IMI-Aktuell 2015/669
Kriminelle Handlungen, nicht Kriegsakte!
(16.11.2015)
Den bisher bekannten Ablauf der Ereignisse während der Anschläge in Paris am 13.11.2015 stellt »The Guardian« in einer interaktiven Zeitleiste dar. Als militärische Antwort habe laut »Spiegel Online«, das sich auf Angaben des Verteidigungsministeriums Frankreichs bezieht, die französische Luftwaffe zwei Tage nach diesen Ereignissen mit zehn Flugzeugen 20 Bomben auf zwei Stellungen des »Islamischen Staates« (IS) in Rakka in Syrien abgeworfen. Frankreich fliegt bereits seit September 2014 Luftangriffe gegen den IS im Irak und weitete die Angriffe im September 2015 auf Syrien aus. Seit Beginn ihres Militäreinsatzes haben die französischen Streitkräfte nach eigenen Angaben bei über 1.200 Einsätzen rund 450 Ziele des IS zerstört. Besonders besorgniserregend erscheint die Rhetorik, mit der von verschiedenster Seite diese Anschläge nun als Begründung für militärische Maßnahmen herangezogen zu werden scheinen. Diese ohne Zweifel kriminellen Handlungen, welche die Attentäter in Paris ausführten, werden nun oftmals als von Außen kommende Kriegsakte bewertet.
Joachim Gauck sprach in einer Rede von einer „neuen Art von Krieg“ und brachte dies in Zusammenhang mit deutschen Auslandseinsätzen der Bundeswehr: „Seit Jahren wissen wir, dass die kriegerischen Konflikte, näher an uns heranrücken. Wir leben in Zeiten, in denen auch deutsche Soldaten an internationalen Einsätzen teilnehmen, in denen sie zu Opfern dieser Art der Kriegführung werden können.“ Der Bundespräsident folgerte in einem Statement: „Aus unserem Zorn über die Mörder müssen Entschlossenheit und Verteidigungsbereitschaft werden. Auch dabei stehen wir an der Seite der Franzosen.“ Die »Bild«-Zeitung berichtete über mehrere deutsche Politiker sowie ehemalige deutsche Generäle, die den NATO-Bündnisfall (Artikel 5 des NATO-Vertrages) zumindest in Betracht ziehen wollen. Der frühere Oberbefehlshaber der NATO, James Stavridis, ist der Meinung, dass die NATO sich Frankreich anschließen und einen Krieg zur „Ausrottung“ des „Islamischen Staates“ erklären müsse. Eine Zustimmung des UN-Sicherheitsrates wäre dabei wünschenswert, aber nicht notwendig. „NATO can no longer pretend the conflict does not affect its most basic interests. […] There is a time for soft power and playing the long game in the Middle East, but there is also a time for the ruthless application of hard power. It is NATO’s responsibility to recognize our current moment qualifies as the latter.“ (mh)