Dokumentation - in: Junge Welt, 18.09.06

»Wir fordern einen Untersuchungsausschuß«

Friedensaktivist von österreichischem Konzern verklagt. Illegaler Abbau von Rohstoffen im Kongo soll vertuscht werden. Ein Gespräch mit Gerald Oberansmayr

von: Dokumentation / Junge Welt | Veröffentlicht am: 21. September 2006

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Der österreichische Konzern Treibacher Industrie AG hat Sie vor den Kadi zitiert, weil Sie seine Rolle im Kongo kritisiert haben. Worum geht es dabei?

In einem Zeitungskommentar habe ich nach Ansicht der Treibacher Industrie AG unzulässig aus einem Gerichtsurteil zitiert. Ich hatte dem Unternehmen angeboten, dieses Zitat zurückzunehmen, wenn im Widerruf zugleich über die Beziehungen des Konzerns zu Personen und Unternehmen, die tief in die illegale Ausbeutung von Rohstoffen im Kongo verstrickt sind, informiert wird. Doch das will die Treibacher offensichtlich unbedingt vermeiden. Auf mein Angebot wurde mit einer Klage reagiert. Dieser Prozeß könnte für mich Kosten von 240000 Euro verursachen.

Wie sehen diese Verstrickungen aus?

Es gibt die Mine Lueshe im äußersten Osten der Demokratischen Republik Kongo, in der das Mineral Pyrochlor abgebaut wird. Aus dem werden die strategisch wichtigen Metalle Niob und Tantal gewonnen, die im Bereich der Luftfahrtindustrie und der Raketentechnologie Anwendung finden. Die Mine ist weltweit eines der wenigen bekannten Vorkommen von Pyrochlor. Ab 2000 wurde sie mehrere Jahre lang von einem gewissen Karl-Heinz Albers betrieben. Dieser Mann wird in verschiedenen UNO-Berichten beschuldigt, dort illegal tätig gewesen zu sein, und aus den Einnahmen der Mine den Bürgerkrieg finanziert zu haben. 300000 US-Dollar monatlich sollen an Rebellengruppen als Schutzgeld abgezweigt worden sein.

Was hat das mit der Treibacher Industrie AG zu tun?

Albers stand mit dem Konzern auf verschiedene Weise in Verbindung. Erstens gab es eine gemeinsame Gesellschaft für die Erforschung und den Abbau von Rohstoffen in Zentralafrika. Albers war einer der Direktoren dieser Gesellschaft, der andere Rainhard Iro, Vorstandsdirektor der Treibacher Industrie AG. Zum zweiten hat die Treibacher Industrie AG im Jahre 2000 eine Probe Pyrochlor aus Lueshe in ihrem Kärntner Werk untersucht. Man kam allerdings zu der Meinung, dies nicht in Österreich verarbeiten zu wollen. In der Folge hat sich der Konzern zu 25 Prozent an der estnischen Firma Silmet beteiligt, mit einer Option auf weitere 25 Prozent plus einer Aktie. An dieses Unternehmen wurde von Albers nachweislich jahrelang tonnenweise Pyrochlor aus Lueshe geliefert.

Ein anderer, ganz aktueller Aspekt ist, daß sich die Bayer AG von ihrer Tochter HC Stark trennen will, die von Menschenrechtsorganisationen beschuldigt wird, von Albers illegal Rohstoffe aus dem Kongo bezogen zu haben; die Treibacher AG bemüht sich derzeit um den Erwerb dieses Unternehmens.

Es gibt Gerüchte, die besagen, Karl-Heinz Albers sei durch die Regierung der BRD protegiert worden. Was ist über die deutsche Beteiligung an den Aktivitäten des Treibacher Konzerns bekannt?

Die Treibacher AG gehört seit 2000 einem gewissen August von Finck, alter deutscher Adel und Multimilliardär, laut Forbes die Nummer 70 auf der Liste der weltweit reichsten Personen. In den 1990er Jahren fiel er dadurch auf, daß er politische Gruppen am rechten Rand mit Millionenbeträgen finanzierte. Zum Beispiel hat er seinerzeit versucht, Manfred Brunner, den ehemaligen Vorsitzenden des Bundes freier Bürger, zu einer Art deutschen Haider aufzubauen.

Was den Kongo angeht, so ist bekannt, daß die von Albers für den Abbau benutzte Firma Somikivu in den treuhänderischen Besitz der Bundesrepublik Deutschland übergegangen ist. Vorbesitzer war die Gesellschaft für Elektrometallurgie, deren Engagement durch eine Hermes-Bürgschaft abgesichert war. Diese hat sie sich von der deutschen Regierung auszahlen lassen, wodurch Somikivu in deren Besitz überging. Es gibt also eine Reihe von Indizien, daß Karl-Heinz-Albers zumindest mit Duldung der Regierung in Berlin agierte.

Wie geht es in Österreich nun in der Sache Treibacher AG weiter?

Wir fordern einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß, der sich mit der Verquickung österreichischer Firmen in den illegalen Rohstoffabbau im Kongo beschäftigt. Bisher gibt es zwei Reaktionen. Die Österreichische Volkspartei lehnt ab. Die Grünen wollen sich für einen solchen Ausschuß einsetzen. Die anderen Parteien haben noch nicht reagiert.

Interview: Wolfgang Pomrehn

* Gerald Oberansmayr ist Journalist und Mitarbeiter der Werkstatt für Frieden und Solidarität in Linz