Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

IMI-Standpunkt 2020/013

Gesundheit schützen! Militär abrüsten und Klimawandel stoppen!

Virtueller Ostermarsch 2020: Redemanuskript von Claudia Haydt

(14.04.2020)

Militär schafft keine Sicherheit. Nicht erst seit der Corona-Pandemie ist dies klar – zumindest denjenigen, die für Argumente offen sind. Ein kleines Virus kann die ganze Welt in Atem halten. Das gelingt ihm unter anderem deswegen, weil in den letzten Jahren und Jahrzehnten die falschen Prioritäten gesetzt wurden. Statt in öffentliche Gesundheitsversorgung zu investieren, wurde militärisch aufgerüstet. Anstatt global gemeinsam Forschung zu betreiben, um die drängenden Menschheitsaufgaben zu bewältigen, wurde und wird in neuen Militärblöcken teure Rüstungsforschung betrieben.

Was meine ich mit Menschheitsaufgaben? Das sind schlussendlich all die Bedrohungen, bei denen wir global in einem Boot sitzen, da sie das Ergebnis von weitreichenden Entscheidungen, besonders in den reichen Ländern, oder auch von Unterlassungen sind.

Hier möchte ich drei ausgewählte Herausforderungen aufführen, vor denen wir stehen. Diese Aufgaben sind zivile Herausforderungen, die durch das Militär nicht gelöst werden können. Im Gegenteil – der Irrglaube, Sicherheit ließe sich militärisch herstellen, verschärft die Problematiken:

Den Reichtum gerecht verteilen!

In einer Welt, die genügend zu Essen produziert, muss kein Mensch Hunger leiden. Deswegen darf der Handel mit Lebensmitteln nicht der Spekulation unterliegen. Wir müssen stattdessen Verteilungsmechanismen entwickeln, die sich am Bedarf der Menschen orientieren. In einer vernetzten Welt sollte dies kein Hexenwerk sein.

Gesundheitsversorgung für alle sicherstellen!

In unserer globalisierten Welt ist kein Land eine Insel. Egal, wie vermeintlich geschlossen die Grenzen sind, weder Viren noch Naturkatastrophen noch Kriege machen an diesen Grenzen halt. Gesundheit ist keine Ware – sie ist ein Grundbedürfnis, auf dessen Befriedigung alle Menschen ein Anrecht haben. Wer glaubt, mit Gesundheit Profit machen zu wollen, der gefährdet Menschenleben genauso wie diejenigen, die Flüchtlingslager abriegeln oder Waffen exportieren. Dass es nicht genügend Schutzausrüstung für Pflegepersonal im gleichen Land gibt, das Hightech-Killerdrohnen fürs Militär beschafft, ist eine Schande!

Klimawandel stoppen!

Auf diesen Punkt will ich etwas ausführlicher eingehen, da der Klimawandel das Potential hat, die gesamte Lebensgrundlage der heute existierenden Menschheit zu zerstören. Viel wurde bereits diskutiert über die Notwendigkeit, wegzukommen vom gigantischen CO2-Fußabdruck der industrialisierten Welt, von der Notwendigkeit, den Individualverkehr zu überwinden und die Müllflut einzudämmen. All dies ist richtig und wichtig. Häufig übersehen wird jedoch, welch große Rolle das Militär bei der Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen spielt. Dies gilt auch dann, wenn das Militär gar nicht in konkreten Kriegshandlungen verwickelt ist. So brannte letzten Sommer in Folge von Schießübungen das Moor bei Meppen – und übrigens auch in zahlreichen anderen Bundeswehrstandorten. Allein in Meppen wurde dadurch etwa 50 Prozent mehr CO2 freigesetzt, als im Bodenseekreis während eines ganzen Jahres verursacht wird. Gängige Panzer verbrauchen zwischen 300 und 1.000 Liter Treibstoff pro 100 Kilometer. Manche sogar noch mehr. Tieflader, Transportflugzeuge und Cargoschiffe verbrauchen fossilen Treibstoff in kaum vorstellbaren Größenordnungen.

Auch in der Luft sorgt schon allein der militärische Übungsbetrieb für Umweltschäden. Der Kampfjet Tornado braucht zwischen 1.800 und 6.000 Kilogramm Kerosin pro Flugstunde und der Eurofighter durchschnittlich 3.500 Kilogramm. Für diejenigen, die das umrechnen wollen: 1.000 kg Kerosin verursachen mehr als drei Tonnen CO2-Emissionen. Das stärkste bekannte Treibhausgas überhaupt, Schwefelhexafluorid (SF6) wird für den Betrieb der AWACS-Aufklärungsflugzeuge verwendet.

Selbst dort, wo das Militär abzieht – egal, ob nach Kriegen oder nach sonstiger militärischer Nutzung –, bleiben tödliche Altlasten zurück: Lösungsmittel, explosive Munitionsreste, abgereichertes Uran, Spezialtreibstoffe und andere giftige Chemikalien. All das verbleibt über Jahrzehnte, manches auch für die Ewigkeit, in der Umwelt, schädigt Ökosysteme und beeinträchtigt die Lebensqualität und die Gesundheit der dort lebenden Menschen.

Wenn das Militär so klimaschädlich ist, dann gibt es doch sicher Zielvorgaben, auch diese Verschmutzung zukünftig drastisch zu reduzieren, oder? Leider Fehlanzeige.

Das Kyoto-Abkommen lässt bei seinen Vorgaben das Militär außen vor.

Doch ohne eine Einbeziehung des Militärs in die Klimaziele wird es weder möglich sein, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen noch die nötige Umstellung der Produktion im zivilen Bereich zu finanzieren.

Zurück zum Ausgangspunkt der globalen Bedrohung durch ein kleines Virus. Zynisch und opportunistisch nutzen gerade sogenannte Sicherheitspolitiker die Situation, um politische Maßnahmen umzusetzen, die unter normalen Umständen massiven Widerstand auslösen würden. Als Friedensbewegung müssen wir deswegen sehr wachsam sein.

Das Gebot der Stunde heißt: Gesundheit schützen. Militär abrüsten und Klimawandel stoppen. Global und hier vor Ort.

Blockkonfrontation war gestern. Solidarität und Entspannung sind die Zukunft.

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