Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

[0621] IMI-Kongress 19./20. November / Artikel EU-Ukraine-Mission

(20.10.2022)

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Online-Zeitschrift „IMI-List“

Nummer 0621 ………. 25. Jahrgang …….. ISSN 1611-2563

Hrsg.:…… Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.

Red.: IMI / Jürgen Wagner / Christoph Marischka

Abo (kostenlos)…….. https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list

Archiv: ……. https://www.imi-online.de/mailingliste/

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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List findet sich

1.) neue Infos zum IMI-Kongress „Zeitenwenden: Ukraine-Krieg und Aufrüstung“;

2.) Ein IMI-Artikel zum kürzlich beschlossenen EU-Einsatz EUMAM Ukraine.

1.) IMI-Kongress: Zeitenwenden: Ukraine-Krieg und Aufrüstung

19./20. November 2022

Herrmann-Hepper-Halle, Westbahnhofstraße 23, Tübingen

Inzwischen sind auch alle Werbematerialien am Start:

Plakat: https://www.imi-online.de/bildpool/IMI-Kongressplakat2022.jpg

Flyer: https://www.imi-online.de/download/IMI_Flyer_2022_gesamt_web.pdf

Banner: https://www.imi-online.de/banner/Kongressbanner2022.jpg

Vor Kongressbeginn am Samstag den 19. November findet auch eine Kundgebung gegen Krieg & Aufrüstung statt (genaue Uhrzeit und Ort werden noch bekanntgegeben).

Der Samstag wird auch live im Radio Wüste Welle zu hören sein: https://www.wueste-welle.de/

Platz sollte in der Halle trotz Corona genug vorhanden sein und eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Wenn Menschen aber jetzt schon wissen, dass sie kommen wollen, freuen wir uns dennoch über einen kurzen Hinweis an imi@imi-online.de

Hier noch einmal das Programm:

SAMSTAG 19. NOVEMBER: UKRAINE, RUSSLAND, NATO UND DIE RÜCKKEHR DER MACHTPOLITIK

12h-12h15 Begrüßung

12h15-14h Ukraine-Krieg: Vorgeschichte, Interessen, Verlauf

— Auf Kollisionskurs: NATO, Russland und die Ukraine (Jürgen Wagner)

— Schwere Waffen und westliche Stellvertreter-Strategie (Claudia Haydt)

14h30-16h30 Die Auswirkungen des Krieges

Über den Tellerrand I:

— Konflikte um die Arktis (Ben Müller)

— Die Ostsee als NATO-Binnenmeer? (Merle Weber)

Über den Tellerrand II:

— Der Krieg und die Arabische Welt (Jacqueline Andres)

— Der Ukrainekrieg und der Globale Süden (Pablo Flock)

17h00-19h00 Alternativen

— Sand im Getriebe: Kriegsdienstverweigerung, Desertion und Asyl im Ukraine-Krieg (Franz Nadler)

— Soziale Verteidigung als Alternative (Victoria Kropp)

— Konturen einer alternativen Sicherheitsarchitektur (René Jokisch)

Im Anschluss (wahrscheinlich) was zum Abendessen und: Punk-Rock-Lyrik-Lesung – Make Punk Not War!

SONNTAG 20. NOVEMBER: ZEITENWENDE AUFRÜSTUNG

10h-12h Das Sondervermögen: Projekte – Struktur – Ideologie

— 100 Mrd.: Das Gesetz und die Projekte (Tobias Pflüger)

— Der Totalumbau der Bundeswehr: Aufrüstung für Großmachtkriege (Martin Kirsch)

— Zeitenwende oder Kontinuität deutscher Militär- und Machtpolitik? (Jürgen Wagner)

12h15-12h45 Auf dem Weg zum Rüstungskomplex: Das Handbuch Rüstung (Andreas Seifert)

13h-14h30 Podium: Die Zeitenwende und die Folgen – Herausforderung für die sozialen Bewegungen

Für Nachfragen stehen wir natürlich wie immer im IMI-Büro zur Verfügung: Tel.: 07071-49154 / Mail: imi@imi-online.de

2.) IMI-Standpunkt: EU bleibt auf Kriegskurs

IMI-Standpunkt 2022/042 (Update: 20.10.2022)

EU bleibt auf Kriegskurs – EUMAM gießt Öl ins Feuer

Jürgen Wagner (17. Oktober 2022)

Am 17. Oktober brachte die Europäische Union weitere militärische Maßnahmen im Zusammenhang mit dem russischen Krieg gegen die Ukraine auf den Weg. Dazu gehören u.a. weitere 500 Mio. Euro, die über die sogenannte „Europäische Friedensfazilität“ (EFF) zur Finanzierung von Waffenlieferungen an die Ukraine bereitgestellt werden sollen. Der über diesen Mechanismus hierfür ausgeschüttete Gesamtbetrag steigt damit auf 3 Mrd. Euro. Damit sind bereits große Teile der für 2021 und bis 2027 insgesamt vorgesehenen Gelder von 5,7 Mrd. Euro aufgebraucht, weshalb kürzlich die Welt am Sonntag (9.10.22) meldete, es werde darüber nachgedacht, den Topf auf zehn bis zwölf Milliarden Euro aufzustocken – eine diesbezügliche Entscheidung steht allerdings bislang noch aus. Spitzenreiter sind hier weiter mit Abstand die USA, die laut dem Ukraine Support Tracker bislang Kriegsgerät im Wert von 27 Mrd. Euro in für die Ukraine bereitgestellt haben (Stand: 3. Oktober). Danach folgen Großbritannien mit 3,7 Mrd. Euro und seitens der EU die bereits erwähnten 3 Mrd. Euro. Deutschland belegt in diesem „Ranking“ mit 1,2 Mrd. Euro Platz vier.

Ebenfalls am 17. Oktober billigten die EU-Außenminister*innen zudem das Krisenmanagementkonzept und den Beschluss zur Einrichtung der militärischen Ausbildungsmission „European Union Military Assistance Mission” (EUMAM Ukraine). Hierbei sollen die bislang auf Ebene der Einzelstaaten erfolgenden Ausbildungsmaßnahmen EU-weit gebündelt und deutlich intensiviert werden. Schon vor einiger Zeit wurde klar, was für ein gefährliches Spiel mit dem Feuer hier gespielt wird. Schließlich kam das Gutachten „Rechtsfragen der militärischen Unterstützung der Ukraine durch NATO-Staaten zwischen Neutralität und Konfliktteilnahme“ des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages bereits vor Monaten zu dem Ergebnis, mit der seit Mai 2022 erfolgenden Ausbildung ukrainischer Militärs werde Deutschland faktisch zur Kriegspartei. Dasselbe lässt sich jetzt auch für die Europäische Union insgesamt sagen.

Als Ziel wird ausgegeben, bis zum Frühjahr 2023 etwa 15.000 ukrainische Militärs ausgebildet zu haben – ein guter Teil davon von Deutschland, schreib Zeit Online: „Es handelt sich um die mit Abstand größte militärische Mission der EU – Deutschland will dabei laut Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) einen signifikanten Beitrag leisten. ‚Wir haben noch nie so viele Soldaten ausgebildet und das in so vielen verschiedenen Bereichen‘, sagt ein EU-Diplomat. Deutschland will dem Vernehmen nach ein Drittel der ukrainischen Soldaten schulen, also rund 5.000. Dafür soll die Bundeswehr ein Hauptquartier einrichten. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs trainierten bisher rund 800 ukrainische Soldaten in Deutschland.“

Überaus Besorgnis erregend sind dabei die Angaben des gewöhnlich sehr gut informierten Fachportals Bruxelles2, denen zufolge dies nun explizit schon mit Blick auf eine neuerliche Frühjahrsoffensive erfolge: „Damit können die ukrainischen Streitkräfte neben den 10.000 Mann, die bis Ende des Jahres von den Briten ausgebildet werden, sowohl ihre durch die Kämpfe dezimierte Stärke wieder auffüllen als auch für die nächste Offensive gerüstet sein. Eine zweite Tranche von zehntausend Soldaten könnte bis Sommer 2023 auf europäischer Seite ausgebildet werden.“

Totenstille herrscht dagegen weiter an der diplomatischen Front, hier versagt die Friedensnobelpreisträgerin auf ganzer Linie – oder besser wohl: sie will hier versagen. Angesichts der immer gefährlicheren Eskalation des Krieges fordern selbst mehr und mehr gestandene Militärs, dass um die Aufnahme von Verhandlungen keinerlei Weg herumführt. Zuletzt äußerten sich etwa der ehemalige Chef des US-Generalstabs unter Bush und Obama, Mike Mullen, oder auch Helmut W. Ganser, ehemaliger Brigadegeneral der Bundeswehr, in diese Richtung: „Anstatt einer dramatischen Ausweitung und Eskalation des Kriegs zuzusehen, bedarf es dringend der Analyse von Ausstiegsoptionen, die zunächst einmal das Gemetzel an den Fronten stoppen“, so Ganser. „Mit Blick auf die wachsenden Eskalationsrisiken für Europa insgesamt und die Ukraine ohnehin kommt es jetzt auf einen rationalen Abwägungsprozess an – zwischen den Zerstörungsrisiken einer nuklearen Eskalation und den Risiken, Bedingungen und Folgen einer Einstellung der Kampfhandlungen in Verbindung mit humanitären Lösungen.“

Zu allem Überfluss beginnt heute auch noch das NATO-Manöver „Steadfast Noon“, bei dem auch der Einsatz von Atombomben geübt wird. Angesichts nicht zuletzt auch von russischer Seite immer lauter werdenden nuklearen Drohkulissen müsste eigentlich gerade der Europäischen Union an einer Deeskalation gelegen sein. Eric Bonse schrieb hierzu richtigerweise in der in der taz: „[D]ie USA und ihre Verbündeten [setzen] mit ‚Steadfast Noon‘ das falsche Signal. Sie sollten jetzt nicht demonstrieren, dass sie einen Atomkrieg führen können – sondern alles daran setzen, die drohende nukleare Eskalation zu beenden. Biden muss schleunigst zum ‚roten Telefon‘ greifen und sich mit Putin auf Schritte zur Deeskalation verständigen. […] In der Kubakrise haben die Amerikaner von sich aus das Richtige getan. Diesmal muss Biden wohl zum ‚roten Telefon‘ getragen werden. Warum helfen die Europäer nicht nach? Der Atomkrieg würde in Europa ausbrechen, nicht in den USA. Es ist im ureigenen europäischen Interesse, die Eskalation zu beenden, bevor es zu spät ist.“

Doch was tut die EU? Sie lässt die Diplomatie komplett links liegen und bildet jetzt schon das Kanonenfutter für die nächste ukrainische Frühjahrsoffensive aus. Die Tatsache, dass parallel dazu nicht einmal der Versuch unternommen wird, eine Verhandlungslösung zu erreichen, legt den Verdacht nahe, dass dies aktuell auch schlicht nicht erwünscht wird, weil die sich bietende Chance Russland zu schwächen nicht durch einen Waffenstillstand verspielt werden soll.

Eine gekürzte Version dieses Artikels wird in der UZ vom 21. Oktober erscheinen.

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