Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

IMI-Standpunkt 2013/014 - in: AUSDRUCK (April 2013)

Durchschaubares Wahlkampf-Manöver

Bundesregierung will weiterhin Kampf-Drohnen anschaffen!

Michael Haid (23.03.2013)

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Seit letzten Sommer ist es in aller Munde: Die Bundeswehr will Kampf-Drohnen anschaffen! Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sprach sich noch am 31.01.2013 im Bundestag für dieses Vorhaben aus, verteidigte es gegen Kritik im Parlament und kündigte an, dass eine Entscheidung hierüber in den kommenden Monaten zu erwarten sei. Spätestens seither ist eine öffentliche Debatte am kochen. Denn entgegen der Absichtserklärung der Bundesregierung ist die überwiegende Mehrheit der Öffentlichkeit gegen den Kauf von Kampf-Drohnen. In der ARD-Meinungsumfrage Deutschland-Trend vom Februar 2013 haben sich 65% der Befragten klar dagegen ausgesprochen. Zu Recht! Denn durch die Einführung dieser Waffe würde die Bundeswehr in die Lage versetzt werden, gezielte Tötungen ausführen zu können. Diese Praxis ist international höchst strittig. Der Strafrechtsprofessor Kai Ambos überschrieb unlängst seinen Gastbeitrag in der Süddeutschen Zeitung mit den Worten „Drohnen sind Terror“. Darin beschrieb er die verheerenden Folgen des US-Drohnen-Kriegs für die betroffene Bevölkerung auf der Grundlage internationaler Studien und bezeichnete die Drohnen-Einsätze als „evident menschenrechtswidrig“.[1]

Nun werde es voraussichtlich nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios vom 21.03.2013 vor der Bundestagswahl im kommenden September keine endgültige Entscheidung über die Beschaffung von bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr geben. Dafür gäbe es derzeit keine ministerielle Vorlage.[2] Der Grund für diese Annahme von Seiten der ARD ist Folgender: Laut Spiegel Online hätten einige ausgewählte Top-Politiker nach einem Briefing von de Maizière den Eindruck gewonnen, der Minister wolle das heikle Thema vertagen und die zu erwartende Diskussion aus dem Bundestagswahlkampf heraushalten. Ein nicht namentlich genannter Abgeordneter der Union wurde in beiden Berichten mit der deutlichen Aussage zitiert: „Das würde uns im Wahlkampf auf die Füße fallen“. Das Thema sei wegen der völkerrechtlichen Diskussion emotional zu stark besetzt.[3]

Auch wenn es nun so scheint, als ob vorerst kein Beschluss hierüber seitens der Bundesregierung gefällt wird, so muss dringend vor dem Irrtum gewarnt werden, dieses Thema sei entgültig vom Tisch. Sogar ganz im Gegenteil: Es handelt sich nach dem bisherigen Stand der verfügbaren Informationen um eine – wohl begründete – Annahme von Seiten der berichtenden Medien. Dies ist aber trotzdem keine offizielle Erklärung der Bundesregierung. Das Kabinett dürfte mutmaßlich den Zeitpunkt für ungünstig eingeschätzt haben und die Herbeiführung des Beschlusses aus Gründen der Wahlkampftaktik verschoben haben.

Eine Aufschiebung bedeutet aber keinesfalls eine Aufhebung. Dafür sprechen folgende Gründe: Der langfristige Plan der Bundesregierung zur Anschaffung von Kampf-Drohnen bleibt unangetastet. Danach wird eine bewaffnete Drohne aus europäischer Produktion angestrebt, die ab circa 2020 zur Verfügung stehen soll. Die hierfür seit Jahren laufenden Forschungs- und Entwicklungsbemühungen sind weiterhin in Gang. Erst im September 2012 haben Frankreich und Deutschland hierfür eine Absichtserklärung unterzeichnet. Nach einem Bericht des Handelsblatts könnte de Maizière bereits im April eine „wichtige Richtungsentscheidung“ treffen. Der Minister habe laut diesem Bericht bereits recht klar formuliert, dass er langfristig eine eigene europäische Drohne den bislang verfügbaren israelischen und US-amerikanischen Modellen (Heron TP, Predator und Reaper) vorziehe. Als mögliche Partner hierfür würden Frankreich, Italien und die Türkei gelten.[4] Als Überbrückungslösung bis zur Verfügbarkeit der europäischen Drohne, die unter der Bezeichnung Talarion bekannt ist, sollen Kampf-Drohnen aus den USA beschafft werden. Dabei dürfte es sich mutmaßlich um die seit langem vor allem in Afghanistan und in Pakistan eingesetzte Predator-Drohne handeln. Eine entsprechende Anfrage der Bundeswehr wurde an den US-Kongress bereits gestellt, der für die letztendliche Genehmigung zuständig ist. Eine Rücknahme dieser Anfrage ist nicht bekannt und wäre angesichts der obigen Ausführungen unverständlich.

Auch der erwähnte Beitrag von Spiegel Online, der sich auf ein Schreiben von Verteidigungsstaatssekretär Thomas Kossendey (CDU) von Mitte März beruft, betont das Festhalten des Bundesverteidigungsministeriums an der angeblichen Notwendigkeit von bewaffneten Drohnen. Das Schreiben konstatiere für die Bundeswehr in diesem Bereich eine „Fähigkeitslücke“, weshalb eine „Überbrückungslösung“ notwendig werde – mutmaßlich in Form der „Predator“-Drohne aus den USA.[5]

Aus alldem geht klar hervor, dass es sich um ein leicht zu durchschauendes Wahlkampf-Manöver der Bundesregierung handelt. Eine weitere Kritik an der Anschaffung von Kampf-Drohnen und an der Erforschung, Entwicklung und Verwendung von Drohnen im militärischen und zivilen Bereich ist nach wie vor unverzichtbar!

 

Anmerkungen

[1] Kai Ambos, Drohnen sind Terror, Süddeutsche Zeitung, 17.10.2012, S. 2.
[2] Vgl. Christian Thiels, Keine neuen Drohnen für die Bundeswehr, www.tagesschau.de, 21.03.2013.
[3] Vgl. Zweifel an Drohnen-Projekten wachsen, Spiegel Online, 21.03.2013.
[4] Vgl. Till Hoppe, Vorerst keine Kampfdrohnen. Die Koalition verschiebt den Kauf von bewaffneten Flugzeugen auf 2014, Handelsblatt, 20.03.2013, S. 10.
[5] Vgl. Zweifel an Drohnen-Projekten wachsen, Spiegel Online, 21.03.2013.

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