Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

IMI-Aktuell 2021/524

Afghanistan: Kosten

(06.10.2021)

Die offiziellen Kosten eines Militäreinsatzes liegen immer deutlich unter den tatsächliche, weil stets wichtige Posten ausgeklammert werden. Dies trifft auch für den Afghanistan-Einsatz zu, für den das Costs-of-War-Project der Brown University Gesamtkosten von astronomischen 2.313 Mrd. Dollar errechnete. Nicht einmal eingerechnet waren sind dabei Kosten etwa für die Versorgung von Veteranen oder künftige Zinszahlungen aufgrund der Schulden, die durch den Krieg verursacht wurden (siehe IMI-Aktuell 2021/458).

Nun wird in den Medien über eine FDP-Anfrage über die deutschen Gesamtkosten des Krieges berichtet, die auf 17,3 Mrd. Euro beziffert werden. Dabei entfielen auf den Einsatz der Bundeswehr bis zum 31. August 2021 ein Betrag in Höhe von 12,3 Mrd. Euro, ein Betrag, der so in etwa allerdings bereits im Frühjahr bekannt war (siehe IMI-Standpunkt 2021/019). Neu ist aber nun die Auflistung der Ausgaben anderer Ressorts, über die unter anderem in der FAZ berichtet wird: „Das Auswärtige Amt gab demnach rund 2,48 Milliarden Euro für sogenannte projektbezogene Personal- und Sachkosten aus. Diese Summe beinhaltet nicht Personal- und Betriebskosten des Auswärtigen Amtes, wie sie also im regulären diplomatischen Betrieb sowieso entstehen. Das Entwicklungsministerium stellte binnen 20 Jahren rund 2,46 Milliarden Euro in Afghanistan zur Verfügung. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gab in zwei Jahrzehnten 33 Millionen Euro aus.“

Über diese Angaben macht die Internetseite Augengeradeaus eine wichtige Anmerkung: „Die genannten Ausgaben betreffen, sowohl beim Verteidigungsministerium als auch beim Auswärtigen Amt, allein die zusätzlich angefallenen Kosten – bei der Bundeswehr sind es die so genannten einsatzbedingten Zusatzausgaben; beim AA die projektbezogenen Personal- und Sachkosten. Die ohnehin angefallenen Kosten, also z.B. die Besoldung der Soldaten, das ohnehin vorhandene Material usw. fließen nicht in die Berechnung ein. Eine Vollkostenrechnung, wie hoch das deutsche Engagement am Hindukusch für den Steuerzahler zu Buche schlug, ist damit nicht möglich.“

Eine Vollkostenrechnung müsste auch noch eine ganze Reihe zusätzlicher Posten berücksichtigen, was offiziell natürlich tunlichst vermieden wird. Die bislang wohl beste Annäherung an die tatsächlichen Kosten des Bundeswehr-Einsatzes ist weiterhin eine im Mai 2010 veröffentlichte Studie des „Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung“ (DIW), die gegenüber den offiziellen Zahlen eine Reihe weiterer Kriegskosten berücksichtigte. Zum damaligen Zeitpunkt wurden die offiziellen Kriegskosten bis 2010 mit 4,1 Mrd. Euro beziffert. Demgegenüber berechneten die DIW-Forscher im Falle eines Rückzuges Ende 2011 Gesamtkosten zwischen 18 Mrd. und 33 Mrd. Euro. Hier endlich einmal ehrliche Zahlen auf den Tisch zu legen, wäre ein Beitrag zur „Bilanzdebatte“, mit der das Verteidigungsministerium heute beginnen möchte. (jw)

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