Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

Töten auf Probe – die neue Linie beim Kriegswaffenexport?

Tobias Pflüger und Eren Dogan (31.12.1999)

Der Bundessicherheitsrat hat eine Exportgenehmigung für einen Kampfpanzer Leopard 2 A5 an die Türkei erteilt. Der deutsche Kampfpanzer Leopard 2A5 wird der Türkei „probeweise“ überlassen. Die Türkei plant 1.000 Kampfpanzer im Wert von ca. 6 Milliarden DM im Jahr 2001anzuschaffen. Mit der jetzt erteilten Exportgenehmigung will Deutschland mit im Spiel bleiben bei der Vergabe dieses Großauftrags, Mitbewerber sind Firmen aus den USA, Frankreich, Italien und Rußland.

Ein Antrag auf sofortige Lieferung von Einzelteilen von Haubitzen in Höhe von 250 Millionen DM wurde vom Bundessicherheitsrat abgelehnt. Tobias Pflüger und Eren Dogan von der Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V., Tübingen kritisieren den Export des „Probepanzers“. „Das türkische Militär führt im Bereich Kurdistan einen Krieg gegen die kurdische Zivilbevölkerung und die PKK, früher kritisierten die Grünen Waffenexporte an die Türkei mit dem Hinweis, daß dies Beihilfe zum Völkermord ist, heute bereiten sie selbst Großaufträge von Kriegswaffen an die Türkei mit vor“, so Tobias Pflüger. Er fragt weiter: „Töten auf Probe, ist das die neue Linie der rot-grünen Bundesregierung beim Kriegswaffenexport?“ Selbst die neu aufgestellten Richtlinien für den Kriegswaffenexport, bei denen neuerdings auch die Menschenrechtslage im Empfängerland berücksichtigt werden sollte, werden hier ignoriert. „Wieder einmal: Kontinuität in der Außen- und Militärpolitik.“

Dem Bundessicherheitsrat gehören Vertreter folgender Minister an: Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Bundesminister des Innern, Bundesminister der Verteidigung, Bundesministerin der Justiz, Bundesminister der Finanzen, Bundesminister des Auswärtigen und neu seit der rot-grünen Regierung die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Die IMI-Vertreter zeigten sich insbesondere von der Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul und der Justizministerin Herta Däubler-Gmelin enttäuscht.

Die Bundesregierung teilte weiterhin mit, daß es „keinerlei Hinweise gibt, daß der NATO-Partner Türkei die deutschen Leopard 1 Panzer, von denen er kanpp 400 besitzt, jemals gegen die Kurden eingesetzt habe. Friedens- und Menschenrechtsgruppen haben in den letzten Jahren immer wieder aufgeziegt, daß auch mit deutschen Waffen kurdische Gebiete angegriffen wurden.

Die Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. fordert die Bundesregierung auf, die militärische Unterstützung des NATO-Partners Türkei sofort zu unterlassen. In der Türkei wird nach wie vor gefoltert und es werden systematisch Menschenrechte verletzt.

Die heuchlerische Doppelmoral dieser Bundesregierung beim Thema Menschenrechte wird am Beispiel Türkei besonders deutlich. Dem NATO-Südflankenstaat Türkei werden Menschenrechtsverletzungen verziehen, einen anderen Staat (Jugoslawien) hat die NATO mit Begründungen die auf die Türkei ebenfalls passen würden, große Teile der Wirtschaftsinfrastruktur zerstört. Die angeblichen „Luftschläge für Menschenrechte“ gegen Jugoslawien haben sich ja, wie inzwischen auch in der wissenschaftlichen und politischen Diskussion bestätigt, als Krieg gegen die Zivilbevölkerung, gegen die Infrastruktur in Jugoslawien und zur Etablierung der neuen Interventions-NATO erwiesen.

Der „Probepanzer“ Leopard 2 A5 wird von der Firma Krauss Maffei Wegmann GmbH & Co. KG (KMV) in München und Kassel (die seit Anfang 1999 aus der Fusion von Krauss Maffei und Wegmann entstanden ist) gefertigt. Der Leopard 2 A5 ist auf dem aktuellsten Kriegswaffenstand und ist insbesondere für Einsätze im Rahmen der Krisenreaktionskräfte (KRK) „kampfwertgesteigert“ worden. Besondere Merkmale des Kampfpanzers sind Munition (42 Geschützladungen und 8.500 Schuß MG-Munition), Nebelwerfer und Wärmebildgerät an Bord.

Sollten diese Panzer 2001 tatsächlich an die Türkei geliefert werden, kann dort noch effektiver Krieg geführt werden. Wir rufen als Informationsstelle Militarisierung dazu auf, auf die genannten Ministerinnen und Minister politisch Druck auszuüben, daß sie später im Jahr 2001 einen möglichen Export von 1.000 dieser Kriegswaffengeräte nicht genehmigen.

Für die Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.: Tobias Pflüger und Eren Dogan

------------

Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de