IMI-Mitteilung

(Antimilitaristische) Politik in Zeiten der Pandemie

Eine erste Stellungnahme der Informationsstelle Militarisierung

von: 17. März 2020

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Angesichts der Menschenleben, welche die Verbreitung des Corona-Virus bereits jetzt gekostet hat, und der realen Gefahr, dass die medizinische Intensivbetreuung auch in Deutschland schnell an ihre Grenzen stoßen kann, gilt es individuell wie kollektiv Verantwortung zu übernehmen und Prioritäten zu setzen. Eine Entschleunigung der Wirtschaftskreisläufe und in Teilen auch des öffentlichen Lebens erscheint wirkungsvoll zur Eindämmung der Pandemie und zeigt nebenbei bereits positive „Nebenwirkungen“ etwa hinsichtlich der Treibhausgasemissionen. Auch die Informationsstelle Militarisierung wird in den nächsten Tagen ggf. kurzfristig und spontan diskutieren, wie sie ihre Arbeit fortführt. Dabei sind wir in der komfortablen Lage, dass sich kritische Recherche, Aufarbeitung und Veröffentlichung von Informationen zur Außenpolitik zumindest vorübergehend auch gut von Zuhause aus erledigen lässt. Es könnte also sein, dass wir in den nächsten Tagen seltener telefonisch zu erreichen sind und vielleicht etwas länger für die Beantwortung von Emails brauchen.

Wir werden aber auf jeden Fall unsere Arbeit aufrecht erhalten, denn eine wachsame Beobachtung der sog. Sicherheitspolitik, des möglichen Fortgangs des Manövers Defender 2020, der Grenzschließungen, der Vorgänge in Syrien, der möglichen Ausweitung des Mali-Mandates und des Einsatzes der Bundeswehr im Inneren ist jetzt wichtiger denn je. Wir müssen auch davon ausgehen, dass die bislang noch relativ hohe Zufriedenheit mit dem Handeln der Regierung sehr schnell kippen kann – Ausnahme- und Krisensituationen sind häufig eine Vorlage für gewaltige Umverteilungsprogramme und Gesetzesverschärfungen. Auch und gerade dann müssen die Stimmen für Solidarität und Völkerverständigung, gegen Nationalismus, Militarisierung und Repression vorbereitet sein und hörbar bleiben. Wenn wir nun also Prioritäten setzen müssen, dann bedeutet dies, dass wir auf den täglichen Weg zur gemeinsamen Arbeit und tw. auch längere Reisen zu Vortragsveranstaltungen in den nächsten Tagen und Wochen womöglich häufiger verzichten. Unsere politische Arbeit, das Verhandeln und Artikulieren politischer Interessen, halten wir aber weiterhin und gerade jetzt für absolut notwendig. Einige von uns sind der Auffassung, das wir deshalb unabhängig von weiteren Entwicklungen auf die Kundgebungen zum „Tag der Befreiung“ am 8. Mai und zu den Ostermärschen vom 9. bis 13. April mobilisieren sollten. Andere betonen demgegenüber die Risiken, die v.a. mit längeren Anfahrten zu großen und zentralen Veranstaltungen wie den Ostermärschen verbunden sind und die möglichen Gefahren, die hieraus insbesondere für Menschen in prekären Lebenslagen entstehen können. Deshalb wird es in den kommenden Tagen und Wochen nicht nur wichtig sein, wachsam zu bleiben, was das Handeln der Regierenden betrifft, sondern auch neue, alternative und ggf. dezentralere Formen von Meinungsbildung und Protest zu entwickeln und auszuprobieren.