Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

IMI-Standpunkt 2006/008 - in: taz NRW vom 21.1.2006, S. 2

Land der Truppenübungsplätze

Nordrhein-Westfalen wird von Großbritannien als Truppenstandort geschätzt. Ob die britischen Truppen weiterhin bleiben, will das Londoner Verteidigungsministerium jetzt entscheiden

Dirk Eckert (31.01.2006)

Gehen sie oder bleiben sie? Und wenn sie gehen, wird dann endlich die Frequenz frei, auf der bislang der Truppenfunk „British Forces Broadcasting Service“ (BFBS) zu hören ist? In schöner Regelmäßigkeit, zuletzt zu Jahresanfang, geistern Gerüchte durch das Land, wonach der Abzug der britischen Truppen unmittelbar bevorsteht. Während die einen fürchten, Arbeitsplätze und Kaufkraft zu verlieren, hoffen die anderen auf die rare UKW-Frequenz. Die britische Armee dementiert die Abzugsgerüchte nur vage. Der Grund: Im britischen Verteidigungsministerium wird gerade an einem neuen Konzept für die Streitkräfte gebastelt.

Von diesem Papier hängt alles ab. Mit der neuen „Future Army Structure“ will das Verteidigungsministerium festlegen, auf welche Art von Einsätzen sich die Truppe künftig einstellen muss, sagt Mike Whitehurst, der Sprecher der 1. britischen Panzerdivision in Herford. Von UN-Missionen bis hin zu größeren Kriegen ist nichts ausgeschlossen. Zudem werden Erfahrungen aus bisherigen Kriegen wie im Irak einbezogen. Daraus soll sich dann ergeben, welche Bewaffnung gebraucht wird. Und welche Truppenteile wo stationiert werden. Weil dieses neue Armee-Konzept noch nicht vorliegt, sei es auch „zu früh, eine detaillierte Aussage zu machen“, in wie weit Truppen aus Nordrhein-Westfalen abgezogen oder dorthin verlagert werden, wie Sprecher Whitehurst sagt.

Nach Ende des Kalten Krieges hat Großbritannien seine Truppen in Deutschland reduziert. Allerdings nur um die Hälfte, denn schon bald bereiteten sich die Nato-Staaten unter dem Begriff „Krisenintervention“ auf neue Kriegseinsätze vor. Heute sind die britischen Truppen in NRW in Mönchengladach, Münster, Bielefeld, Niederkrüchten, Gütersloh, Herford und Paderborn stationiert. Fast alle gehören zur multinationalen schnellen Eingreiftruppe der Nato, dem Allied Rapid Reaction Corps (ARRC). Auch dessen Hauptquartier in Mönchengladbach wird von den britischen Truppen betreiben. Von dort aus wurde zum Beispiel die IFOR- und KFOR-Einsätze im früheren Jugoslawien befehligt. Britische Truppenteile und Spezialisten wie Sanitäter, Pioniere und Logistiker sind schon von Nordrhein-Westfalen aus in aller Welt eingesetzt worden. Die in Paderborn stationierte 20. Panzerbrigade wird vielleicht demnächst komplett in den Irak geschickt.

Gründe hatten die Briten bisher genug, die deutschen Standorte nicht gänzlich aufzugeben: In Sennelager und Haltern sind große Truppenübungsplätze. Auch die Nähe zu den Übungsplätzen von Bundeswehr oder US-Armee, die die Briten nutzen können, ist von Vorteil. „Wir haben mehr Möglichkeiten, wenn wir auch hier in Deutschland sind“, sagt Whitehurst: „Ich bin zuversichtlich, dass die britische Präsenz in Deutschland mittelfristig gesichert ist.“

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