IMI-Standpunkt 2019/053

Manöver Defender 2020: Vernetzungsaufruf

von: Merle Weber | Veröffentlicht am: 4. November 2019

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In einem knappen halben Jahr werden 20.000 US-Soldaten und große Mengen an Militärmaterial quer durch Deutschland gen Osten ziehen. Im Rahmen der Übung „Defender 2020“ proben die USA und ihre europäischen Verbündeten die transatlantische Mobilmachung gegen Russland. Es ist die größte Übung in der Region seit 25 Jahren. Sie ist dabei der neueste Höhepunkt der Kriegstreiberei vom NATO-Block in Europa. Die Europa-Politik der NATO seit den 90er Jahren war nichts als eine kontinuierliche Eskalation. Die NATO hat die sicherheitspolitische Situation in Europa nachhaltig verschlechtert. Im Laufe der letzten Jahre hat das Kriegsbündnis dementsprechend begonnen, die militärische Infrastruktur für einen Krieg mit der Atommacht Russland aufzubauen. Das Fundament ist inzwischen gelegt. Das belegt nicht zuletzt Defender 2020. Denn noch vor ein paar Jahren wäre solch ein gigantisches Manöver in Europa wohl nicht möglich gewesen. Die Militarisierung Europas trägt also schon jetzt erste bittere Früchte. Und der Prozess ist längst nicht abgeschlossen.

Deutschland beteiligt sich tatkräftig an dieser Kriegstreiberei. Vor allem in der Ostseeregion baut die BRD militärische Strukturen auf: so ist sie verantwortlich für eins der vier NATO-Bataillone, die 2017 im Rahmen der Enhanced Forward Presence im Baltikum und in Polen stationiert wurden. Sie beteiligt sich regelmäßig an Manövern in der Ostsee und trägt damit maßgeblich dazu bei, die militärische Präsenz der NATO in der Region zu erhöhen. Sie baut in Rostock ein NATO-Marinekommando auf, das die zentrale Schaltstelle für einen Seekrieg gegen Russland werden soll. Sie unterstützt regelmäßig die US-Army auf ihren Märschen durch Deutschland zur russischen Grenze. Deutschland will logistische „Drehscheibe“ und „potenzielles rückwärtiges Einsatzgebiet“ für einen Krieg mit Russland werden[1]. Aber nicht nur das: Nach gegenwärtigen Planungen soll 2023 eine erste schwere Brigade (ca. 5.000 Soldaten) in die NATO eingebracht werden, 2027 dann die erste Division (10.000 bis 20.000 Soldaten) und 2031 will die Bundeswehr dann drei Divisionen zur Verfügung stellen[2]. Die Bundesregierung nutzt die Eskalation der Lage gezielt, um die eigenen militärischen Kapazitäten auszubauen und die Militarisierung der EU unter deutscher Führung voranzutreiben. Alles, um sich im internationalen Konkurrenzkampf nach vorne zu drängen.

Konkret bedeutet Defender 2020, dass von April bis Mai 2020 für alle wahrnehmbar Panzer durchs Land rollen werden. Mehrere Zwischenstopps in deutschen Kasernen sind öffentlich angekündigt[3]. Dank dem Deal zwischen Bundeswehr und Bahn werden Züge voller Waffen und Panzer über die Schienen rollen, während wir auf dem Abstellgleis warten müssen. Wir werden im Stau stehen, während vor uns militärische Konvoys die Autobahnen verstopfen. Die Politiker und Militärs machen sich jetzt schon Sorgen, in der Bevölkerung damit auf Ablehnung und Unverständnis zu stoßen. Zurecht! Lasst uns unser Bestes tun, genau diesen Unmut zu schüren! Von April bis Mai werden ihre Kriegsvorbereitungen nicht mehr zu übersehen sein. Sie werden nicht mehr zu leugnen sein. Lasst uns diese Situation nutzen, um die noch viel zu häufig übersehene oder unterschätzte Militarisierung der Ostseeregion stärker ins Bewusstsein zu rücken. Lasst uns Anlaufstelle sein, für Menschen, die gegen die Kriegstreiberei der NATO und der BRD auf die Straße gehen wollen. Stoppt den neuen Kalten Krieg!

Es ist höchste Zeit, dass wir wieder Strukturen aufbauen, in denen wir als Friedensbewegung bundesweit vernetzt handeln können. Für alle die sich einklinken wollen, entsteht gerade in einem ersten Schritt ein überregionaler Informations- und Vernetzungsverteiler. Bei Interesse meldet euch bei gegendenneuenkaltenkrieg@riseup.net .


[1] Vgl. Konzeption der Bundeswehr, 20. Juli 2018.

[2] vgl. Wagner, Jürgen: Bundeswehr: Per Fähigkeitsprofil in den Neuen Kalten Krieg, in: AUSDRUCK (Oktober 2018).

[3] Für genauere Informationen über die betroffenen Standorte vgl. Haydt, Claudia: Defender 2020. Europäisches Mega-Militärmanöver mit starker deutscher Beteiligung, IMI-Standpunkt 2019/046,  abrufbar über imi-online.de