Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

IMI-Analyse 2002/072

Krieg mit und gegen die UNO

Die USA werden Bagdad angreifen, unabhängig davon ob UNO-Inspektionen zustande kommen oder nicht - Was ist dran an den Beschuldigungen der US-Regierung gegen den Irak?

Jürgen Wagner (18.09.2002)

http://imi-online.de/download/IMI-Analyse-KrieggegenUNO.pdf

A. Das Szenario

Am 12. September 2002 stellte US-Präsident George W. Bush vor der UN-Vollversammlung sowohl dem Irak, als auch der UNO ein Ultimatum, entweder Washingtons Haltung in der Irakfrage entgegenzukommen oder anderenfalls angegriffen, respektive umgangen zu werden. Angeblich stelle der irakische Diktator Saddam Hussein eine Bedrohung für die USA und die ganze Welt dar, weshalb in den Worten Bushs „Aktionen dringend erforderlich“ seien.

Nachdem nun sowohl die UNO, als auch der Irak den Vorgaben der US-Regierung entsprachen, indem man sich auf die bedingungslose Rückkehr der Waffeninspekteure einigte, sehen viele die Kriegsgefahr als gebannt. Mit dieser Vereinbarung wurden nahezu alle Forderungen Washingtons erfüllt, weshalb der irakische Vize-Ministerpräsident Tarik Aziz angab, nun seien „all die Gründe für einen Angriff beseitigt worden.“

Leider wird sich die US-Regierung hierdurch von ihren Angriffsplänen kaum abhalten lassen. Denn die offiziellen Kriegsgründe spiegeln nicht die eigentlichen Interessen der US-Regierung wieder. Ziel ist weiterhin die Ölvorkommen des Landes, sowie – über eine verstärkte Truppenpräsenz am Golf – die Region zu kontrollieren. Die Weigerung der US-Regierung, im Austausch für das Inspektionsregime Bagdad eine Nicht-Angriffsgarantie zu geben, ist hier geradezu entlarvend.

Ein genauer Blick auf die angeblichen Gründe, weshalb der Irak angegriffen werden müsse, zeigt, dass darin kaum die Ursachen für Washingtons Angriffspläne liegen können. Demzufolge wird die USA ungeachtet der UNO-Inspektionen weiterhin auf ihr eigentliches Ziel – Regimewechsel – beharren, was auch durch Aussagen zahlreicher US-Regierungsoffiziellen belegt wird.

B. Die offizielle „Kriegsgründe“ Washingtons

Im wesentlichen nannte George Bush vier Gründe, die einen Angriff auf den Irak notwendig machen würden:

1. Der Irak unterstütze terroristische Organisationen
2. Der Irak verfüge über Massenvernichtungsmittel und sei auch weiterhin daran interessiert solche zu erwerben
3. Der irakische Diktator sei grundsätzlich aggressiv, was den Schluss nahe lege, dass er seine Nachbarn angreifen könnte. Zusätzlich sei es aufgrund seines irrationalen und grausamen Charakters nicht auszuschließen, dass er die USA oder Verbündete mit Massenvernichtungsmittel angreife.
4. Es sei angesichts der Anschläge des 11. September eine nicht mehr tolerierbare Gefahr, dass Saddam Hussein seine Massenvernichtungsmittel an eine terroristische Organisation weitergebe, die mit ihnen den Vereinigten Staaten „katastrophale Schäden“ (Bush) zufügen könnten.

Was ist an diesen Beschuldigungen dran?

· 1. Irak und die Unterstützung terroristischer Organisationen

Fast krampfhaft wurde versucht, eine direkte Tatbeteiligung des Iraks an den Anschlägen des 11. Septembers zu konstruieren. Allerdings stellte sich ein angebliches Treffen zwischen Mohammed Atta – dem mutmaßlichen Kopf der Attentäter – und einem irakischen Geheimdienstmitarbeiter in Prag ebenso als nichtig heraus, wie die von Pentagon-Berater Richard Perle erhobenen Vorwürfe, Saddam Hussein habe sich mehrmals direkt mit Atta getroffen. Nachdem auch der Vorwurf, der Irak sei Urheber der Anthrax-Briefe, unhaltbar geworden waren, gingen Teile der US-Regierung dazu über, eine allgemeine Verbindung zwischen El Kaida und dem Irak zu konstruieren. So etwa die Sicherheitsbereaterin Condolezza Rice am 16. September: „Irak hat ganz klar Verbindungen zum Terrorismus, darunter auch El Kaida“, sagte US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice dem US-Fernsehsender Fox. El-Kaida-Mitglieder seien in Bagdad wiederholt gesehen worden. Aussenminister Colin Powell war noch am Tag zuvor anders zu vernehmen gewesen: „Wir haben keine Lunte, die den Irak mit den Anschlägen vom 11. September in Verbindung bringt“.

Schlußendlich wurde Hussein ganz allgemein der Unterstützung terroristischer Organisationen beschuldigt. Allerdings muss hierzu angemerkt werden, dass zwar vom Irak mehrere kleinere Gruppen unterstützt werden, allerdings keine von diesen in den USA ein Angriffsziel sieht. Der Grad einer Verwicklung des irakischen Regimes in den internationalen Terrorismus liegt somit deutlich unter dem zahlreicher anderer Staaten.

Dies ist auch der US-Regierung klar geworden, weshalb dieser Kriegsgrund inzwischen mehr oder weniger fallengelassen wurde. Interessant ist hierbei noch zu erwähnen, dass das von der US-Regierung zur Bush-Rede herausgebrachte Beweispapier, „A Decade of Deception and Defiance“ zwar in der Inhaltsangabe eine irakische Unterstützung des Terrorismus als Kapitel ausweist, man dieses aber im Haupttext dann vergeblich sucht.

So soll nun der Irak ohne eine Tatbeteiligung an den Anschlägen des 11. September angegriffen werden. Der ehemalige nationale Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski betont deshalb auch, die Argumente, die für einen Angriff auf den Irak sprechen, „können nicht aus dem legalistischen Grund ignoriert werden, dass ‚Beweise‘ für eine Verwicklung des Irak in die Anschläge des 11. September nicht vorliegen.“ Laut US-Regierung hängen diese Argumente direkt mit dem irakischen Interesse an Massenvernichtungsmitteln zusammen.

· 2. Der Irak verfüge über Massenvernichtungsmittel

US-Präsident George W. Bush stellte klar, er sei der Überzeugung, der Irak verfüge bereits über erhebliche Mengen an Massenvernichtungsmitteln. Allerdings lieferte er für diese Anschuldigung keine Beweise. Auch im Fact Sheet „A Decade of Deception and Defiance“ lassen sich solche nicht finden.

Im Gegenteil: Alles was bisher als Beweis vorgebracht wurde, erwies sich untauglich. So berief sich die US-Regierung auf einen Bericht der internationalen Atomenergiebehörde (IAEO), der beweise, dass der Irak an einem Nuklearprogramm arbeite. Das Dementi eben jener Organisation folgte aber auf dem Fuße, ein solcher Bericht existiere überhaupt nicht.

Als Gegenzeuge fungiert derzeit der überzeugte Republikaner und ehemalige Chef der UNO-Waffeninspekteure im Irak, Scott Ritter, der bestreitet, dass der Irak über Massenvernichtungsmittel verfügt. „Der Irak stellt keine Gefahr für die USA oder die Welt dar,“ betont Ritter. So ist es zumindest fraglich, ob der Irak über chemische beziehungsweise biologische Kampfstoffe verfügt – Atomwaffen besitzt er nicht.

Trotzdem lässt sich sicherlich ein irakisches Interesse an diesen Waffen schwer leugnen. Die Bush-Administration schlug Alarm – sich auf einen Bericht des International Institute for Strategic Studies (IISS) beziehend, der dies im übrigen gar nicht so aussagte -, der Irak könne innerhalb eines Jahres an Atomwaffen gelangen. Selbst ein Regierungsmitglied hielt dem entgegen, das sei zwar richtig, aber nur, „wenn man ihnen alles liefert außer dem Zünder.“

Weder verfügt der Irak über das Know-How, noch über die Materialien, um Atomwaffen herstellen oder chemische bzw. biologische Kampfstoffe in großer Anzahl entwickeln zu können ? ganz zu schweigen von den notwendigen Trägersystemen.

Ein konsequentes Engagement für die Rüstungskontrolle würde es dem Irak auch in Zukunft nahezu unmöglich machen, an Massenvernichtungsmittel zu gelangen. Gerade die internationale Rüstungskontrolle wird aber von einem Staat der Welt massiv unterlaufen, den USA.

Die US-Regierung räumte jetzt ein, dass sie über keinerlei „schlagende Beweise“ verfüge, die sie dem US-Kongress vorlegen könne. „Wenn wir auf den schlagenden Beweis dafür warteten, wäre es zu spät“, sagte Rumsfeld.

· 3. Hussein sei grundsätzlich aggressiv und irrational; es drohten Angriffe auf Bagdads Nachbarn und die USA. Zusätzlich sei er jederzeit zum Einsatz seiner Massenvernichtungsmittel bereit

Als Beispiele für Husseins irrational aggressives Verhalten führte Bush vor allem den 1980 erfolgten irakischen Angriff auf den Iran, sowie die Besetzung Kuwaits 1990 an. Deshalb sei es sehr wahrscheinlich, dass der Irak neue Angriffe auf seine Nachbarn unternehmen werde.

Zwar ist jede kriegerische Handlung ein aggressiver Akt. Krieg als Fortsetzung der Politik ist jedoch nicht nur in Bagdad sondern auch in Washington und in Berlin salonfähig.

Den damaligen Auseinandersetzungen lagen klare Konflikte zugrunde. 1980 spielte die Furcht des säkularen irakischen Regimes vor der islamischen Revolution im Iran eine entscheidende Rolle – unter anderem wurde der Irak in diesem Krieg von den USA massiv unterstützt. Auch bei der Besetzung Kuwaits lag keine „irrationalen“ Handlungsweise vor. Es gab erhebliche Konflikte mit Kuwait, einerseits drehten sich die Streitereien um Grenzkonflikte und damit die Kontrolle ölreicher Gebiete, andererseits schädigte Kuwait durch das Unterlaufen der OPEC-Förderquoten massiv die ökonomischen Interessen des Iraks. Durch den achtjährigen Krieg gegen den Iran gingen Bagdad so dringend benötigte Mittel zur wirtschaftlichen Erholung verloren.

Allgemein bekannt ist inzwischen, dass die damalige US-Regierung Saddam Hussein grünes Licht für eine Besetzung Kuwaits gab. Seinerzeit erklärte die US-Botschafterin April Glaspie, die USA hätten keine Position zu innerarabischen Grenzkonflikten, würden sich also für den Fall einer irakischen Invasion Kuwaits neutral verhalten. Erst diese Ermutigung ließ den irakischen Diktator glauben, er handele mit der Billigung Washingtons. Im Nachhinein wurde klar, dass die Vereinigten Staaten hiermit eine Falle konstruiert hatten, um eine Legitimation für einen Angriff auf Bagdad zu erhalten und damit die nach dem Golfkrieg erfolgte und schon lang angestrebte dauerhafte Truppenpräsenz in der Region zu erlangen.

Gegen die These, ein Angriff auf die Nachbarn stelle eine unmittelbare und ständige Gefahr dar, spricht ebenfalls, dass der Irak durch das Embargo militärisch erheblich geschwächt und damit auch eine derzeit geringere Bedrohung für seine Nachbarn darstellt. (Indirekt gibt dies auch Washington zu, indem sie die militärische Schwäche des Irak als Grund dafür angeben, weshalb für einen Angriff deutlich weniger Soldaten benötigt würden als noch 1991). US-Admiral Wilson gibt hierzu an „Jahre der UN-Sanktionen, Embargos und Inspektionen, kombiniert mit US [?] Militäraktionen haben die militärischen Fähigkeiten des Iraks signifikant reduziert.“

Zusätzlich kam es in der jüngsten Zeit zu Annäherung des Iraks mit Kuwait (Gespräche über eine Beilegung der Grenzkonflikte), Saudi-Arabien (Überlegungen zur Einrichtung einer Freihandelszone) und sogar mit dem Iran (zuletzt im Januar geführte Annäherungsgespräche).

Das stärkste Argument gegen die Gefahr für die Nachbarn ist allerdings, dass eben diese Nachbarn, die angeblich bedroht sind und von den USA beschützt werden sollen, allesamt gegen den US-Krieg sind.

Es bleibt der Vorwurf, der Irak setze seine Massenvernichtungsmittel generell und in jeder Auseinandersetzung ein, was eine nicht tolerierbare Gefahr für die USA, vor allem aber auch für Israel sei. Hierfür führt Bush die ohne Zweifel grausamen Giftgasangriffe im Irankrieg und gegen die kurdischen Bevölkerung an.

Allerdings vergessen die Vereinigten Staaten dabei zu erwähnen, dass beide mit ihrer Billigung geschahen, Bagdad somit keine Vergeltung drohte. Kurz nach den Attacken gegen die Kurden unterschrieb die US-Regierung, anstatt diese Angriffe zu kritisieren, einen Vertrag über 1 Mrd.$ über den Bau einer Chemiewaffenfabrik und erlaubte erstmals den Export von Viruskulturen in den Irak.

Auch die Angriffe gegen iranische Soldaten geschah mit Wissen und expliziter Billigung der USA. Walter Lang, damals hoher Geheimdienstmitarbeiter gibt an: „Die irakische Anwendung von Gas auf dem Schlachtfeld, war keine Angelegenheit größerer strategischer Bedenken.“

Die Anwendung von Massenvernichtungsmittel geschah also mit Unterstützung der USA.

Bleibt der Vorwurf, da Hussein in Israel und inzwischen in den USA seine Hauptfeinde sieht, könnte seine bewiesene Bereitschaft, gefährliche Kampfstoffe einzusetzen, für beide Länder zu schrecklichen Verlusten führen.

Wenn sich allerdings der irakische Diktator in einer Sache als überaus rational handelnd erwiesen hat, dann darin, alles zu tun, um an der Macht zu bleiben. Im Gegenzug bedeutet dies auch Schritte nicht zu ergreifen, die zur eigenen Vernichtung führen werden. Angriffe auf Israel oder die USA wären mit Sicherheit gleichbedeutend mit der Vernichtung Husseins durch eines der beiden Länder.

Eben diese Überlegung hielt ihn bereits 1991 von einem solchen Schritt ab. Selbst Brzezinski merkt hierzu an: „Die häufig zitierte, im wesentlichen aber demagogische Formel, dass Saddam Hussein seine Massenvernichtungsmittel (Gas) gegen sein eigenes Volk benutzte, ignoriert die Tatsache, dass er solche Waffen 1991 weder gegen US-Truppen noch Israel, die beide die Fähigkeit zur Vergeltung besaßen, benutzte.“ Benjamin Netanyahu, 1998 zum Zeitpunkt der US-Angriffe auf den Irak israelischer Ministerpräsident, hat nun mitgeteilt, dass Saddam Hussein ihm vor vier Jahren eine Nicht-Angriffsgarantie gegeben habe.

Im Gegenzug lässt sich feststellen, dass die ständigen Interventionsdrohungen gegen Bagdad, für Hussein weiterhin eine Hauptmotivation darstellen, an Massenvernichtungsmittel zu gelangen, um sich vor solchen Angriffen zu schützen.

Ein Sachverständiger machte bei einer Anhörung vor dem US-Kongress deutlich, dass Hussein der festen Überzeugung sei, nur seine damals noch vorhandenen Massenvernichtungspotenziale hätten die USA 1991 von einer Invasion abgehalten. Er sieht also in der abschreckende Wirkung dieser Waffen, nicht deren offensivem Einsatz gegen die USA, deren eigentlichen Wert.

· 4. Eine mögliche Weitergabe von Massenvernichtungsmitteln an terroristische Gruppen

Die Anschläge des 11. September hätten allen vor Augen geführt, welche Gefahr von Terrorgruppen ausgehe, falls diese über Massenvernichtungsmitteln verfügen. Aufgrund seiner Bereitschaft, den Vereinigten Staaten Schaden zuzufügen und seine Kampfstoffe an Terrorgruppen weiterzugeben, stelle der Irak eine nicht mehr tolerierbare Gefahr für die Sicherheit der Vereinigten Staaten dar, so die Anklage der US-Regierung. Bush formulierte dies am 12. September folgendermaßen: „Mit jedem Schritt, den das irakische Regime zur Beschaffung und zum Einsatz der schrecklichsten aller Waffen unternimmt, verringern sich unsere Optionen, diesem Regime entgegenzutreten. Sollte ein ermutigtes Regime diese Waffen verbündeten Terroristen zur Verfügung stellen, wären die Anschläge des 11. September nur der Auftakt für weit größere Gräueltaten.“ Ähnliches war auch von Vizepräsident Dick Cheney zu vernehmen: „Alte Sicherheitsdoktrinen gelten nicht mehr. Eindämmung ist nicht möglich, wenn Diktatoren Massenvernichtungsmittel erwerben und bereit sind diese mit Terroristen zu teilen, die beabsichtigen den Vereinigten Staaten katastrophale Verluste zuzufügen.“

Dies stellt das zentrale Legitimationskonstrukt der US-Regierung dar. Angriffe auf den Irak, ohne vorhergehende Aggression würden sich aus dem Grund legitimieren, da man nur so Attacken von über Massenvernichtungsmittel verfügenden Terroristen verhindern könne. Dies legitimiere, so Bush in seiner Junirede in West Point, auch das Führen von Präventivkriegen – von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld als „defensive Interventionen“ bezeichnet.

Der bloße Versuch an Massenvernichtungsmittel zu gelangen, so die US-Argumentation, stellt in der Welt nach dem 11. September eine so große Gefahr dar, dass dies auch Präventivangriffe rechtfertigt, wie US-Senator John McCain versichert: „Diktatoren, die […] Massenvernichtungs-Waffen bauen, sind unterrichtet, dass ein solches Verhalten, schon für sich selbst, ein Kriegsgrund ist.“

Allerdings halten nicht einmal die US-Geheimdienste dieses Szenario für plausibel, wie ein Zitat aus der International Herald Tribune (IHT) belegt: „Die CIA hat keine Beweise, dass der Irak innerhalb fast eines Jahrzehntes in terroristische Operationen gegen die USA verwickelt war und die Spionageagentur ist ebenfalls davon überzeugt, dass Hussein keine chemischen oder biologischen Waffen an Al-Qaida oder ähnliche terroristische Gruppen geliefert hat.“

Wie oben erwähnt, verfügt der Irak ohnehin über keine Kontakte zu Terrorgruppen, die die USA zum Ziel haben. Zudem ist es sehr wahrscheinlich, dass die US-Geheimdienste eine Weitergabe bemerken würden. Saddam Hussein wird wohl kaum durch solche Handlungen den Vereinigten Staaten den krampfhaft gesuchten Grund liefern, ihn zu stürzen.

C. Der Krieg ist beschlossen ? unabhängig von den Inspektionen

Etwaige Versuche des Iraks, gefährliche Kampfstoffe an Terroristen weiterzugeben scheiden somit als eigentlicher Kriegsgrund aus. So wird klar, dass es nicht um die irakischen Versuche geht, an Massenvernichtungsmittel zu gelangen. Wenn dies tatsächlich der Fall wäre, hätte die Installation eines UN-Inspektionsregime absolute Priorität.

Dies ist aber für die US-Regierung eindeutig nicht der Fall. Ankündigungen, die Schwelle so hoch zu legen, dass der Irak kaum einwilligen kann, bestätigen dies ebenso, wie Aussagen, die jetzt erfolgte Einwilligung des Iraks in ein erneutes Kontrollregime stelle eine Art Super-GAU dar. Peter Rudolf von der Stiftung Wissenschaft und Politik meint hierzu: „Der Forderung nach neuen Rüstungskontrollinspektionen lag innerhalb der Administration die Einschätzung zugrunde, das Risiko sei gering, dass Saddam Hussein nachgeben werde. Trifft die Einschätzung eines nicht namentlich genannten ‚außenpolitischen Top-Beraters im Senat‘ zu, dann ist ein mögliches Eingehen der irakischen Führung auf die Bedingungen eine der großen Sorgen im Weißen Haus. […] Doch selbst wenn der Irak die striktesten Bedingungen erfüllen sollte ? bei der Durchführung der Inspektionen wären gewiss irakische Blockaden zu erwarten. Ein ‚hoher Regierungsoffizieller‘ drückte diese Hoffnung so aus: ’selbst wenn Inspektoren hineingehen, das erste Mal, wenn sie ausgeschlossen werden, dass ist alle Rechtfertigung [für einen Krieg] die wir benötigen.'“

Falls es nicht gelingt, die Forderungen so hoch zu schrauben, dass Hussein die Inspektoren ausschließt, ist zu erwarten, dass Washington einen Zwischenfall provozieren oder inszenieren wird, der dann die Legitimation zum Angriff – nun unter UNO-Mandat – geben soll.

John Bolton, Staatssekretär für Rüstungskontrolle und internationale Sicherheit im US-Außenministerium, stellt die Ziele der US-Regierung klar: „Unsere Politik […] drängt auf einen Regimewechsel in Bagdad und diese Politik wird nicht geändert werden, ob Inspektoren hineingehen oder nicht.“

Ähnliche Aussagen von Außenminister Colin Powell und Dick Cheney machen klar, dass es sich bei den derzeitigen Verhandlungen nur um ein taktisches Manöver der US-Regierung handelt, um die UNO an Bord zu bekommen und sich somit internationale Legitimität für ihren Angriffskrieg zu verschaffen.

http://imi-online.de/download/IMI-Analyse-KrieggegenUNO.pdf

------------

Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de