IMI-Aktuell 2021/240

Ad-hoc-Kriege: Plädoyer

von: 3. Mai 2021

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In einem verhängnisvollen Urteil aus dem Jahr 1994 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, Militäreinsätze der Bundeswehr seien mit dem Grundgesetzt trotz der dort enthaltenen Bindung an die Verteidigung vereinbar, solange sie im Rahmen eines kollektiven Sicherheitssystems erfolgen würde. Wenigstens wurden solche Einsätze noch von der Zustimmung des Bundestages abhängig gemacht, weshalb seither permanent versucht wird, die diesbezüglichen Befugnisse des Parlamentes immer weit zu beschneiden (siehe IMI-Analyse 2015/23). Und auch der Begriff des „Kollektiven Sicherheitssystems“ wurde immer weiter strapaziert – zuerst war damit nur die UNO gemeint, dann auch die NATO und schließlich auch die EU.

Mit Ad-hoc-Koalitionen tut man sich aber bislang noch schwer, auch wenn sich argumentieren ließe, beim Bundeswehr-Einsatz zur Bekämpfung des Islamischen Staates handele sich um einen solchen. Hier setzt nun Jana Puglierin vom European Council on Foreign Relations an. In der renommierten Internationalen Politik an, wo sie dafür plädiert, auch noch Ad-hoc-Einsätze in das Portfolio aufzunehmen: „Anders als in Frankreich tut man sich in Deutschland mit dem vermehrten Rückgriff auf flexible Koalitionen der Willigen außerhalb der Vereinten Nationen, der NATO oder der EU schwer. Die enge Einbindung in alle drei Institutionen gehört zum Markenkern deutscher Außenpolitik. […] Die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit eines Auslandseinsatzes der Bundeswehr und der Rahmen, in dem dieser stattfindet, sollten auf Basis deutscher Interessen und Werte diskutiert werden. Das Grundgesetz bietet größere Flexibilität, als dies der reflexhafte Rückzug auf Artikel 24 Absatz 2 GG vermuten lässt. Der deutsche Ansatz, die französischen Initiativen in der Straße von Hormus oder die Anti-Terror-Mission in der Sahel-Zone zwar politisch zu unterstützen, aber sich dann militärisch nicht zu beteiligen, lässt sich jedenfalls allein mit Verweis auf die „Koalitionen der Willigen“ nicht länger aufrechterhalten.“ (jw)