Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

IMI-Standpunkt 2013/058 - in: AUSDRUCK (Oktober 2013)

„Eine kleine Rüstungsmesse“

Proteste gegen die Drohnenpräsentation in Frankfurt

Ute Schäfer (15.10.2013)

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Peter Dietz, lokaler Wirtschaftsredakteur der Frankfurter Rundschau (FR), erregte mit dieser Überschrift die Aufmerksamkeit der Pax Christi-Gruppe Idstein: die airtec, Messe für mittelständische Zulieferer aus der Luft- und Raumfahrtindustrie, öffnet im zweiten Jahr mit der Sonderausstellung „UAV World“ einer Sonderschau für militärische Drohnen. Die FR zitiert die Geschäftsführerin der airtec Diana Schnabel: „Viele Zulieferer bedienen nicht nur den zivilen, sondern auch den militärischen Bereich.“ Dazu die FR weiter: „Die Gewinnmargen seien bei letzterem schlicht höher. Deshalb hätten die Aussteller die Erweiterung der Messe auf Militärtechnik gewünscht. Und der Bereich soll weiter ausgebaut werden.“ In ihrem Programm kündigt die airtec als Höhepunkt einen Flugwettbewerb für Drohnen unter dem Motto „Bodennahe Aufklärung in urbanem Gelände“ an.

Die Idsteiner Gruppe engagiert sich seit vielen Jahren gegen Rüstungsexport. Einige von ihnen denken sofort daran, dass es zu Beginn der achtziger Jahre gelang, als Teil eines breiten Bündnisses die Military Electronic and Defense Exhibition (M.E.D.E.) aus der Rhein Main Halle in Wiesbaden dauerhaft zu vertreiben – damals durch eine mehrtägige gewaltfreie Aktion, begleitet von umfangreicher Öffentlichkeitsarbeit. Die Kürze der Zeit zwischen dem Zeitungsartikel und dem Beginn der Messe am 26.10.2007 ließ an Vergleichbares nicht denken.

Ziel des ersten Protestes 2007 war es, die Öffentlichkeit weiter darüber zu informieren, was auf einem Gelände präsentiert wird, das anteilsmäßig zu 60% der Stadt Frankfurt und zu 40% dem Land Hessen gehört. „Mords-Geschäfte auf der Frankfurter Messe“ titelte das Flugblatt, mit dem gegen die Zurschaustellung von Kriegsgerät auf der Messe protestiert wird, insbesondere gegen Drohnen, die die Möglichkeit sauberer Kriege suggerieren. Zum Messebeginn hielt die Pax Christi-Gruppe zusammen mit einigen „Ordensleuten für den Frieden“ eine Mahnwache auf der Verkehrsinsel vor dem Haupteingang der Messe. Besondere Aufmerksamkeit der Presse erregten zwölf aufsteigende weiße Tauben, Friedenssymbole, die sonst im Rahmen von Hochzeiten eingesetzt werden. Sie schafften es am folgenden Tag auf die Titelseite der Frankfurter Rundschau.

Parallel zur Vorbereitung der Proteste vor der Messe haben wir versucht, über die Stadtverordnetenversammlung Einfluss auf die Stadt Frankfurt als Anteilseignerin zu nehmen, damit die Geschäftsführung in Zukunft keine Präsentation von Rüstungsgütern mehr gestattet. Diese Forderung machte sich die Fraktion der Flughafenausbaugegner mit einem Antrag zu eigen, der im Wirtschaftsausschuss allerdings keine Mehrheit fand. Bemerkenswert war die Stellungnahme der grünen Stadtverordneten, Ulrike Gauderer, Rüstungsgüter könne man doch zeigen, wenn man sie schon produziert habe. Im Weiteren haben wir die damalige Oberbürgermeisterin, Petra Roth, und den hessischen Minister Alois Rhiel als Vertreter/in der Anteilseigner um ein Gespräch gebeten. Beide lehnten ab, wobei der Minister sich eindeutig für militärische Einsätze und entsprechende Ausstattung der Truppen aussprach.

Angesichts der kurzen Vorbereitungszeit und der bescheidenen Mahnwache vor der Messe war das Presseecho ausgesprochen positiv. Wir beschlossen den Protest zu verstärken und ein Bündnis aufzubauen. Dazu kamen in den nächsten Jahren

 

Bis 2011 führten wir die Mahnwache zur Eröffnung der airtec auf der Verkehrsinsel vor dem Haupteingang durch, mit steigender Beteiligung. Ein professionell gestalteter Flyer mit leicht verfremdetem airtec-Logo wird von den Passant/innen gerne angenommen. Große Transparente („Rüstungsmesse: Nicht in Frankfurt!“, „Bücher statt Rüstung“) nehmen vor allem passierende Autofahrer/innen wahr. Ein weiterer Blickfang ist ein riesengroßes, silbriges Drohnenmodell. Inhaltlich beziehen wir uns auf die Verantwortung Frankfurts als Stadt, in der der Friedenspreis des deutschen Buchhandels vergeben wird und mit einer Bürgermeisterin, die zu den „Mayors for Peace“ gehört. Während zu Beginn unserer Aktionen das Thema „Drohnen“ relativ unbekannt war, müssen wir zunehmend Bezug auf Berichte von Drohneneinsätzen mit hohen Zahlen von Toten und Verletzten nehmen. „Ich habe Verwandte in Afghanistan durch Drohnen verloren. Bisher hat das niemand interessiert. Und jetzt steht ihr hier und protestiert dagegen“, sagt eine Passantin, kann nicht weitersprechen und geht vorbei. Die Namen von Opfern, soweit uns zugänglich, und die Umstände ihres Todes, sind bei jeder Mahnwache auf großen Tafeln präsent. Das Thema „Extralegale Hinrichtungen“ empört auch Menschen, die sich nicht zur Friedensbewegung zählen. Auch im Programm der airtec ändert sich etwas. Ein unbefangen angekündigter Flugwettbewerb von Drohnen findet sich nicht mehr im Programm, die Vorträge sind weniger an Berichten vom praktischen Einsatz von Drohnen als an technischen Komponenten orientiert. Das Interesse der Presse wächst. Wir bekommen zunehmend Interviewanfragen. Pressevertreter/innen befragen Aussteller nach der militärischen Verwendung Ihrer Produkte und der eigenen Verantwortung für das, was diesem geschieht.

Wir führen die Versuche fort, Einfluss auf die Stadt Frankfurt zu nehmen. Ein Gespräch mit dem Referenten des neuen Oberbürgermeisters Feldmann zeigt uns neue Wege auf. Nach den Wahlen 2013 werden wir uns erneut an alle Stadtverordneten wenden, mit der Bitte um einen Gesprächstermin in den Fraktionen. Außerdem werden wir eine Berichtsanfrage an den Bürgermeister direkt richten, sich über die auf der airtec präsentierten Güter sachkundig zu machen und eine Position dazu zu finden.

2012 verlagerten wir den Protest auf einen der belebtesten Plätze Frankfurts, an die Hauptwache, vor der Katharinenkirche, diesmal mit 60 Teilnehmer/innen. Motto: „Der Krieg beginnt hier!“ Wir lassen wieder Tauben steigen, und hunderte selbstgebastelte Papierflieger mit unserem Protest gegen Drohnen segeln vom Kirchturm auf den Platz. Wir werden von wesentlich mehr Menschen wahrgenommen als vor dem Messegelände, das Echo ist überwiegend positiv. Es ist nicht einfach, die Wirksamkeit unserer Aktionen zu beurteilen. Sicherlich ist es gelungen, Öffentlichkeit herzustellen und die Drohnen von einem Wirtschaftsgut zu dem Skandal zu machen, der sie sind. Damit sind wir ein kleiner Teil der wachsenden internationalen Bewegungen und Kampagnen, die sich gegen Drohnen engagieren. Sicherlich würde es auffallen, wenn wir nicht mehr protestierten.

Zu den diesjährigen Protesten:

Am 4.11., dem Vortag der diesjährigen airtec 2013, findet wieder Protest gegen bewaffnete Drohnen und Überwachungsdrohnen statt:

Mahnwache vor der Katharinenkirche/Hauptwache, Frankfurt am Main, 15.30 – 16.30 Uhr. Posaunenklänge begleiten die Erinnerung an die Drohnenopfer, große Papierflieger starten, vom Turm der Katharinenkirche steigen weiße Tauben auf. An den Messetagen vom 5. – 7.11. von 8.45 – 9.15 Uhr werden an Besucher/innen vor dem Messegelände Protestflyer verteilt.

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