IMI-Studie 2015/03 - in: AUSDRUCK (Februar 2015)
Wissenschaft im Krieg – staatliche Steuerung oder Ermöglichungsraum?
von: Christoph Marischka | Veröffentlicht am: 12. Februar 2015
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Die Militarisierung von Forschung und Lehre wird meist in der impliziten Annahme diskutiert, dass sie Ergebnis politischer Steuerung sei und dahinter ein mehr oder weniger klar formuliertes Programm stehe.[1] Hierfür gibt es in Deutschland aktuell tatsächlich Anzeichen, für die zunächst einige Beispiele genannt werden. Ergänzt man jedoch die aktuellen Tendenzen um eine historische Perspektive, so ergeben sich auch Hinweise darauf, dass zwischenstaatliche Konkurrenz, der Krieg und seine Vorbereitung Rahmenbedingungen schaffen, die den Interessen wissenschaftlicher Eliten und Institutionen durchaus entgegenkommen und von diesen auch bereitwillig genutzt werden. Demnach handelt es sich bei der Militarisierung von Wissenschaft weniger um einen von oben gesteuerten Prozess als um eine Dynamik, in der auch Teilen des Wissenschaftsbetriebs eine treibende Rolle zukommt. Aus einer solchen dynamischen Analyse lassen sich Symptome einer Militarisierung erkennen, die über die Frage hinaus gehen, ob und welche Rolle Staat und Militär bei der Formulierung von Fragestellungen und der Finanzierung von Forschungsprojekten spielen und welche Absichten sie damit verfolgen.
Hinweise auf staatliche Steuerung
Insbesondere was die Lehre angeht, gibt es vonseiten des Bundesverteidigungsministeriums die klar formulierte Absicht, eine Diskussion militärischer bzw. „sicherheitspolitischer“ Fragestellungen unter bestimmten Vorannahmen anzuregen und in ihrem Sinne zu beeinflussen. Öffentlich beklagte etwa im Februar 2012 der ehemalige Verteidigungsminister, dass er bislang „keinen großen intellektuellen Beitrag der deutschen Universitäten zur Frage von Krieg und Frieden“ erkennen könne, obwohl er sich – so die Süddeutsche Zeitung daraufhin in indirekter Rede „Antworen auf aktuelle Fragen“ von dieser wünsche. „Zum Beispiel: Dürfen Armeen Drohnen im Kampf einsetzen? Dürfen sie private Sicherheitsfirmen einspannen? Wie sollten Staaten auf einen Cyberangriff reagieren?“.[2] Kurz zuvor war vom BMVg die neue Konzeption der Reserve[3] veröffentlicht worden, in der festgestellt wurde: „Studierende sind als potenzielle zivile Führungskräfte der Zukunft eine bedeutsame Zielgruppe. Diesen Personenkreis zu gewinnen, ist erklärtes Ziel. Der VdRBw leistet dazu durch zielorientierte Information und Betreuung an Hochschulen einen unterstützenden Beitrag zur Personalgewinnung.“ Neben den Reservisten sind jedoch insbesondere die Jugendoffiziere ein Bindeglied zwischen dem Verteidigungsministerium und den Hochschulen. Aus ihren jährlichen Berichten geht deutlich hervor, dass sie nach Wegen und Möglichkeiten suchen, um dort in die „sicherheitspolitische Diskussion“ einzugreifen, Widerstände zu identifizieren und zu überwinden.[4] So gilt es als besonderer Erfolg, wenn Jugendoffiziere benotete, prüfungsrelevante Veranstaltungen leiten dürfen. Da dies teilweise von Studierenden und Lehrenden kritisch gesehen würde, böten sich etwa auch Podiumsdiskussionen an, die zunächst einen Zugang zu den Hochschulen schaffen würden und es ermöglichten, persönliche Kontakte zu knüpfen.
Einen vorläufigen Höhepunkt hat diese Einflussnahme des Bundesverteidigungsministeriums v.a. auf die sozialwissenschaftliche Lehre 2014 in der Einrichtung einer „Henry-Kissinger Professur für Governance und Internationale Sicherheit“ an der Universität Bonn erreicht, die ausschließlich vom Bund, zu fünf Sechsteln aus dem Bundesverteidigungsministerium finanziert wird. Diese Professur und das ihr zugeordnete „Center for International Security and Governance“ sollen nach Angaben der Bundesregierung einen „Beitrag zur Verbreitung des außen- und sicherheitspolitischen Bewusstseins sowie zur Vertiefung des transatlantischen Verhältnisses“ leisten.[5] Nach einer ergebnisoffenen Forschung und Lehre klingt das nicht, entsprechend kritisierten der „freie zusammenschluss von studentInnenschaften“(fzs) und das Landes-Asten-Treffen NRW die Stiftungsprofessur als „unlautere Einflussnahme auf die zivile Hochschullandschaft“.[6]
Regierungsnahe Bewegungen
Die Idee, über Stiftungsprofessuren Einfluss auf Forschung und Lehre zu nehmen, wurde bereits vor einigen Jahren zwar nicht von der Regierung selbst, aber von einer ihr nahestehenden Institution formuliert. Der sog. Celler Trialog geht auf eine Initiative des damaligen Commerzbank-Chefs Klaus-Peter Müller gemeinsam mit der 1. Panzerdivision des Heeres zurück und sollte der Verständigung zwischen Politik, Militär und Wirtschaft über gemeinsame sicherheitspolitische Ziele dienen. Daraus hervorgegangen ist im Jahr 2008 der „Celler Appell“, in dem angestrebt wurde „aktiv darauf hin[zu]wirken, dass der sicherheitspolitische Dialog auch in Forschung und Lehre, insbesondere an unseren Hochschulen, gestärkt wird, z.B. durch die Einrichtung von Stiftungsprofessuren und durch einen dauerhaften, praxisorientierten und wissenschaftlichen Austausch zwischen Wirtschaft und Bundeswehr.“[7]
Die Förderung dieses „sicherheitspolitischen Dialogs“ an den Universitäten hat sich auch der Bundesverband Sicherheitspolitik an Hochschulen (BSH) zur Aufgabe gemacht. Dieser versteht sich als „Nachwuchsnetzwerk“ und Dachverband von Hochschulgruppen an einzelnen Universitäten,[8] deren Gründung er aktiv unterstützt und mit denen er gemeinsam Veranstaltungen mit Jugendoffizieren, anderen aktiven Soldaten oder auch Vertreter_innen der Rüstungsindustrie an den jeweiligen Hochschulen organisiert. Finanziert wird der BSH dabei insbesondere über den Verband der Reservisten der Bundeswehr (VdRBW) und den Förderverein „Sicherheitspolitik an Hochschulen e.V.“, in dessen Vorstand laut Homepage des BSH „Personen aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft vertreten sind“ und der auf Grundlage der Feststellung operiert, dass der „akademische sicherheitspolitische Nachwuchs … früher und besser qualifiziert, vernetzt und in den fachlichen Dialog der Strategic Community eingebunden werden“ müsse.[9] Der VdRBW wiederum untersteht den Weisungen des Generalinspekteurs der Bundeswehr und damit dem Verteidigungsministerium.
Ähnliche regierungsnahe Institutionen finden sich auch in der Forschungsförderung. Die Einrichtung der Deutschen Stiftung Friedensforschung etwa geht auf einen Beschluss des Bundestages nach dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien zurück und sah von Anfang an vor, „dass die Forschungsfragestellungen in enger Interaktion mit der Politik festgelegt werden“.[10] Entsprechend sind im Stiftungsrat der DSF laut Satzung Vertreter_innen nicht nur des Bundestags, sondern auch verschiedener Ministerien, u.a. des Verteidigungsministeriums, verbindlich vorgesehen.[11] Bereits zuvor waren 800.000 DM für „Prioritäre Erste Maßnahmen (PEM) zur Stärkung der deutschen Friedens- und Konfliktforschung“ bereitgestellt worden, von denen über die Hälfte an das Deutsche Zentrum Luft und Raumfahrt (DLR) gingen. Auch das DLR ist als Verein organisiert, betreibt für Bundes- und EU-Institutionen Satellitenauswertungszentren, führt im Aufgrag des Bundes Projekte der Rüstungsforschung durch und ist mit der Rüstungsindustrie bestens vernetzt. Seine Aufgaben hinsichtlich der DSF bestanden im „Aufbau des Förderschwerpunkts Friedens- und Konfliktforschung“ und der „Strukturierung und Systematisierung innovativer Suchprozesse für neue Fragestellungen an die Wissenschaft“.[12] Denn gegenüber der bis dahin in Deutschland existierenden, oft staats- und militärkritischen Friedensforschung ging es nun um eine „Erweiterung und Optimierung des Instrumentariums zur Friedenssicherung“ im Sinne der Integration ziviler und militärischer Mittel und einer stärkeren Ausrichtung auf die Politikberatung durch „zeitnahe[n] und effiziente[n] Transfer der Ergebnisse der Friedens- und Konfliktforschung zu den politischen Entscheidungsträgern“.[13] Winfried Nachtwei (Bündnis 90/Die Grünen) etwa forderte in der Debatte zum Antrag seiner Fraktion, dass „die bisherige Distanz zwischen Friedens- und Konfliktforschung auf der einen Seite und außen- und sicherheitspolitischer Forschung auf der anderen Seite abgebaut werden sollte“.[14]
Ähnlich unscharfe Grenzen zwischen Regierung und Zivilgesellschaft finden sich auch in der naturwissenschaftlich-technischen Forschung. Das Forschungsprojekt SAGITTA etwa, bei dem es um die Entwicklung eines „Demonstrators“ (einer Art verkleinerter Prototyp) einer weitgehend autonomen Kampfdrohne mit Tarnkappeneigenschaften geht, erscheint nach außen hin zunächst als Initiative aus der Privatwirtschaft, ausgehend von der EADS-Tochter Cassidian. Diese beschrieb das Projekt auf ihrer Homepage als „Open Innovation Initiative“ mit dem Ziel, „Forschungsaktivitäten im Bereich Unbemanntes Fliegen durch nachhaltige Kooperation in den relevanten Kerntechnologie-Gebieten voranzutreiben und gleichzeitig den Fokus der Forschung mittel- bis langfristig in eine geschäftsorientierte Richtung für unbemannte / autonome Flugsysteme zu lenken. Der konkrete Nutzen von Sagitta besteht vor allem in der Möglichkeit, Zugang zu Spitzenabsolventen der Ingenieurswissenschaften zu bekommen und somit auch Zugang zum neuesten Stand der Wissenschaft, Forschung und Technologie, sowie zu den aktuellsten Trends an der Forschungsfront zu erhalten. Cassidian definierte hierbei die aus seiner F&T Strategie abgeleiteten technologischen Kernthemen, wobei die akademische Welt (Universitäten, Forschungsinstitute, …) aufgerufen war, ihren Beitrag beizusteuern.“ Hier wird ganz offen die Absicht benannt, „den Fokus der Forschung zu lenken“.[15] Die Rolle des Staates und des Militärs als nahezu einziger Abnehmer solcher Produkte ist weniger offensichtlich, obwohl deren Vorstudien etwa zur „Wirksamkeit von unbemannten Luftangriffsflugzeugen“ und zu „Fähigkeiten unbemannter Gefechtsluftfahrzeuge in der Luft-Boden-Rolle“ sowie ihre „Konzeptionellen Grundvorstellungen zum Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge“[16] sicherlich in die Forschungsstrategien der Rüstungsindustrie einfließen. An SAGITTA ist aber neben der TU München, der Hochschule Ingolstadt und der TU Chemnitz auch wiederum das DLR beteiligt, sowie das Institut für Flugsystemdynamik der Universität der Bundeswehr in München, das bereits 2004 auf einer Tagung des Lobbyverbandes DGLR der anwesenden Rüstungsindustrie Vorüberlegungen zur Steuereung ganzer Schwärme von Angriffsdrohnen präsentierten, die stark an das Projekt SAGITTA erinnern.[17]
Clusterung, Anwendungsorientierung und Interdisziplinierung
Nur angerissen werden kann hier auch der Komplex der Forschungsförderung. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass die Rahmenbedingungen und damit auch die praktische Bedeutung der Forschungsförderung durch die Bundespolitik (und zunehmend auch die EUropäische Politik) gesetzt werden. Sie folgen dem Leitbild der „unternehmerischen Hochschule“, in dem die Einwerbung von Drittmitteln bei gleichzeitiger relativer Verknappung der Grundfinanzierung als Zeichen der Wettbewerbsfähigkeit und Voraussetzung weiterer Förderung gilt, wie es insbesondere in der sog. Exzellenzinitiative zum Ausdruck kommt. Während dies mittlerweile hinlänglich bekannt ist und auch häufig kritisiert wird, hat ein anderer Aspekt bislang viel zu wenig Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Vorstufe und Bedingung der Förderung als „Eliteuniversität“ ist die vorangegangene Einrichtung eines „Excellenzclusters“ und die Formulierung eines Zukunftskonzeptes mit dem aberwitzigen Anspruch, letztlich die Forschung in allen Disziplinen an einer Universität einem gemeinsamen Profil zu unterwerfen. Zumindest nach außen hin muss Geschlossenheit und zumindest der Eindruck einer allumfassenden Koordination suggeriert werden, wobei vermeintliche „Interdisziplinarität“ natürlich das Schlüsselwort, gute Verbindungen zu Politik und Wirtschaft aber letztlich ausschlaggebend sind. Verstärkt wird letzteres – neben der allgemeinen Drittmittelabhängigkeit – auch dadurch, dass sich neben der Interdisziplinarität auch die Zusammenarbeit mit den Anwendern als Qualitätsmerkmal der Forschung und häufig auch Voraussetzung der Forschungsförderung etabliert haben. Das lässt sich deutlich sowohl am Rahmenforschungsprogramm der EU als auch der High-Tech-Strategie der Bundesregierung und an deren Forschungsprogramm für die zivile Sicherheit erkennen. Ersteres machte es in mehreren Programmlinien zur expliziten Voraussetzung, dass sich für die Projekte Verbünde bilden, die öffentliche Universitäten, privatwirtschaftliche Unternehmen und Anwender aus mehreren europäischen Staaten (eingeschlossen waren auch u.a. die Türkei und Israel) umfassen. Insbesondere im Bereich der Sicherheitsforschung waren hierdurch einerseits Rüstungsunternehmen,[18] andererseits sog. Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), die den Innen- und Verteidigungsministerien unterstehen, nahezu zwangsläufig Kooperationspartner. Das Forschungsprogramm für die zivile Sicherheit in Deutschland hatte eine andere Akzentuierung: Hier waren militärische Akteure kaum, polizeiliche und im Zuge der Begleitforschung juristische und sozialwissenschaftliche Institute aber umso mehr eingebunden. Dasselbe lässt sich auf der Ebene der jeweiligen Programmausschüsse, Gutachterkreise und Beiratsstrukturen beobachten. Während auf europäischer Ebene Rüstung, Verteidigungsministerien und europäische Agenturen wie Frontex eine offensichtlich prägende Rolle spielten, waren in der deutschen Sicherheitsforschung rüstungsnahe Forschungseinrichtungen und Polizeibehörden neben Sozialwissenschaftler_innen und Jurist_innen vertreten.[19]
In der Praxis jedoch griffen beide Programme oft ineinander,[20] prägten gemeinsam den Wettbewerb um Drittmittel im Streben nach Exzellenz und weisen gemeinsam eine Tendenz zur Anwendungsorientierung und „Interdisziplinierung“[21] auf. Denn wie die Beteiligung der Militärs auf europäischer Ebene und die der Polizeibehörden auf deutscher Ebene, so führt auch die juristische und sozialwissenschaftliche Begleitforschung in Deutschland zur Formulierung relativ konkreter Anwendungsszenarien oder setzt diese gar voraus. Interdisziplinarität im Kontext anwendungsorientierter Forschung und insbesondere Technologieentwicklung führt schnell zu Formen der Interdisziplinierung, indem potentiell widerständige Akteure oder Positionen von Anfang an einbezogen und einer gemeinsamen Zielvorstellung unterworfen oder aber marginalisiert werden. Derselben Logik folgt auch die Exzellenzinitiative, die zunächst insbesondere als zusätzliche Förderung integrationsfähiger Disziplinen und Persönlichkeiten erscheint, nach ihrem Auslaufen jedoch massive Einsparungen bei denen verursachen wird, die sich nicht in das gemeinsamen Profil eingliedern ließen.
Wissenschaft als Organisation
Sowohl die Tendenz zur Anwendungsorientierung als auch die der Interdisziplinierung begünstigen und sind Teil einer umfassenderen Tendenz zur Wissenschaft als Organisation. Dabei ist Organisation nicht primär als Körperschaft zu verstehen, sondern als Tätigkeitsprofil. Das Bild des Wissenschaftlers[22] im akademischen Elfenbeinturm, der die Erforschung scheinbar belangloser Details als Selbstzweck und Lebensaufgabe betreibt, mag niemals allzu zutreffend gewesen sein, doch durch die (supra-)staatliche Hochschul- und Forschungspolitik wird es vollends obsolet. Der oder die Wissenschaftler_in kann sich v.a. durch das beständige Knüpfen und Erweitern von Netzwerken etablieren und profilieren – und zu diesen Netzwerken gehören (wieder) verstärkt privatwirtschaftliche Institutionen, Militär und Polizei. Für die eigentliche Forschung am Gegenstand bleibt kaum noch Zeit, wichtiger sind Konferenzen und Treffen mit Wirtschaft und Politik und die Organisation des Forschungsverbundes – dies gilt auch für die primär sozialwissenschaftlich geprägten Sonderforschungsbereiche der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Ein zentraler Teil dieser Forschungsverbünde ist ein Stab für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die jedes (vermeintliche) Teilergebnis ungeachtet möglicher Widersprüche als Erfolg vermeldet. In einer solcherart interdisziplinären, anwendungsorientierten und auf Konkurrenz ausgelegten Organisation von Wissenschaft geht „der zunehmende Verzicht auf innertheoritische Auseinandersetzungen zugunsten praktischer Lösungen einher mit einer Re-Definition der Wissenschaft, mit der Aufgabe von Werten wie Wahrheit oder Objektivität zugunsten der Machbarkeit“.[23]
Die herausragendsten Beispiele für Wissenschaft als Organisation finden sich historisch in der Zeit vor und während des Zweiten Weltkriegs. Der Wissenschaftssoziologe Bruno Latour beispielsweise nennt den französischen Physiker Frédéric Joliots als Beispiel dafür, dass „Wissenschaft und Politik ein sehr verwickeltes Geflecht bilden“, in dem in diesem Fall „zwei bisher einander fremde Interessen (Krieg führen, Neutronen abbremsen) zu einem einzigen neuen verschmelzen“.[24] Nur aufgrund Joliets guter Verbindungen zur belgischen Bergwerksgesellschaft im Kongo, den dahinterstehenden Banken und zum Kriegministerium war es ihm möglich, jene Mittel und Komponenten – darunter das hart umkämpfte Schwere Wasser aus Norwegen – zu mobilisieren, um global Impulse für den Bau einer Atombombe zu setzen und den Wettbewerb hierum anzuschieben. In diesem Prozess jedoch vermengten sich auch die häufig getrennt gedachten wissenschaftlichen Triebfedern („Ideen, Prinzipien, Erkenntnisse und Methoden“) mit denen aus „Politik, Recht, Ökonomie, Institutionen und Leidenschaften“. „Die Vorstellung einer von der übrigen Gesellschaft losgelösten Wissenschaft“ sei nach Latour „so bedeutungslos … wie die Idee eines Arteriensystems, das vom Venensystem abgeschnitten ist“.[25]
Ein solches Ineinandergreifen von wissenschaftlichen und politisch-militärischen Interessen und die daraus hervorgehende Mobilisierung zuvor unerreichbarer finanzieller und institutioneller Förderung aus Industrie und Politik beschrieb jüngst auch der Wissenschaftshistoriker George Dyson für die Rolle des u.a. am Manhatten-Projekt beteiligten Mathematikers Von Neumann, dessen Forschung und insbesondere Forschungsorganisation vor und während des Zweiten Weltkriegs das hervorbrachte, was bis heute als Rechnerarchitektur von Computern gilt – deren Prototypen zuallererst damit beschäftigt waren, die Kettenreaktionen von Atombomben zu simulieren.[26] Nach dem deutsch-französischen Krieg 1871 waren vergleichbare Tendenzen bereits in der Biologie erkennbar: Die (Selbst-)Wahrnehmung als Konkurrenten zwischen dem deutschen Robert Koch und dem Franzosen Louis Pasteur korrespondiert mit dem damaligen Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich, ihre Forschungen standen im Kontext der Kriegsvorbereitungen, die dazu beitrugen, dass erhebliche Mittel mobilisiert wurden und u.a. kasernierte Soldaten als Testpopulationen genutzt werden konnten. Mariko Ogawa etwa stellt im Sammelband „Bakteriologie und Moderne“ dar, wie unterschiedliche Theorien über die Cholera und deren Bekämpfung während der Epidemie 1883 in Ägypten von der jeweiligen nationalen Politik angeeignet und unterstützt wurden, um eine Schließung des Suezkanals aus primär geopolitischen Gründen einzufordern.[27]
Übergang zur staatlichen Wissenschaft
Sowohl für Pasteur als auch für Koch wurden eigene Institute gebaut – das Institut Pasteur (gegr. 1888, Neubau 1901) und das Preußische Institut für Infektionskrankheiten in Berlin (gegr. 1891, Neubau 1901). Während ersteres zunächst v.a. durch Spenden und zweiteres durch staatliche Finanzierung aufgebaut wurde, stellten beide hybride Formen zwischen privatem Institut und öffentlicher Förderung dar. Beide Einrichtungen verfügten darüber hinaus über eigene Krankenstationen und ermöglichten deshalb eine unmittelbare Übersetzung der Grundlagenforschung in medizinische Verfahren. In Budget und Ausstattung waren sie für damalige Begriffe enorm, aber kaum zu vergleichen mit den Großforschungseinrichtungen, die im Vorfeld und während des Zweiten Weltkriegs in Deutschland, Großbritannien, Fankreich, der Sowjetunion und den USA entstanden, wo das Manhatten Project mit bis zu 130.000 Beschäftigten und über 50.000 Hektar eigens hierfür erworbenes Land das umfangreichste Projekt der Großforschung darstellte. Demgegenüber nahm sich die ebenfalls streng geheime Einrichtung des britischen Militärgeheimdienstes zur Entschlüsselung der deutschen Chiffriermaschine Enigma in Bletchley Park mit in der Spitze 9.000 Mitarbeiter_innen fast schon bescheiden aus – obwohl sie bis heute u.a. als Wirkungsstätte Alan Turings den meisten Informatiker_innen ein Begriff sein dürfte.
Auf deutscher Seite entstand u.a. 1937 die Aerodynamische Versuchsanstalt in Göttingen (eine der Vorgängerinstitutionen des DLR) mit Beteiligung der Wehrmacht. In ihrem Beitrag über diese Forschungseinrichtung für den Sammelband „Wissenschaft im Krieg – Krieg in der Wissenschaft“ – einer Dokumentation eines Symposiums an der Philipps-Universität in Marburg 50 Jahre nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges – kritisiert die Historikerin Cordula Tollmien einleitend die Fragestellung, nach der „zu fragen [wäre] nach systematischer staatlicher Einflussnahme auf Leitungsgremien, Hochschulen und übergeordnete Wissenschaftsstrukturen mit dem Ziel, diese kriegsbereit und -willig zu machen“. Hierzu schreibt sie: „Diese Frage enthält implizit zwei Unterstellungen: nämlich 1. die Unterstellung, dass systematische Einflussnahme notwendig war, um die konstatierte Kriegsbereitschaft und -willigkeit zu erzeugen und 2. die Unterstellung, dass diese Kriegsbereitschaft etwas neues war, dass sie ‚erzeugt‘ werden musste. Ich bin der Meinung, dass – zumindest für die Luftfahrtforschung – beide Annahmen nicht zutreffen“. Das bedeute nicht, dass es „systematische staatliche Einflussnahme oder entsprechende Versuche nicht gegeben habe“, die „Ausrichtung auf die Bedürfnisse von Militär und Krieg“ waren jedoch „in Deutschland (und nicht nur dort) von Anfang an konstitutiv nicht nur für die Luftfahrt allgemein, sondern auch für die Luftfahrtforschung, zumindest in ihrer institutionalisierten Form“.[28] Ähnliches konstatieren andere Autor_innen in dem Band auch für andere, auch sozialwissenschaftliche Disziplinen.
Der Historiker Rüdiger Hachtmann, Autor eines zweibändigen Werkes zum „Wissenschaftsmanagement im Dritten Reich“, unterstreicht die – teilweise aktive – Ausrichtung auf die Bedürfnisse des Militärs durch die 1911 gegründete Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG), die 1943 43 Forschungsinstitute unterhielt, von denen 27 als „Wehr- bzw. Rüstungs- oder Spezialbetriebe … in unterschiedlichem Umfang mit kriegswichtigen Forschungen betraut waren“[29] und die heute noch das Erscheinungsbild ganzer Berliner Bezirke – insbesondere Dahlem, wo in ihren Gebäuden heute mehrere Institute der Freien Universität untergebracht sind – mit prägen. Er zitiert hierzu u.a. den damaligen Präsidenten und Namensgebers der Nachfolgeorganisation, Max Planck: „Auch während der Zeit, in der der Wissenschaft Beschränkungen durch den Versailler Vertrag auferlegt waren, hat die Generalverwaltung der Gesellschaft sich bemüht, mit dem Reichswehrministerium bezüglich der Bearbeitung wehrpolitischer Fragen an verschiedenen Instituten, allerdings in diskretester Weise, dauernd Fühlung zu halten.“ „Darüber hinaus“, so Hachtmann, „wurden seit 1933 gerade auch aus den Reihen der KWG heraus Initiativen gestartet, die gesamte deutsche natur- und technikwissenschaftliche Forschung auf die ‚Landesverteidigung‘ auszurichten und zu straffen.“[30] Zu einem ähnlichen Schluss kommt Frank Reichherzer in seiner Untersuchung über die Entstehung der „Wehrwissenschaften“ zwischen den Weltkriegen und spricht von einer „Selbstmobilisierung und Aneignung des Krieges durch zivile Akteure“. Deshalb hält er den „linear gedachte[n] Militarisierungsbegriff“ für die Dynamik zwischen Militär, Wissenschaft und Gesellschaft für unzureichend und spricht stattdessen lieber von „Bellifizierung“. Diese nehme „die zivile Gesellschaft als Sammlung eigenständiger Akteure und ihre Aneignungsform des Krieges“ ernst. Im Kontext einer allgemeinen Entgrenzung des Kriegs und seiner Öffnung in zivile Bereiche hätten die „wehrwissenschaftlichen Aktivisten“ – die teilweise von den Militärs sogar skeptisch beäugt wurden und oft eher aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft stammten – die „wissenschaftsinterne Vernetzung der Großbereiche Technik-, Natur- und Geisteswissenschaften wie auch die Verbindung einzelner Disziplinen“ angestrebt. „Darüber hinaus sollten gleichzeitig die gesellschaftlichen Teilsysteme Politik, Militär, Wissenschaft und Verwaltung miteinander gekoppelt werden“.[31]
Symptome der Militarisierung/Bellifizierung
Entsprechend reicht es nicht oder führt es gar in die Irre, primär oder alleine nach offenen oder verdeckten Versuchen der Politik zu suchen, eine vermeintlich unschuldige und objektive Wissenschaft zu verführen und in den Dienste der Militärs zu stellen. Insbesondere die Finanzierung von Forschung durch das Bundesverteidigungsministerium wird zwar zurecht von den Medien und Teilen der Politik und Gesellschaft als Hinweis auf eine Militarisierung der Wissenschaft skandalisiert und problematisiert und immerhin die Einrichtung einer Stiftungsprofessur durch Verteidigungsministerium und Auswärtiges Amt von den Studierendenvertretungen als Eingriff in die zivile Hochschullandschaft kritisiert.
Andere Tendenzen der Militarisierung/Bellifizierung, wie sie im wachsenden Einfluss der Industrie auf die Forschungsförderung, der Aufhebung des Kooperationsverbotes, der Clusterung, Interdisziplinierung, Anwendungsorientierung und Einbindung von Praktiker_innen zum Ausdruck kommen, werden jedoch häufig übersehen oder sind gar positiv besetzt. Sie sollen abschließend in den Worten des britischen Physikers John Desmond Bernal zusammengfasst werden, der neben seiner naturwissenschaftlichen Tätigkeit auch eine „Sozialgeschichte der Wissenschaften“ in vier Bänden erarbeitete. So lässt sich sowohl in den Großforschungsanlagen des Zweiten Weltkriegs, als auch in den heutigen hybriden Forschungsparks und Clustern aus privatwirtschaftlichen Unternehmen, halbstaatlichen und öffentlichen Instituten jenes „dritte Stadium der Wissenschaft“ (nach den „erfinderischen Bastelstuben“ und den privaten Laboratorien) erkennen, das „zuerst in der Sowjetunion auftauchte, während des zweiten Weltkriegs jedoch allgemein wurde“, und Bernal als „Ära der staatlichen Wissenschaft“ bezeichnet: Nun gehen „die Ausgaben für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in die Milliarden, und es werden riesige Komplexe von der Größe ganzer Städte zur Unterbringung der Mitarbeiter und der Anlagen erforderlich“.[32] Die üppige Finanzierung, institutionelle Förderung und interdisziplinäre Vernetzung bleibt dabei auf Forschungsgebiete beschränkt, die sich im internationalen bzw. zwischenstaatlichen Wettbewerb und in ihren Ergebnissen möglicherweise auch militärisch als relevant darstellen können, sie exkludiert und marginalisiert damit zugleich andere Disziplinen, Ansätze und Forschungsstränge und bringt Dissenz und Debatte innerhalb wie zwischen den Disziplinen zum Schweigen. Zur Zusammenführung von Grundlagenforschung und Anwendungsorientierung, Vernetzung von Wissenschaftlern und Anwendern, schreibt Bernal: „Unter dem Druck militärischer Erfordernisse, bei denen finanzielle Erwägungen praktisch keine Rolle spielten, brachte der Krieg Wissenschaftler und Praktiker zusammen; hierbei setzte sich die Erkenntnis durch, dass man nicht unbedingt warten müsse, bis sich ein Gedanke langsam, Schritt für Schritt, über Versuche und Experimente realisieren lasse.“[33] Tatsächlich ist auch die gegenwärtige Clusterung und Forschungsprogrammierung darauf ausgerichtet, neue Technologien, Ansätze aus der Friedensforschung und Ethnologie etwa direkt – unter der Beteiligung der Verwaltung und von Juristen – in Demonstratoren oder Einsatzkonzepte zu übersetzen und im Einsatz zu erproben.
Epilog zur Freiheit der Wissenschaft
Bernal hat diese Schlussfolgerungen nicht nur aus seiner – in Teilen sehr ideologisch geprägten und in der Systematik wenig überzeugenden – Rekonstruktion der Wissenschaftsgeschichte gewonnen, sondern aus unmittelbarer Erfahrung. Der Bereich der Physik, in dem er überwiegend tätig war, die Kristallographie, war zu jener Zeit im Bezug auf die Synthetisierung von Sprengstoffen durchaus militärisch interessant. Bernal aber verweigerte sich zunächst der Zusammenarbeit mit dem Militär. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte er sich – als bekennender Marxist und von 1959 bis 1965 auch als Präsident des Weltfriedensrates – für Frieden und Abrüstung ein. Im Verlauf des Zweiten Weltkrieges jedoch unterstützte er aktiv die Mobilisierung der Wissenschaft für den Sieg der Alliierten über Nazi-Deutschland, erstellte für das britische Militär Studien zur Wirksamkeit von Luftangriffen und unterstützte die Vorbereitung der Landung in der Normandie in jenen Bereichen, die heute militärisch unter den Begriffen Command, Control, Communications & Intelligence (C3I) zusammengefasst werden – und jene Technologien umfassen, die im Zuge der deutschen und europäischen Sicherheitsforschung intensiv gefördert werden.
Bernals Beispiel zeigt somit einerseits, dass nicht nur reiner Pazifismus zur Ablehnung der Militarisierung und Bellifizierung der Wissenschaft führen kann, sondern auch die politische Frage nach deren Zweck. Die von involvierten Wissenschaftlerinne_n häufig vorgebrachte, zutiefst unpolitische Argumentation, wonach es nicht ihre Entscheidung sei, dass der Staat eine Armee aufstellt und in welche Einsätze diese geschickt werden, sie aber unter diesen Voraussetzungen selbstverständlich bereit seien, diese Armee mit ihren wissenschaftlichen Erkenntnissen zu unterstützen, greift eher auf jenes technokratische Verständnis von Technologie und Wissenschaft zurück, mit dem Albert Speer als führender Organisator der Rüstungsforschung im Nationalsozialismus sein Handeln nachträglich zu rechtfertigen suchte und das viele führende deutsche Wissenschaftsorganisatoren im Nationalsozialismus, wie den letzten Generalsekretär der Kaiser Wilhelm Gesellschaft und anschließend der Max-Planck-Gesellschaft bis 1960, Ernst Telschow, nach der Befreiung unangetastet ließ. Das Beispiel Bernals zeigt außerdem, dass die überzeugte Mobilisierung der Wissenschaft für den Krieg auch kurzfristig erfolgen und Erfolge zeigen kann, wenn die Wissenschaft die Ziele des Krieges untestützt. Wenn hingegen Krieg und dessen Vorbereitung von der Wissenschaft als Ermöglichungsraum begriffen werden, um Kontakt zu politischen und wirtschaftlichen Eliten zu knüpfen und Unterstützung zu mobilisieren, dann erfolgt gerne der Rückgriff auf das Argument der Forschungsfreiheit – nicht als Freiheit von staatlicher und wirtschaftlicher Einflussnahme, sondern als Freiheit, zu realisieren, was möglich ist. Die Helden jener Disziplinen, die im Krieg und dessen Vorfeld tatsächlich unglaubliche Fortschritte gemacht oder ihre jeweiligen Forschungsgebiete überhaupt erst begründet haben – Pasteur, Koch, Von Neumann, Turing (entsprechende Beispiele gibt es auch in der Geographie, Ethnographie, Optik, …) – gelten bis heute als Vorbilder und ihre Funktionen an den Schnittstellen zwischen Wissenschaft und Politik ist heutigen Wissenschaftsorganisatorinne_n wohl bekannt. Bernal schreibt hierzu: „Wenn viele Wissenschaftler immer mehr betonen, die Wissenschaft soll rein und frei sein, so ist das an sich schon ein Zeichen beunruhigten Gewissens in Bezug auf die gesellschaftlichen Folgen ihrer Arbeit“.[34] Diese Vortellung von Freiheit und Ethik der Wissenschaft kommt in einem von seiner Ehefrau überlieferten Ausspruch Von Neumanns überdeutlich zum Ausdruck: „Was wir gerade erschaffen, ist ein Ungeheuer, das den Lauf der Geschichte verändern wird, vorausgesetzt, es bleibt uns noch eine Geschichte … Aber es wäre undenkbar, es nicht zu Ende zu bringen, nicht nur aus militärischen Gründen; es wäre auch vom wissenschaftlichen Standpunkt aus unethisch, etwas, von dem wir wissen, dass es machbar ist, nicht zu machen, ungeachtet der furchtbaren Folgen, die es nach sich ziehen mag.“[35]
Anmerkungen
[1]Diese Annahme ist womöglich im Begriff der Militarisierung schon enthalten, weshalb Reichherzer von einer Bellifizierung spricht. Vgl.: Reichherzer, Frank: „Alles ist Front“, Verlag Ferdinand Schöningh 2012.
[2]Bigalke, Silke: Ungeliebte Militärforschung, Süddeutsche Zeitung vom 27.02.2012.
[3]BMVg: Neue Konzeption der Reserve (KdR), gebilligter Entwurf Februar 2012, http://www.reservistenverband.de/custom/download/downloads%202011/111114_KdR_gebilligter_Entwurf.pdf.
[4]Die Berichte der Jugendoffiziere seit 2006 sind allesamt im Internet, allerdings an verschiedenen Stellen zu finden. Sie dokumentieren über die Jahre einen nachlassenden Widerstand gegen ihre Präsenz an Hochschulen. Eine kurze Gegenüberstellung der Berichte von 2007 und 2012 findet sich hier: https://linksunten.indymedia.org/en/node/115557 (Kommentar 3).
[5]Bundestag-Drucksache 17/14706.
[6]Große Koalition ignoriert Kritik an Kissinger Professur – Unlautere Einflussnahme auf die zivile Hochschullandschaft durch Abstimmung bestätigt, Pressemitteilung des AStA Uni Bonn und der Landes-ASten-Koordination.
[7]Celler Appell, 2008, abrufbar zwischenzeitlich unter: https://www.bundeswehr.de/resource/resource/MzEzNTM4MmUzMzMyMmUzMTM1MzMyZTM2MzEzMDMwMzAzMDMwMzAzMDY3NmE2ODZkNmI3NDM4NjIyMDIwMjAyMDIw/Celler_Appell.pdf
[8]„Willkommen beim BSH!“, http://www.sicherheitspolitik.de, 4.2.2015.
[9]„Ziele und Förderprogramm“, http://www.sicherheitspolitik.de, 4.2.2015.
[10]So der zuständige Parlamentarische Staatssekretär des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, Wolf-Michael Catenhusen, in der Plenardebatte hierzu am 20.1.2000. Bundestags-Plenarprotokoll 14/81.
[11]Satzung der DSF, Fassung vom 10. Oktober 2005. http://www.bundesstiftung-friedensforschung.de.
[12]Bundestags-Drucksache 16/10156, Anlage 3 („Übersicht über Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in bewilligten Projekten des Programms ‚Forschen für die zivile Sicherheit'“).
[13]Antrag zur „Förderung der Friedens- und Konfliktforschung“, Bundestags-Drucksache 14/1963.
[14]Bundestags-Plenarprotokoll 14/81. Wie weit diese „Distanz“ mittlerweile „abgebaut“ ist, lässt sich gut an einem Beitrag des Leiters der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) in deren Publikationsreihe „Standpunkte“ zur deutschen Enthaltung bei der Abstimmung über das UN-Mandat für den Krieg gegen Libyen erkennen. Unter der Überschrift „Ein Desaster. Deutschland und der Fall Libyen. Wie sich Deutschland moralisch und außenpolitisch in die Isolation manövrierte“ besteigt der Friedensforscher den Feldherrenhügel: „Nordlibyen, wo sich die meisten größeren Städte befinden und mehr als 80% der libyschen Bevölkerung wohnen, ist flaches, welliges Gelände, von wenigen Straßen durchzogen, die von Stadt zu Stadt führen. In diesem Gelände können sich mechanisierte Truppen – Panzer, fahrbare Artillerie und Truppentransporter – schnell und ungehindert bewegen. Das begünstigt die Regierungsstreitkräfte, denn die Rebellen verfügen nur über leicht bewaffnete, milizartige freiwillige Infanterie, die Truppen Gaddafis über Luftwaffe, artilleriebewehrte Marineverbände und Bodentruppen mit schweren Waffen. In offenem Gelände können sich die Rebellen nicht halten. Sie haben eine gewisse Chance im urbanen Straßenkampf, aber auch nur, wenn sie der feindlichen Infanterie gegenübertreten. Wird diese aus der Luft und von gepanzerten Fahrzeugen und schweren Geschützen unterstützt, ist der Kampf verloren.“
[15]Vierseitiger Flyer zu „Sagitta/Collaborate to Innovate“, Copyright 2011 by Cassidian, als Kontakt wird Jost Seifert, Programm Manager Technology, Concepts & Demonstrators, Rechliner Strasse 85077 Manching angegeben.
[16]„Aufbruch in eine neue Ära der Kriegsführung? Bundeswehr will bewaffnete Drohnen kaufen“, Beitrag von Ottfried Nassauer in der Sendung „Streitkräfte und Strategie“ des NDR vom 8.11.2012. Manuskript abrufbar (04.02.2015) unter: http://www.bits.de/public/ndrinfo/20120908.htm.
[17]Einladung der DGLR zum UAV-Workshop „UAV-/UCAV-/MAV-Aktivitäten in Deutschland“ am 21. und 22. April 2004 in Bremen. URL: http://www.dglr.de/veranstaltungen/archiv/2004_uav-ucaf-mav/dglr_uav2004_einladung.pdf (04.02.2015).
[18]Zum Sicherheitsforschungsprogramm der EU und der Rolle der Rüstungsindustrie bei seiner Ausgestaltung vgl. Hayes, Ben: Arming Big Brother – The EU’s Security Research Programme, Statewatch/Transnational Institute Briefing 1/2006; ein Zwischenbericht im Auftrag der EU-Kommission bestätigt, dass das Programm wesentlich der Rüstungs- und Sicherheitsindustrie zugute kam, vgl.: Jeandesboz, Julien/ Ragazzi, Francesco: Review of security measures in the Research Framework Programme, Policy Department C: Citizens‘ Rights and Constitutional Affairs, Brüssel, Oktober 2010.
[19]Beispielhaft kann dies am Projekt BaSiD (Security, perceptions, reports, conditions and expectations – monitoring security in Germany) dargestellt werden: Koordiniert wird es vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, beteiligt sind neben dem Bundeskriminalamt u.a. das soziologische Institut der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg sowie das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) das „Gastinstitut“ im Fraunhofer-Verbund für Verteidigungs- und Sicherheitsforschung (VVS) ist. Andere Projekte des Forschungsprogramms begünstigen u.a. das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) und das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB, beide Mitglied im VVS, letzteres z.B. arbeitet mit der Bundeswehr an der Optimierung der Fernerkundung mit Drohnen in Afghanistan.
[20]Das Internationale Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW) als zentrale Einrichtung der Universität Tübingen setzte sich etwa erstmals 2006 im Rahmen des Sicherheitsforschungsprogramms der EU – u.a. in Kooperation mit dem DLR – mit „Anwendung der Terahertz-Strahlen für Sicherheitskontrollen beispielsweise auf Flughäfen“ (umgangssprachlich: „Nacktscanner“) auseinander und gründete im selben Jahr den Forschungsschwerpunkt Sicherheitsethik, der seither an mehreren Projekte zu Terahertz-Scannern im Rahmen der deutschen Sicherheitsforschung beteiligt ist – tw. in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei.
[21]Vgl. Weber, Jutta: Interdisziplinierung?, transcript Verlag 2010. Demnach gehe der Begriff auf eine Kritik an der „Kolonialisierung der Gender Studies durch die Kulturwissenschaften“ zurück, die „Ausbildung immer größerer interdisziplinärer Forschungskomplexe“ wird jedoch auch mit der „zunehmende[n] Verschränkung von Wissenschaft und Gesellschaft im Zeitalter der Technoscience“ und der „neue[n] Fusionierung von Wissenschaft, Technik, Industrie, Gesellschaft, Militär und Medien“ in Zusammenhang gebracht. Dabei wird die Frage vorerst offen gelassen, „[o]b die zunehmende Interdisziplinierung ein Anzeichen für eine formale Wissenschaftskultur ist, die das Erkenntnisprojekt der Aufklärung zugunsten kleinteiliger, pragmatischer Lösungen aufgegeben hat und die Vielfalt der Disziplinen in eine neue Technorationalität übersetzt…“.
[22]Da es hier um ein historisches Bild des idealtypischen Wissenschaftlers geht, wird hier die männliche Form belassen.
[23]Weber, Jutta: Interdisziplinarität und Interdisziplinierung – eine Einleitung, in: Weber, Jutta 2010.
[24]Bruno Latour: Die Hoffnung der Pandora, Suhrkamp 2002.
[25]ebd.
[26]Dyson, George: Turings Kathedrale, Ullstein 2014.
[27]Berger, Silvia/Hänsler, Marianne/Spörri, Myriam/Sarasin, Philipp: Bakteriologie und Moderne – Studien zur Biopolitik des Unsichtbaren, Suhrkamp 2006.
[28]Tollmien, Cordula: Luftfahrtforschung – Die Aerodynamische Versuchsanstalt in Göttingen, in: Tschimer, Martina / Göbel, Heinz-Werner: Wissenschaft im Krieg – Krieg in der Wissenschaft, Eigenverlag (Johannes Becker), 1990.
[29]Strebel, Bernhard/Wagner, Jens-Christian: Zwangsarbeit für Forschungseinrichtungen der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft 1939-1945 – ein Überblick. Vorabdruck („Ergebnisse 11“) aus dem Forschungsprogramm „Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus“ der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V., http://www.mpiwg-berlin.mpg.de/KWG/Ergebnisse/Ergebnisse11.pdf.
[30]Hachtmann, Rüdiger : Die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft 1933 bis 1945, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 1/2008.
[31]Reichherzer, Frank 2012.
[32]Bernal, John Desmond: Sozialgeschichte der Wissenschaften, Band 3, Rowohlt Taschenbuch Verlag 1970.
[33]ebd.
[34]ebd.
[35]Dyson 2014.