IMI-Mitteilung

Neue Broschüre zu G8 und Krieg

Antimilitaristische Positionen zum Gipfel in Heiligendamm

von: IMI | Veröffentlicht am: 7. Februar 2007

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Die Informationsstelle Militarisierung hat gemeinsam mit der attac-Projektgruppe G8 einen Reader zur Mobilisierung zum G8-Gipfel herausgegeben:

„G8, GLOBALISIERUNG UND KRIEG – ANTIMILITARISTISCHE POSITIONEN ZUM GIPFEL IN HEILIGENDAMM“

Er kann für 2.- Euro pro Stück + Porto bei uns bestellt oder hier im Internet heruntergeladen werden

Inhalt:

Vorwort: Mehr als nur dagegen sein!

Tobias Pflüger:
G8 UND DIE MILITARISIERUNG DER WELT

Lydia Krüger:
KONZERNMACHT G8 – Eine Kritik der Konzernagenda der deutschen G8-Präsidentschaft

Claudia Haydt:
DIE „FRIEDENSPOLITIK“ DER G8 – Verarmen – Aufrüsten – Intervenieren

Jürgen Wagner:
NEOLIBERALE GEOPOLITIK – Transatlantische Konzepte zur militärischen Absicherung der Globalisierung

Andrea Anton:
GIPFEL DER REPRESSIONEN

Christoph Marischka:
G8 UND MIGRATION – Der aktive Abbau der Menschenrechte und die militärische Kontrolle der Armut

Aktivistinnen der Berliner Koordinierung „G8 + Krieg“:
VON DER HEIDE BIS ZUM STRAND – G8 und Militarisierung

Vorwort:
MEHR ALS NUR DAGEGEN SEIN!

Seit zwei Jahren werden nun bereits die Proteste gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm vorbereitet. Lange bevor die Sperranlage um das Fünf-Sterne-Hotel Kempinski aufgebaut wurde, vernetzten sich AktivistInnen aus ganz Deutschland und dem Ausland, um zu mobilisieren, Infrastruktur vorzubereiten und aktionsfähige Bündnisse zu schmieden. In allen möglichen Städten, nicht nur den üblichen Protesthochburgen, gab es Vorbereitungstreffen und Mobilisierungsveranstaltungen. Viel wurde diskutiert in den letzten Monaten – über den Sinn und Unsinn von Gipfelprotesten, über die Aktionsformen, über Nutzen und Grenzen der Kooperationen und über die Schwerpunktthemen, das Motto der Proteste.
Insofern kann man den Gipfel fast als Segen betrachten, weil er als gemeinsamer Angriffspunkt linke Debatten angestoßen hat und womöglich in eine vielfältige Praxis mit gemeinsamer Stoßrichtung mündet. Dabei ist es explizit nicht so, dass sich die Aufrufe zu Protesten auf ein bloßes Dagegen-sein reduzieren würden. Im Gegenteil wurden ins Zentrum der Mobilisierung Themen gerückt, die auf der offiziellen Agenda der G8 überhaupt nicht oder nur am Rande vorkommen.

2005 in Gleneagles war das noch anders: Während drinnen die Staatsoberhäupter über die „Entwicklung Afrikas“ diskutierten, wurde draußen gefordert „make poverty history“ – „macht, dass Armut zur Geschichte wird“. An wen sich diese Forderung genau richtete, blieb unklar, doch man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren (und die Presse interpretierte das natürlich auch so), dass sich diese Forderung an die politischen Gegner richtete. Wenn dem so war, dann wurde damit dem Anspruch der G8-Vertreter, als eine – wenn auch ungeliebte – Weltregierung akzeptiert zu werden, bereits entsprochen.

Als erster Termin der Gipfelproteste wird in den Kalendern meist der 1. Juni benannt, an dem das Bombodrom – ein als Truppenübungsplatz vorgesehenes Gelände nordöstlich von Berlin – wieder angeeignet werden soll. Noch bevor die Herren und Damen Politiker anreisen, wird es am 2. Juni eine internationale Großdemonstration in Rostock geben, mit der das breite G8-Widerstandsbündnis die gemeinsamen Gipfelproteste einläuten wird. Am 3. und 4. Juni folgen Aktionstage zum Thema Landwirtschaft und Migration. Zum Auftakt des eigentlichen Gipfels ist dann eine Blockade des Flughafens Rostock-Laage angekündigt, der nicht nur während des Gipfels als Infrastruktur für die Gipfelteilnehmer dient, sondern Teil ihres militärischen Machtapparates ist. Der 5. Juni steht also unter dem Schwerpunkt „Antimilitarismus“.

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In doppelter Hinsicht hat die Schwerpunktsetzung der Linken die Legitimität der G8 untergraben. Erstens, indem sie die Themen der G8 nicht übernahm (notgedrungen freilich, denn die deutsche Regierung veröffentlichte erst vor wenigen Wochen die offizielle Agenda) und einfach überall ein „Anti-“ davor setzte. Zweitens, indem sie Themen wählte, von denen niemand auf die Idee kommen würde, dass die G8 sie lösen könnten: Militarismus und die rechtliche Prekarität von MigrantInnen.

Über Abrüstung, über eine Auflösung ihrer Armeen, werden die G8-Vertreter ganz sicher nicht diskutieren. Denn sie sind die Grundlage ihrer Macht. Das wird bei Gipfeln und den Protesten deutlich wie selten. Denn ohne militärische Infrastruktur, geheimdienstliche Bespitzelung der Gegner und ein Heer von Polizei könnten sie sich nicht einmal in Ruhe treffen. Die arrogante Haltung, sich in großen und prominenten Städten zu ihren Gipfeln zu verabreden, wurde den G8 bereits ausgetrieben. Mit Hilfe des Militärs wollen sie das durchsetzen, was sie Sicherheit nennen: Eine neoliberale Globalisierung, die ganze Regionen in Armut und Konflikte stürzt, die Menschen weltweit bedroht. Tobias Pflüger stellt in seinem Beitrag die gemeinsamen Strategien der G8-Staaten dar, mit denen dem weltweiten Gestaltungswillen der G8 militärisch entsprochen werden soll, und gibt damit Hinweise auf die Gestalt der kommenden Kriege. Nach wie vor ist die Linke natürlich überzeugt, dass Armut zur Geschichte werden muss. Dass Entsprechendes von den G8 jedoch nicht zu erwarten ist, wird aus Lydia Krügers Überblick über die Geschichte der G8-Gipfel und die Agenda der deutschen Präsidentschaft deutlich. Claudia Haydt stellt dar, dass es eben die Armut ist, die für das gewalttätige Aufbrechen von Konflikten verantwortlich ist und dass die Interventionen der mächtigen Staaten lediglich deren Eigeninteressen folgen, nicht aber geeignet sind, dauerhaften und gerechten Frieden herzustellen. Tatsächlich geht es den Militärstrategen vielmehr um die kontinuierliche Wiedereingliederung und Kontrolle einer „nicht-integrierenden Lücke“ – Regionen, die „weitgehend abgekoppelt von der globalen Ökonomie“ und deren „Spielregeln“ sind – wie Jürgen Wagner auf Grundlage seiner Recherchen in den Papieren transatlantischer Thinktanks beschreibt.

Doch nicht nur fernab des Gipfels und des Lebens der meisten angereisten DemonstrantInnen wird dieser neue Kolonialismus spürbar. Der schleichende Kriegszustand äußert sich durch die zunehmenden Repressionen im Kontext der Gipfelproteste, wie Andrea Anton darstellt – nicht ohne jedoch auch Gegenstrategien vorzuschlagen. Alltag ist er hingegen für diejenigen, die auf der Suche nach einem besseren Ort zum Leben und Arbeiten illegalisiert und kriminalisiert werden. Christoph Marischka beschreibt die G8-Politik gegenüber MigrantInnen als aktiven Abbau der Menschenrechte und militärische Kontrolle von Armut.
Am Ende wird es wieder praktisch: Aktivistinnen der „Berliner Koordinierung G8 + Krieg“ liefern Hintergründe zum Bombodrom und dem Flughafen Rostock-Laage und berichten über Erfolge und Schwierigkeiten bei der Mobilisierung und Vernetzung von Protest zwischen ansässiger Bevölkerung und politischen AktivistInnen. Der Fahrplan für antimilitaristische Aktionen im Frühsommer 2007 steht damit fest: von der Heide an den Strand (oder einfach vor der eigenen Haustür). Viel Spaß bei der Lektüre und einen schönen Frühling wünschen bis dahin

Kay Schulze für die Attac-Projektgruppe G8
Christoph Marischka und Jürgen Wagner für die Informationsstelle Militarisierung

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