Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

IMI-Analyse 2005/032 - in: AUSDRUCK (Dezember 2005)

Kriege üben mit Serco GmbH und SAAB

Das Gefechtsübungszentrum (GÜZ) in der Colbitz-Letzlinger Heide -

Johannes Plotzki (09.12.2005)

https://www.imi-online.de/download/JP-6-05.pdf

„Für das deutsche Heer öffnen wir mit diesem Schlüssel eine Tür in eine neue Welt“[1] waren die Worte des damaligen Inspekteurs des Heeres, Generalleutnant Gert Gudera, anlässlich der symbolischen Schlüsselübergabe des Gefechtsübungszentrums Heer (GÜZ). Dieses ist, als modernste Ausbildungsstätte Europas, der Türöffner für eine „Verteidigung“, die laut den Neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien des vorherigen Verteidigungsministers Peter Struck „geographisch nicht mehr eingegrenzt“ ist. Mit der Vergabe des Gesamtmanagements und der Verwaltung von Originalwaffensystemen an private Unternehmen hat das von der Bundeswehr bereits seit mehreren Jahren betriebene Out-Sourcing bestimmter Aufgabenbereiche eine neue Qualität erreicht.

Schon Ende 2000 hatten über 400 Unternehmen den vom damaligen Verteidigungsminister Rudolf Scharping initiierten Rahmenvertrag zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung und der Wirtschaft: „Innovation, Investition und Wirtschaftlichkeit in der Bundeswehr“ vom 15. Dezember 1999 unterzeichnet.[2] Einsparungen in Milliardenhöhe für den Verteidigungshaushalt versprach sich Scharping damals. Die Folgen waren absehbar: Schon werden gesamte Bereiche der Bundeswehr in Public Private Partnerships (PPP) betrieben. Das ins Stocken geratene Projekt „Herkules“ sollte mit einem Gesamtvolumen von 6 Mrd. Euro das größte Privatisierungsvorhaben in der Geschichte der Bundeswehr sein: Die gesamten Daten- und Kommunikationsnetzwerke der bundesdeutschen Armee sollten einander angeglichen werden.[3] Praktische Beispiele für laufende PPP sind der seit 2002 auf Leasing umgestellte Fuhrpark an Straßenfahrzeugen durch die „BwFuhrparkService GmbH“, oder die Beschaffung, der Transport, sowie das Waschen und Reinigen und Instandsetzen der Bundeswehrbekleidung, von 2002 an durch die „LH Bundeswehr Bekleidungs-Gesellschaft“. Am 22. August 2000 wurde die „Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb“ (g.e.b.b.) gegründet. Als 100prozentige Tochter des Bundesministeriums der Verteidigung nimmt die g.e.b.b. eine Schlüsselrolle im Modernisierungsprozess der Bundeswehr ein. Sie berät nicht nur die Leitung der Bundeswehr in allen Fragen der Privatisierung von zivilen Dienstleistungen und ihrer wirtschaftlichen Optimierung, sondern wird im Bereich der Immobilien selbst operativ tätig und nimmt im Bereich Bekleidung und Fuhrpark als Anteilseignerin der operativen Joint Ventures die Gesellschafterinteressen des Bundesministeriums für Verteidigung (BMVg) wahr.[4]

Gefechtsübungszentrum – Die Wehrmacht schlug die Schneise

Auf dem Truppenübungsplatz Altmark nördlich Magdeburgs wurde im Januar 2001 mit dem Gefechtsübungszentrum Heer (GÜZ) die modernste Ausbildungsstätte Europas eingeweiht, nachdem hier bereits ab 1997 von der Bundeswehr das so genannte „traditionelle Gefecht mit verbundenen Waffen“, also die gemeinsamen Manöver von Artillerie, Infanterie und Luftwaffe geübt wurden. Die militärische Nutzung der Colbitz-Letzlinger Heide begann aber schon im Jahr 1935 durch die Wehrmacht, die zur Errichtung der Heeresversuchsanlage Hillersleben eine 30 km lange und 750 Meter breite Schneise in die Heidelandschaft schlug. Bis 1945 fanden dort Beschuss- und ballistische Versuche statt, bis die Wehrmacht den Platz Ende März weitestgehend zerstörte. Nach Übergabe an die US-amerikanischen Truppen, kam das Gelände schließlich in Besitz der Roten Armee, die ihn hauptsächlich für Panzer- und Infanterieschießübungen nutzte. Knapp 50 Jahre später erfolgte der offizielle Kommandowechsel auf dem Militärgelände. Seit 1994 ist das Bundesministerium für Verteidigung Eignerin des Truppenübungsplatzes. Schon ein Jahr zuvor hatte der Bundestag beschlossen, hier ein Gefechtsübungszentrum einzurichten. Seitdem wurden vom Bundesministerium für Verteidigung mehr als 100 Mio. Euro in dessen Aufbau investiert.[5] Daneben mussten die militärischen Hinterlassenschaften der Vorgängernutzer des Geländes beseitigt werden. Für die Kampfmittelberäumung gab das Bundesministerium für Verteidigung ca. 208 Mio. Euro aus. Mittlerweile ist der Truppenübungsplatz bis auf wenige verbliebene Flächen von Munitionsresten und Minen gesäubert, und bis 2006 soll die Kampfmittelräumung abgeschlossen sein.
Der Truppenübungsplatz hat in seinem jetzigen Zustand eine Ausdehnung von 32 km Länge und zwischen 8 und 15 km Breite.

Stullenstadt – letzte Station vor Mazar-i-Sharif

Alle Soldatinnen und Soldaten der Teilstreitkraft Heer, die sich für die Einsätze der Bundeswehr im Ausland befinden, durchlaufen vorher das 15-tägige Ausbildungsprogramm im GÜZ. Es ist die letzte Station vor ihrer Ausreise nach Bosnien, Kosovo oder Afghanistan. Hier lernen sie alles, was sie später für die taktischen Einsätze entweder im Rahmen der EU-geführten Militäroperation (EUFOR) in Bosnien-Herzegowena, die deutsche Beteiligung an der Kosovo Force (KFOR) der NATO, innerhalb der sogenannten internationalen Schutztruppe (ISAF) oder der „Operation Enduring Freedom“ in Afghanistan benötigen.
Der Auftrag des GÜZ dabei lautet: „Planen, Vorbereiten, Leiten und Durchführen von Übungen im Gefecht der verbundenen Waffen für Einheiten und Verbände des Heeres, einsatzvorbereitende Ausbildung (SFOR, KFOR, ISAF), Ausbildung für NATO Responce Forces [und] Ausbildung für Logistikkräfte.“[6] Auch die Soldaten des unter strengster Geheimhaltung zuletzt im Südosten Afghanistans eingesetzten Kommando Spezialkräfte (KSK) bekommen in Letzlingen ihren letzten Schliff. Auf dem 23.000 ha großen Gelände sind dafür, teils aus den Überresten des sowjetischen Kasernengeländes, teils neu aufgebaut, Tankstellen, Moscheen, Häuser, Werkstätten, ein Fussballplatz und sogar ein Café im Übungsdorf „Stullenstadt“ als Kulissen für den Übungsbetrieb errichtet worden. Nicht nur Gefechtssituationen werden hier geübt, sondern auch Geiselbefreiung, Sanitätseinsätze und Aufstandsbekämpfung, die so genannte riot control.
Bei jeder der insgesamt zehn verschiedenen Übungssituationen sind alle teilnehmenden Soldaten und Fahrzeuge mit einem hochmodernen Korsett von Sensoren ausgestattet und per Funk mit der Leitzentrale des Übungsplatzes verbunden. Die kriegstauglichen Waffen werden dabei anstatt mit scharfer Munition, mit einem Lasersystem, dem sogenannten Ausbildungsgerät Duellsimulator (AGDUS) ausgerüstet, wodurch der simulierte Feuerkampf aller direktgerichteten Waffen ermöglicht, gleichzeitig jeder gefallene Schuss in den angeschlossenen Computern in Echtzeit registriert und später ausgewertet werden kann. Jeder player, wie die Soldaten während der Übungen auch genannt werden, trägt einen Mini-Computer auf der Uniform. Nimmt einer der an Kopf und Oberkörper angebrachten Sensoren das Auftreffen von Laserbeschuss wahr, meldet eine freundliche Frauenstimme wahlweise in englisch, französich oder deutsch dem getroffenen Soldaten je nach Kallibergröße, entweder eine leichte bzw. eine schwere Verletzung oder gar den Totalausfall. Gleiche Meldung geht auch an die Leitzentrale. Mit einem Mausklick ist dort der player wieder reaktivierbar. Per GPS ist auf den Bildschirmen der Leitzentrale jeder einzelne Soldat ortbar, und wird je nach Zugehörigkeit zur eigenen oder Feindestruppe als grünes oder rotes Kästchen abgebildet. Das gleiche gilt auch für die bei den Übungen eingesetzten Fahrzeuge. Wird nun ein Fahrzeug beschossen, ermittelt der Mini-Computer den Grad der Beschädigung anhand aller zur Verfügung stehenden Parameter, wie beispielsweise Fahrzeugtyp, Gewicht, Beladung, sowie Art der Bewaffnung, aber auch Kallibergröße des simulierten Beschusses. Automatisch zündende, verschiedenfarbige Magnesiumfackeln zeigen Totalausfall oder Beschädigung weithin sichtbar an. Zur ergänzenden Dokumentation der Übungsdurchgänge wird der Funksprechverkehr aufgezeichnet und mittels eigener Video-Trupps „im Feld“ die Gefechtsübungen visuell festgehalten.

„Bestellen wie im Warenhaus“ – Wenn Private Kriegsgerät verwalten

Das GÜZ dient als Paradebeispiel für die Zusammenarbeit der Bundeswehr mit Privatunternehmen: Die komplette Verwaltung, Logistik, den Betrieb und das Managment im GÜZ übernimmt das im Jahr 2004 neugegründete Unterstützungszentrum Altmark (UZA), ein Firmenkonsortium bestehend aus Serco GmbH, SAAB Training Systems AB, Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH (IABG), und Flensburger Fahrzeugbau (FFG). Die deutsche Serco GmbH ist dabei Hauptvertragspartner mit dem Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung der Bundeswehr (BWB) und übernimmt das Gesamtmanagment. Der Vertrag mit einem Gesamtvolumen von 64,2 Mio. Euro umfasst den „Betrieb des Gefechtsübungszentrum/GÜZ des Heeres 2004-2008“ und im Einzelnen:

– Gesamtmanagment
– Betrieb und Betreuung der mobilen Systemtechnik und des Gefechtsfeldes
– Betrieb der Ausbildungsunterstützung
– Bürokommunikation und Netzwerke
– Materialwirtschaft versorgender Truppenteile und Materialnachweis Gesamtgerät GÜZ.[7]

Serco GmbH

Die deutsche Serco GmbH & Co. KG ging aus der Elekluft GmbH hervor und gehört seit September 1999 zur Serco group plc in London, einem Dienstleistungskonzern mit mehr als 30.000 Mitarbeitern in weltweit 30 Ländern. Serco group plc hat nach eigenen Aussagen in der Vergangenheit bereits mehrere strenggeheime Ausschreibungen für das britische Atomwaffen-Programm gewonnen. Das Verteidigungssegment des Unternehmens machte mit Dienstleistungen nicht nur für die britischen Streitkräfte, sondern auch die australische Marine, rund 30% des Geschäftsumsatzes im Jahr 2004 aus.[8] Am zukünftigen „Air Command and Control System (ACCS)“ der NATO beteiligt sich die Serco group im Rahmen des „Information Systems Modules for Deployable Allied Information System“, einem wichtigen Baustein für das neue Führungssystem für NATO-Luftoperationen.[9]
Als Allround-Dienstleister ist die serco group auch in das private Gefängnisgeschäft eingestiegen. Die britische Tochter Premier Custodial Group ist zuständig für den Betrieb von 5 vollprivatisierten Gefängnissen und 2 Abschiebehaftanstalten, sowie einen Gefangenentransportdienst, der 250.000 Personen jährlich befördert. Der deutsche Ableger Serco GmbH betreibt Teilbereiche der November 2005 fertiggestellten JVA Hünfeld in Hessen, und übernimmt die Bewirtschaftung und den Betrieb der 13 Schulen in der Stadt Monheim am Rhein.[10] Serco GmbH ist nicht nur im GÜZ wichtiger Dienstleister für das deutsche Heer, sondern „seit Jahrzehnten für die umfassende Systemunterstützung des Einsatzführungsdienstes der Luftwaffe verantwortlich.“[11]

SAAB Training Systems

Dieser Geschäftsbereich des schwedischen Autoherstellers SAAB trägt mit der Bereitstellung der Trainingstechnologie nicht unwesentlich für den hohen technologischen Stand des GÜZ bei. Das bereits erwähnte Ausbildungsgerät Duellsimulator wird mit dem „BT 46 laser simulator“ aus dem Hause SAAB bestückt. Dieses freut sich, dass „Deutschland schon seit vielen Jahren einer unserer am weitesten vorangeschrittenen Kunden“[12] ist. Das diesen Sommer eingegangene Joint Venture mit dem Eurofighter-Serienausrüster EADS Deutschland GmbH in München, lässt die Zufriedenheit der Schweden noch wachsen. Die Trainigssparte von EADS Deutschland wurde zu 70% von SAAB Training Sytem aufgekauft.[13]

Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH (IABG)

Die IABG, mit Sitz in Ottobrunn/München wurde 1961 auf Initiative des Bundes als zentrale Analyse- und Testeinrichtung für die Luftfahrtindustrie und das Verteidigungsministerium gegründet und ist „Deutschlands einziges privates Unternehmen, das dem Bund satzungsgemäß besondere Rechte zur Wahrung seiner Sicherheitsinteressen einräumt“.[14] Beteilungen bestehen u.a. am US-amerikanischen Rüstungskonzern MEADS, LLC in Huntsville/Alabama (28%). Beim so genannten „Joint Project Optic Windmill (JPOW VIII)“, einer groß angelegten gemeinsamen Übung mit Beteiligung der USA, den Niederlanden, Griechenlands und Deutschlands zur Erweiterten Luftverteidigung, unterstützte im April 2004 der bayrische Konzern „die deutsche Marine vor Ort mit ihrer Test- und Experimentalumgebung TEXnet und der simulierten Fregatte F124 SIMBURG.“[15] Die Übung diente der „Effektivitätssteigerung multinationaler Luftverteidigungs-Architekturen gegen eine Bedrohung durch taktische ballistische Raketen.“[16]

Flensburger Fahrzeugbau (FFG)

Der Ursprung der FFG geht bis auf das Jahr 1872 zurück. Neben der zivilen Fertigung ist die Wehrtechnik seit jeher ein Kerngeschäft von FFG. Die Produktpalette umfasst beispielsweise die Leitwerksbaugruppe, das Steuerteil und die beweglichen Flügel für die „Laser Guided Bomb“ (Paveway), inzwischen mehr als tausendfach an Griechenland, Saudi-Arabien, die USA und die Bundesluftwaffe verkauft, oder die mobilen Startcontainer für die KZO, einer Aufklärungsdrohne der neuesten Generation, sowie die Weiterentwicklung von Kettenfahrzeugen, wie dem LEO 1, Waran und dem Marder. Dieser wird beispielsweise auch im GÜZ von FGG-Mitarbeitern gewartet und eingerüstet. Weitere Dienstleistung dort wie auch weltweit ist die Ersatzteil-Logistik: „Allein für den NATO-Bereich sind ständig über 40.000 Einzelteile vorrätig“, erklärt das Unternehmen auf seiner Homepage.[17]
Zusammen 153 zivile Angestellte der vier genannen Firmen sorgen für den reibungslosen Ablauf im GÜZ. „Ihr Freizeitanspruchsdenken ist ganz gering ausgeprägt“[18], wie es Ralf Burghadt, Chef und Betriebsleiter des UZA ausdrückt. Das UZA ist entsprechend seinem Aufgabenspektrum in sieben Arbeitsbereiche unterteilt:

1. Gesamtmanagment (Serco)
2. Gefechtsfeld (SAAB Training AB und Serco)
3. Zentrale (Serco)
4. Ausbildungsunterstützung (IABG)
5. Bürokommunikation (Serco)
6. Materialbewirtschaftung (Serco, Standortverwaltung)
7. Fuhrpark (Serco, Standortverwaltung), Instandhaltung (FFG, Serco, Standortverwaltung) und Lagerhaltung (Serco und Standortverwaltung)[19]

Für Oberst Wolfgang Krippl, Leiter des Gefechtsübungszentrums, ist diese Aufteilung bequem: „Ich bestelle wie im Warenhaus.“[20] Als Verantwortlicher für den Ausbildungsbetrieb im GÜZ muss er sicherstellen lassen, dass die zu den 15-tägigen Übungsdurchgängen anreisenden Einheiten nicht nur ihre mitgebrachten Orginalwaffensysteme jeden Morgen pünktlich und korrekt an ihre Fahrzeuge angebracht bekommen, sondern muss ihnen auch einen realistischen Feind bieten. Dies übernehmen dann die insgesamt auf dem Truppenübungsplatz stationierten 613 Soldaten sowie die eigenen zivilen Angestellten. Ebenfalls hat das GÜZ zur Darstellung der Feindestruppen einen eigenen Fuhrpark mit 193 Fahrzeugen. Sowohl diese, als auch die der übenden Einheiten und Verbände, und natürlich alle übenden Soldat/-innen werden von den zivilen UZA-Mitarbeitern „eingerüstet“ und nach Beendigung des täglichen Übungsdurchganges wieder „ausgerüstet“. Die Lagerung und Instandsetzung der Waffensysteme erfolgt dann ausschließlich durch die UZA-Mitarbeiter/innen. Diese kämen überwiegend aus der Region und würden sehr sorgfältig ausgewählt. Die meisten hätten schon vorher Erfahrungen in militärischen Bereichen sammeln können.[21]

Girls Day und Grillwürstchen im GÜZ – Akzeptanzbeschaffung für das Militär

Betriebsleiter Ralf Burghardt betont gerne, wie wichtig das UZA für die Region sei, und dass die umliegenden Gemeinden auch von dieser Zusammenarbeit profitieren. Das UZA richtet nicht nur den „Tag der offenen Tür“ im GÜZ aus, wo das letzte mal neben Grillwürstchen und Hüpfburg auch eine Technikschau („Faszination Technik: Die Fahrzeuge der Bundeswehr waren dicht umlagert“[22]) und Vorträge den rund 8.000 Besuchern geboten wurden. Die 4.900 Euro Erlös aus der Tombola spendete Betriebsleiter Burghardt an den Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge.[23]
Im Mai diesen Jahres fand im GÜZ der Girls Day statt. Dort sollte „Mädchen ab der Jahrgangsstufe 9 ein informativer Überblick über das Gefechtsübungszentrum gegeben werden.“[24] Auch ist die Serco-Niederlassung auf dem Truppenübungsplatz Altmark Bündnispartner im „Landesbündnis für Familien Sachsen-Anhalt“ und hat sich damit verpflichtet, sich „im eigenen Wirkungskreis nach innen und nach außen für die Verbesserung von Familienfreundlichkeit einzusetzen.“[25] So werden Sportvereine und Kindergärten durch Partnerschaften unterstützt. Die eingeladenen Schüler/innen „schwärmen richtig, wenn sie bei uns zu Besuch sind.“[26]
Trotz dieser Akzaptanzbeschaffung unter der lokalen Bevölkerung regt sich seit Jahren Widerstand gegen die militärische Nutzung der Colbitz-Letzlinger Heide, dem größten zusammenhängenden Heidegebiet Mitteleuropas. Das sich darunter befindende Trinkwasserregime fasst ca. 3,5 Mrd. Kubikmeter, und versorgt allein 700.000 Menschen mit Trinkwasser, u.a. die Einwohner/innen der Landeshauptstadt Magdeburg. Eine Zwischenetappe auf dem Weg zu einer gänzlich zivilen Nutzung wäre für die Bürgerinitiative Offene Heide die Ausweisung des Naturparks Colbitz-Letzlinger Heide. Gefordert wird, den so genannten „Heidekompromiss“ wie 1997 vereinbart, in die Tat umzusetzen. In dem Abkommen hatten sich Bund und Land unter anderem über einen Abzug des Militärs aus dem Südteil der Heide im Jahr 2006 geeinigt. Inzwischen strebt die Landesregierung dessen Weiternutzung durch die Bundeswehr auch über 2006 hinaus an.

Fit für zukünftige Kriege der EU und NATO

Im Jahr 2004 fanden im GÜZ 15 Übungsdurchgänge an 251 Übungstagen statt. Dies bedeutete für die Mitarbeiter des UZA die Ausstattung von über 3.500 Fahrzeugen und etwa 11.000 Soldaten mit der Systemtechnik und den Waffen. Dabei wurden 80 Mio. Positionsmeldungen erfasst und verwaltet, 250.000 Materialbuchungen abgearbeitet, ca. 750.000 Schuss Übungsmunition ausgegeben und mehr als 4.000 Fahraufträge bearbeitet. Bis zum Jahresende 2005 sollen es insgesamt 16 und 2006 bereits 21 Übungsdurchgänge sein.[27]

Eine Intensivierung der Nutzung des Truppenübungsplatzes Altmark zeichnet sich also ab. Mit dabei auch schon heute Truppen anderer Staaten, wie beispielsweise im März 2003, als das gesamte Panzerbataillon 403 aus Stern Buchholz an einer gemeinsamen Übung mit einer Panzerkompanie aus den Niederlanden im Rahmen der Zusammenarbeit im Deutsch-Niederländischen Korps teilnahm.[28]
Gemeinsame Übungen mit anderen nationalen Kontingenten im Rahmen der EU-Battle Groups oder NATO Response Forces (NRF) sind dann wahrscheinlich, weil ein alleiniges Üben der deutschen Anteile – militärisch immanent gesehen – keinen Sinn macht. Entsprechend sieht Oberst Krippl die Priorität des GÜZ wie folgt: „Man muß das multinationale Ausbildungsgeschäft drauf haben“.[28]
Deutlich wird so, das GÜZ spielt eine entscheidene Rolle nicht nur zur Realisierung der bundesdeutschen Auslandseinsätze, sondern auch für die zukünftigen Kriege der EU und NATO. Die im GÜZ eingegangene Privatisierung aller entscheidender Bereiche, kann nur im Zusammenhang mit einer Effektivitätssteigerung der Bundeswehr im Sinne einer neuen Kriegsführung gesehen werden.

Anmerkungen:

[1]Homepage der Bundeswehr, Quelle: http://tinyurl.com/cmnme
[2] Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 14. Dezember 2000.
[3] Tobias Pflüger/Harald Neuber: Fit für die Kriege der Neuzeit. In: AUSDRUCK (Oktober 2004).
[4] Vgl. Homepage von g.e.b.b. , Quelle: http://www.gebb-mbh.de/Aktuell/Fuenf_Jahre_g.e.b.b..html
[5] Vgl. Land Sachsen-Anhalt, Ministerium des Innern – Pressemitteilung Nr.: 147/05 vom 19. Oktober 2005, Quelle: http://www.asp.sachsen-anhalt.de/presseapp/data/mi/2005/147_2005.htm
[6] Vgl. Jürgen Erbe: Gefechtsübungszentrum des Heeres. In: Europäische Sicherheit, H. 03-04/2004, S. 24.
[7] Ebenda, S. 28.
[8] Homepage von serco group plc, Quelle: http://www.serco.com/about_serco/markets/defence/index.asp
[9] Vgl. serco-Impuls, Nr. 02/2004; Seite 3, Quelle: http://serco.de/downloads/latest_news/serco-impuls02-2004.pdf
[10] Vgl. „Britischer Konzern betreibt teilprivatisiertes Gefängnis, Beitrag auf hessen aktuell, hr-online, 08.11.2004. Quelle: http://tinyurl.com/5mjgs
Serco GmbH Pressemitteilung 02/2004, Quelle: http://www.serco.de/downloads/latest_news/monheim.pdf
[11] Serco, der Allround-Dienstleister. Kernkompetenz auf vielen Feldern. In: Behörden-Spiegel, 09/2004.
[12] SAAB Training Systems, Pressemitteilung v. 01.07.2005, Quelle: http://www.saab.se/training/node5811.asp?intContentID=3124&intYear=2005
[13] Vgl. ebd.
[14] Homepage von IABG, Quelle: http://www.iabg.de/verteidigung/verteidigung_de.php
[15] IABG: Pressemitteilung v. 14.05.04, Quelle: http://www.iabg.de/presse/aktuelles/mitteilungen/200405_SIMBURG_JPOW_VIII_de.php
[16] IABG: Pressemitteilung v. 10.11.05, Quelle: http://www.iabg.de/presse/aktuelles/mitteilungen/200511_SAIC_de.php
[17] Homepage von FGG, Quelle: http://www.ffg-flensburg.de/service/ersatzteillogistik.html
[18] Zitiert nach: André Wannewitz: Gefechtsübungszentrum des Heeres ist Paradebeispiel für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. In: Mitteldeutsches Wirtschaftsmagazin, H. 7/2004, S. 15.
[19] Vgl. Serco: „Privatwirtschaftliche Kompetenz für das deutsche Heer “ serco. In: wt-wehrtechnik, H. 4/2004, S. 31.
[20] Oberst Krippl im direkten Gespräch, 1.11.2005 im Gefechtsübungszentrum Heer.
[21] Ralf Burghardt im direkten Gespräch, 1.11.2005 im Gefechtsübungszentrum Heer.
[22] Bildunterschrift in: serco-Impuls, Nr. 02/2004, Seite 4, Quelle: http://serco.de/downloads/latest_news/serco-impuls02-2004.pdf
[23] Ebd.
[24] AK Girls Day des Staatl. Schulamt Heidelberg und der Stadt Heidelberg, Quelle: http://ak.girls-day.de/ak_admin/display.shtml?db_id=12971#top
[25] Land Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Katalog der familienfreundlichen Maßnahmen in Sachsen-Anhalt, Quelle: http://tinyurl.com/b7rvh
[26] Bundeswehr und Serco GmbH verlängern Vertrag für Mobilitäts- und Materialservice im Gefechtsübingszentrum Altmark. In: Mitteldeutsches Wirtschaftsmagazin, H. 09/2005, S. 55.
[27] Ebd.
[28] Vgl Soldat und Technik. H. 04/2003, S. 31.
[29] Oberst Krippl im direkten Gespräch, 1.11.2005.

https://www.imi-online.de/download/JP-6-05.pdf

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Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de