Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

Pressebericht - in: Zeitschriftenschau 06/2004, S. 10

Vom vergessenen Kontinent zum Objekt der Begierde

Besprechung des Artikels Afrika im Fadenkreuz

Pressebericht / Erich Reiter (01.07.2004)

Der Originalartikel findet sich unter http://www.bmlv.gv.at/pdf_pool/publikationen/12_zs_604_6.pdf

Der deutsche Politologe Jürgen Wagner beschäftigt sich mit den Gründen, warum Afrika in letzter Zeit stärker ins amerikanische Interesse gelangt ist. Er bezieht sich insbesondere auf den Pentagon-Berater Thomas P. Barnett beziehungsweise dessen Analysen und strategische Zielsetzungen. Die in Afrika zu beobachtende Konfliktkonstellation sei prototypisch für sicherheitsrelevante Probleme der Globalisierung, die künftig den frühzeitigen Einsatz amerikanischer Truppen erfordern werden. Barnett habe quasi eine Blaupause für die gegenwärtigen Bemühungen der US-Administration entwickelt, die neoliberale Globalisierung mit der Globalisierung des amerikanischen Interventionismus zu koppeln und zu diesem Zweck die Streitkräfte umzustrukturieren.

Die strategische Bedeutung ölreicher Gebiete wird im Hinblick auf den zunehmenden amerikanischen Erdöl-Importbedarf hervorgehoben. Bei den Erdölvorräten in Westafrika kommt der Umstand hinzu, dass die Transportwege nach Amerika kürzer und leichter zu sichern sind. Wagner sieht als amerikanische Zielsetzung auch prinzipiell eine Schwächung der OPEC, deren Länder den Löwenanteil der verbleibenden Weltölreserven (jedenfalls hinsichtlich der Exporte) besitzen und einen immer stärkeren Einfluss auf den Weltölmarkt haben. Berichte, wonach das Pentagon beabsichtige, zahlreiche Militärbasen in Westafrika zu errichten, unterstützen diese Vermutung.

Ganz allgemein aber gilt der Faktor, dass die große Anzahl gescheiterter Staaten in Afrika und die dort herrschende Armut eine Brutstätte des Terrorismus und ein potenzielles Rückzugsgebiet für die Al-Quaida darstellt. Afrika birgt zweifelsohne zahlreiche Konfliktpotenziale, die eine Bedrohung für die Stabilität der Region und damit aber auch für die Ölinteressen der USA darstellen.

Dazu kommt, dass die Staaten, die sich nicht in das Schema der neoliberalen Globalisierung einpassen lassen, nach US-Vorstellungen offen

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bar zur Raison gebracht werden müssen. Wer die Globalisierung bekämpft und seine Regeln zurückweist, ruft die USA und ihr Militär quasi als „Systemadministrator“ auf den Plan. Nach der neoliberalen Grundformel Demokratie und freie Märkte – beziehungsweise durch die Thesen eines Barnett und anderer darauf reduziert – haben die USA ihre Vorstellungen der neoliberalen Weltwirtschaftsordnung durchzusetzen und abzusichern. Das ist insbesondere auch eine Aufgabe des Militärs und bringt eine neue Stützpunktpolitik mit sich.

Heftige Kritik gibt es an den Hilfsprogrammen der USA für Afrika. Sie sind deshalb problematisch, weil sie an die Umsetzung der liberalen Politik wie etwa die Privatisierung von Staatseigentum und die Abschaffung staatlicher Subventionen und fester Preise sowie an politisches Wohlverhalten geknüpft sind. Gerade in den Bereichen der amerikanischen (und europäischen) Schutzzölle für Agrar- und Textilprodukte wären die Afrikaner durchaus konkurrenzfähig, sind aber eben durch die Politik der USA – und Europas! – ausgeschaltet. Ein wesentlicher Risikofaktor stellt für Wagner die Armut dar, die die Eskalation von Konflikten vorantreibt. Die neoliberalen Spielregeln der Globalisierung, die ja eine Ausbeutung der Dritten Welt durch die Industriestaaten darstellen, sind kein Mittel der Armutsbekämpfung, sondern das Gegenteil. So kommt Wagner zum Schluss, dass Washington zur Bekämpfung der tatsächlichen Konfliktursachen, nämlich der Armut, unfähig oder unwillig ist. Die Überlegung Barnetts und anderer, dass die Weigerung, den Spielregeln neoliberaler Globalisierung zu gehorchen, die Ursache für das Scheitern von Staaten und das Anwachsen des Terrorismus bedeutet, sieht er als eine Verdrehung der tatsächlichen Situation. Deshalb müsse endlich die Verteilungsfrage auf die Weltagenda gesetzt werden.

Jürgen Wagner: Afrika im Fadenkreuz Vom vergessenen Kontinent zum Objekt der Begierde Blätter für deutsche und internationale Politik, Jg. 49, Heft 6 (Juni 2004), S. 703 – 711

Erich Reiter

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