionen, die die Länder der EU nach der Entdeckung der Omikron-Variante durch südafrikanische Forscher Ende 2021 trotz Warnung der Weltgesundheitsorganisation gegen Südafrika verhängt hatten. In Pretoria rief Pandor in Erinnerung: ‚Wir hatten starke Meinungsverschiedenheiten während der Pandemie zu Fragen der Gerechtigkeit bei der Verteilung von Impfstoffen‘.“
Zugleich veröffentlichte die Zeitung noch einen Kommentar von Jörg Kronauer:
„Nein, weder Europa noch die USA nehmen den Verlust ihrer Dominanz kampflos hin; und während Baerbock, irgend etwas von einem Dialog ‚auf Augenhöhe‘ faselnd, in Pretoria wie gewohnt die Oberlehrerin in Sachen Menschenrechte gab, winken in den USA bereits manche mit wirtschaftlichen Strafmaßnahmen gegen Südafrika. Dessen Regierung wird aber wohl kaum klein beigeben. Denn letztlich geht es um nichts Geringeres als die Frage, ob der globale Süden die koloniale Weltordnung ein weiteres Stück durchbrechen kann.“