Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

IMI-Standpunkt 2005/019

Forum zum Dialog zwischen den Zivilgesellschaften und den Regierungsinstitutionen der EU und Mexiko

Was noch fehlt, um von "Dialog" zu sprechen - ein kritischer Bericht

Johannes Plotzki (03.03.2005)

Nach mehr als zweijähriger Pause fand vom 28.2. bis 1.3. 2005 in Mexiko-Stadt eine Neuauflage des „Forums zum Dialog zwischen den Zivilgesellschaften und den Regierungsinstitutionen Mexikos und der Europäischen Union“ statt.

Das mexikanische Außenministerium richtete das Zusammentreffen von Regierungsvertretern mit Repräsentanten der Zivilgesellschaft aus und stellte den Veranstaltungsort. Die Zahlen ließen hoffen: 333 vertretene NGOs aus insgesamt 25 Ländern und 50 vorher angemeldete Wortbeiträge seitens der Zivilgesellschaft. Die Repräsentanten der Zivilgesellschaft kamen aus dem wissenschaftlich-universitären Bereich, aus Industrie- und Unternehmenslobby, von sozialen Organisationen, wie Menschenrechtsgruppen, Freihandelskritikern und Gewerkschaften.

Der von den Veranstaltern vorher festgelegter Schwerpunkt war das sogenannte Globalabkommen, im Jahr 2000 als Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Mexiko in Kraft getreten, demnach bis 2007 die schrittweise Umsetzung der Zollfreiheit für alle gewerblichen Waren erfolgen soll.

Schon bei der feierlichen Eröffnung musste sich Präsident Vicente Fox vor versammeltem Publikum von seiner Vorrednerin, Norma Castañeda Bustamante, Vertreterin von DECA-Equipo Pueblo, einen Zusammenschluss von 30 sozialen Organisationen, sagen lassen, dass bis heute der gesamten euro-mexikanischen Kooperation verbindliche Beschlüsse und vorhergehende Analysen hinsichtlich einer Nachhaltigkeit und Sozialverträglichkeit der Projekte fehle. Als Beispiel nannte sie das von der EU mit 15 Mio. Euro unterstützte „Projekt zur integrierten, sozialen und nachhaltigen Entwicklung in der Selva Lacandona“ des Entwicklungsministeriums in Chiapas, bei dem wegen mangelnder Konsultation und Einbeziehung der unterschiedlichen sozialen und politischen Gruppierungen eine Verletzung von internationalen Völkerrechtsklauseln, wie dem Artikel 169 der ILO stattfinde, und die Realität eines konfliktreichen Gebietes mit indigenen Gemeinden im Widerstand, bewaffneten paramilitärischen Gruppen und starker Militarisierung ignoriert werde.

Norma Castañeda forderte in ihrer Rede Präsident Fox auf, dem Druck seitens einiger Mitgliedsländer der Europäischen Union zur Öffnung oder Liberalisierung des Dienstleistungssektors, wie Wasser- und Stromversorgung standzuhalten. Die deutschen RWE bemühen sich beispielsweise gerade ein Bein in die Tür des noch vor einer Privatisierung stehenden mexikanischen Strommarktes zu bekommen.
Präsident Fox hieß in seiner Eröffnungsrede die Teilnehmenden willkommen, in einem „demokratischen Mexiko, dass die Menschenrechte respektiert“. Eine Sichtweise, die so u.a. vom aktuellen Amnesty International-Bericht zur Menschenrechtslage in Mexiko nicht geteilt wird.

In den anschließend eröffneten moderierten „Runden Tischen“ zu unterschiedlichen Aspekten der euro-mexikanischen Kooperation bekamen weitere VertreterInnen der Zivilgesellschaften jeweils 5 Minuten Zeit, ihre vorher eingereichten Redebeiträge vorzutragen. Die Aufteilung der einzelnen RednerInnen auf die insgesamt vier „Runden Tische“ hatten die Veranstalter vorgenommen und

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war absolut intransparent. In den am darauffolgenden Tag dem Gesamtplenum vorgestellten Zusammenfassungen der „Ergebnisse“ aus den „Runden Tischen“ hörten sich die Kritikpunkte enorm weichgespült und generalisiert an. Auch gaben die von einem Regierungsvertreter erstellten Zusammenfassungen nicht alle vorher geäußerten Kritikpunkte wieder.

Weil die gesamte Veranstaltung auf Monologe einiger vorher akkreditierter SpezialistInnen ausgerichtet war, kann von einem wirklichen Dialog nicht die Rede sein. Trotzdem gab es den Raum, in dem einige wichtige Themen wie beispielsweise die Einhaltung von Menschenrechten in den Kooperationsprojekten, die verstärkte Einbeziehung der gesamten Bandbreite zivilgesellschaftlicher Gruppen, und die Institutionalisierung des Dialoges zwischen Regierungsinstitutionen und Zivilgesellschaften über ein Forum hinaus, zumindest in einem offiziellen Rahmen von verschiedenen Seiten der Zivilgesellschaften immer wieder eingefordert werden. Der hauptsächliche Dialog fand, so wie meistens der Fall, auch bei diesem Forum, draußen in der Lobby oder in Hinterzimmern statt. Das Treffen eignete sich zudem, um Kontakte zu knüpfen oder aufzufrischen. Dass sie dafür nicht unbedingt die gestärkten Tischtücher während dem von der mexikanischen Regierung gestellten Mittagessen, sowie die unermüdlich arbeitenden Übersetzerinnen des Ministeriums für auswärtige Beziehungen bedürfen, war wohl allen sich Begegnenden bewusst. Was kann und müsste also aus einem Forum dieser Art erfolgen, wenn es sich nicht um eine reine Beruhigungs- und Kooptionsveranstaltung seitens der Regierungen handeln soll?

Um die verbindliche Fortführung eines Dialoges zwischen Zivilgesellschaften und Regierungsinstitutionen zu erreichen, und damit die Glaubwürdigkeit solcher Veranstaltungen zu erhalten, müsste beispielsweise nur der bereits beim letzten Forum vor zweieinhalb Jahren gemachte Vorschlag des freihandelskritischen Netzwerkes Mexikos RMALC und seinem Partner in Europa, der Initiative von Kopenhagen für Zentralamerika und Europa, CIFCA, in die Tat umgesetzt werden:

Zum einen die Errichtung eines „gemischten Konsultations-Komitees“, das wie ein politisches Organ der Zivilgesellschaften Europas und Mexikos im Gemeinsamen Rat agiert, dem höchsten Gremium in den euro-mexikanischen Beziehungen. Und zum zweiten die Einrichtung eines Organes zum „Social-Monitoring“, welches die sozialen Komponenten des Globalabkommens evaluiert, um Vorschläge für alternative Politiken formulieren zu können.

Die Umsetzung der Vorschläge aus den euro-mexikanischen Zivilgesellschaften wäre nicht nur die sinnvolle und institutionalisierte Fortführung eines alle zwei Jahre stattfindenden Dialogforums, sondern letztendlich auch die Umsetzung der selbst auferlegten Regeln. Der bisher wenig beachtete, jedoch gleich zu Anfang des Globalabkommens stehende Artikel 1 besagt: „Durch den Respekt für demokratische Prinzipien und die in der Universellen Menschenrechtserklärung festgeschriebenen Menschenrechte, unterstreichen beide Vertragspartner ihre politischen Bestrebungen und die wesentlichen Elemente dieses Abkommens.“

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