Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

IMI-Aktuell 2013/502

Ukraine: Verzerrte Berichterstattung

(25.11.2013)

Unmittelbar nach Bekanntgabe der ukrainischen Regierung, dass sie das Assoziationsabkommen mit der Europäischen Union nun doch nicht unterzeichnen werde (siehe IMI-Aktuell 2013/500), kam es zu Protesten in Kiew. Hierzulande wird – einmal mehr – hierüber vollkommen einseitig berichtet. Im Kern wird folgendes Bild gezeichnet: Die Regierung Janukowitsch sei unter dem Druck Moskau eingeknickt, nun sei es an der „Zivilgesellschaft“, dem Land mit Protesten den Weg in die Europäische Union  und damit zu Wohlstand, Frieden und Demokratie zu ebnen. Sicher gab es besagten Druck aus Moskau. Unerwähnt bleibt aber, dass die Regierung augenscheinlich von den Segnungen des Assoziationsabkommens – vollkommen zu Recht – auch unabhängig davon nicht mehr wirklich überzeugt war. So hieß es in der Begründung, weshalb das Abkommen auf Eis gelegt wurde, es bedürfe der Beziehungen „auf Augenhöhe mit der EU“, damit das Ganze Sinn mache. Auch das Wirken des IWF scheint hier eine Rolle gespielt zu haben: „Der ‚letzte Tropfen‘ sei die Forderung des Internationalen Währungsfonds (IWF) vom 20. November gewesen, die Gaspreise für die ukrainischen Haushalte zu erhöhen, die Gehälter einzufrieren und die Ausgaben zu kürzen. Nur dann dürfe die Ukraine mit Krediten rechnen.“ Schließlich ist auch die Stimmung in der Bevölkerung keineswegs so eindeutig, wie dies in der westlichen Berichterstattung suggeriert wird. Zwar befürworten Umfragen zufolge 55% das Assoziierungsabkommen (26% lehnen es ab), gleichzeitig sprechen sich aber auch fast ebensoviele Menschen, 49%, für einen Beitritt des Ukraine zur Zollunion zwischen Russland, Kasachstan, Weißrussland und Armenien aus (38% sind dagegen), was jedoch mit dem Assoziierungsabkommen unvereinbar wäre. Andere Umfragen ukrainischer Soziologen ergeben dagegen, 39,8% Zustimmung für einen Beitritt zur Zollunion und lediglich 36% für das Assoziierungsabkommen. Wie auch immer man diese Zahlen im Einzelnen genau bewertet, sie zeigen in jedem Fall, dass die Stimmung in der Bevölkerung bei weitem nicht so eindeutig ist, wie dies in der Berichterstattung suggeriert wird. (jw)

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Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de