Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

IMI-Aktuell 2023/110

Heusgen: „Zivilisationsbruch“

(15.02.2023)

Im Vorfeld der Münchner Sicherheitskonferenz (Aufruf zu Protesten hier) lässt sich deren Leiter, Christoph Heusgen, auf tagesschau.de mit dem Begriff „Zivilisationsbruch“ als Kategorisierung des russischen Angriffs auf die Ukraine zitieren. Bei einem erfahrenen Diplomaten wie Heusgen ist hier von einem kalkulierten Schritt auszugehen.

Im vergangenen Dezember hatte bereits die deutsche Außenministerin in ähnlichem Zusammenhang von einem „Bruch der Zivilisation“ gesprochen und damit Kritik insbesondere von NS-Forscher*innen auf sich gezogen, wie Thoralf Cleven in einem ausgewogenen Beitrag für das RND rekonstruiert:

„Mit Zivilisations­bruch wird seit Längerem nur eine geschichtliche Zäsur beschrieben: die Schoah oder der Holocaust. Sie bezeichnen die systematische Vernichtung von schätzungsweise sechs Millionen Menschen jüdischen Glaubens im Zweiten Weltkrieg – es waren zwei Drittel der in Europa lebenden Juden…

Der Holocaust­­forscher [Frank Bajohr] beobachtet jedoch schon seit dem Einmarsch Russland in die Ukraine ‚eine inflationäre Verwendung von Begriffen‘, die in der deutschen und internationalen Erinnerungs­kultur mit völlig anderen Inhalten verbunden würden. ‚Wladimir Putin hat diese Begriffe als Erster schändlich missbraucht, als er seinen imperialistischen Angriffs­krieg mit Begriffen wie ‚Genozid‘ und ‚Entnazifizierung‘ zu rechtfertigen suchte. Der ukrainische Präsident hat in seiner Ansprache vor der Knesset von ‚Endlösung‘ gesprochen und die russische Kriegführung vor dem Bundestag mit dem Massaker von Babyn Jar 1941 verglichen.‘

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Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de