IMI-Aktuell 2015/469
Neoliberales Twinning
(06.09.2015)
Die Eingliederung und der neoliberale Umbau der Anrainer im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik stellt ein wesentliches Element der EU-Expansionsstrategie dar (siehe etwa IMI-Studie 2015/06). Ein zentrales Instrument hierfür sind die sogenannten „Twinning-Programme“, die offiziell, etwa laut dem Bundeswirtschaftsministerium, die Nachbarländer dabei unterstützen sollen, „moderne und effiziente Verwaltungen aufzubauen“, weiter gehe es um die „Heranführung und Übernahme des Acquis Communautaire“, also des EU-Rechtsbestandes, sowie um den „Wissens- und Erfahrungsaustausch“. Letzteres wurde etwa im Kommissionbericht „Die Europäische Nachbarschaftspolitik – eine Bestandsaufnahme“ deutlich uncharmanter mit der Notwendigkeit beschrieben, es müsse „Behörden der notwendige Sachverstand vermittelt werden“.
Der Artikel „The European Union and neoliberal governmentality: Twinning in Tunisia and Egypt“ von Beste İşleyen, erschienen im „European Journal of International Relations“ (Nr. 3/2015, S. 672-690) untersucht die wirtschaftspolitische Stoßrichtung der Programme und kommt zu folgendem Ergebnis: „[…] Twinning intervenes into non-economic domains of governance in the target countries and aims at shaping these spheres by economic rationalities and techniques. […] The outcome is the rendering of Tunisian and Egyptian socio-economic development open to enterprise-based, calculative and professionalized operations that make local conditions serviceable to neoliberal governing patterns, linkages and practices of business, capital production and investment. [T]he Twinning instrument employs a neoliberal governmentality agenda that constitutes the local as a problem area in need of rule and improvement while moving away from structural politics related to socio-economic development.” (jw)