IMI-Standpunkt 2020/029

Türkei: Eskalation durch Repression gegen HDP und Bomben im Irak

Bundesregierung muss endlich aktiv werden

von: Tobias Pflüger | Veröffentlicht am: 22. Juni 2020

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Das türkische Verfassungsgericht hat nun die jahrelange Inhaftierung des ehemaligen Vorsitzenden der HDP, Selahattin Demirtas, als rechtswidrig eingestuft. Trotzdem ist er nach wie vor inhaftiert.

Drei weiteren Abgeordneten von HDP und CHP wurden Anfang Juni die Abgeordnetenmandate aberkannt.

Zugleich führt die Türkei einen erneuten Angriffskrieg (Operationen „Tigerpranke“ und „Adlerkralle“) im Nachbarland Irak – offiziell gegen die PKK. Tatsächlich treffen die umfangreichen Angriffe aber dort vor allem die Zivilbevölkerung, auch ausgerechnet schon vom IS verfolgte Jesid*innen oder auch Christ*innen, die in der Region leben.

Im von der Türkei besetzten Teil Nordsyriens etabliert die Türkei immer intensiver ein umfangreiches völkerrechtswidriges Besatzungsregime. Die milliardenschweren Finanzhilfen und die Rüstungsgeschäfte mit der Türkei müssen jetzt wirklich gestoppt werden.

Die Bundesregierung muss nun außerdem endlich mit klarer Kritik gegenüber der Türkei reagieren. Sie unterstützt ansonsten mit ihrer Türkeipolitik das unmenschliche Agieren Erdogans. Zum einen liefert sie Waffen für den Einmarsch und die Besatzung der Türkei in Nordsyrien und de facto für die Bombardierungen im Irak. Dafür, dass die Türkei die Menschen, die vor diesen Kriegen fliehen, abhält, nach Europa zu kommen, bekommt die Türkei erneut Milliarden an Finanzhilfen. Menschenverachtender geht es wirklich nicht.

Um die 5.000 Mitglieder und Sympathisant*innen der HDP sind in der Türkei aus politischen Gründen im Gefängnis. 45 HDP-Bürgermeister*innen wurden seit den letzten Kommunalwahlen im Frühjahr 2019 abgesetzt und teilweise verhaftet, weitere sitzen schon länger in Haft. So auch der ehemalige Vorsitzende der HDP. Die Aberkennung des Abgeordnetenstatus von Leyla Güven und Musa Farisogullari (beide HDP) sowie Enis Berberoglu (CHP) Anfang Juni ist somit nur eine der aktuellsten Repressionsmaßnahmen der türkischen Regierung gegen die Opposition.

Die Bundesregierung sollte sich für die Wiedereinsetzung der Parlamentarier*innen und Kommunalpolitiker*innen einsetzen – und zwar nicht nur verbal, sondern praktisch. Die Bundesregierung muss endlich gegen die völkerrechtswidrige Besatzung Nordsyriens klar Stellung beziehen. Die Freilassung von Selahattin Demirtas ist überfällig, die Bundesregierung muss hier direkt aktiv werden, um das zu erreichen.