Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

IMI-Standpunkt 2005/030

Presseerklärung: Völlig zu Recht wird diese EU-Verfassung abgelehnt.

Antwort auf Angelika Beer

Uwe Reinecke und Adolf Riekenberg (29.03.2005)

Gemeinsame Presseerklärung (Koordinierungsbüro und IMI e.V.)

https://www.imi-online.de/2005.php3?id=1139

Die These von der friedlichen EU ist haltlos!
Eine Antwort auf Frau Beers Fehlstandpunkt (FR vom 26. März).

Die Aufrufe der Friedensbewegung zu einem zivilen, solidarischen, demokratischen und ökologischen Europa sind nicht Ausdruck der Orientierungslosigkeit und weisen schon gar nicht darauf hin, dass Europa links liegen gelassen wird, sondern zeigt deutlich, wie wir uns das Zusammenleben in Europa wünschen.
Die These von der friedlichen EU ist haltlos, sie zeugt vom Verharren in der Denke des neuen Krieges. Sie ist gefährlich. Durch bewusste Fehlinformation und Verschweigen über den tatsächlichen Inhalt von offizieller Seite wird versucht, ein Projekt durchzupeitschen, dass den Interessen der Bürger entgegen läuft. Ein Kerneuropa – in Form einer „ständigen strukturierten Zusammenarbeit“ wird erst mit der Verfassung und den darin enthaltenen Protokollen geschaffen, wo Frankreich und Großbritannien zusammen mit Deutschland, den militärischen Führungszirkel bilden.

– Mit Artikel I-3 Absatz 1: „Ziel der Union ist es, den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern.“ wird nicht die Förderung des Friedens allgemein zum obersten Ziel gemacht, lediglich innerhalb der EU-Grenzen soll dieser Frieden gelten. Zum obersten Ziel wird gemacht (Absatz 2): „Die Union bietet ihren Bürgerinnen und Bürgern einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen und einen Binnenmarkt mit freiem und unverfälschtem Wettbewerb.“ Hier wird ein Wirtschaftsmodell in Verfassungsrang erhoben, ohne Alternativen zu zu lassen.

– Völkerrechtswidrige Angriffskriege wurden sowohl mit dem Jugoslawienkrieg als auch dem Krieg in Afghanistan von Deutschland mitgetragen. Der EU-Ministerrat (zukünftig „Rat“ genannt) bekommt das Mandat für weltweite Militäreinsätze (Art. I-41,1 und 5) – ohne Bindung an ein Mandat des UNO-Sicherheitsrates. Die Einsatzbedingungen für die EU-Interventionen sind so vage definiert, dass praktisch immer ein Vorwand gefunden werden kann: die „Abrüstung“ von Gegnern, „Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewältigung“, „Bekämpfung des Terrorismus“ …. unter anderem auch durch die „Unterstützung für Drittländer bei der Bekämpfung des Terrorismus in ihrem Hoheitsgebiet“ (Art. III-309,1). Da EU-Recht über dem nationalen Recht steht (Anspruch der Politik in Art. 6), wird das Angriffskriegsverbot des Grundgesetzes (Art. 26 GG) mit Inkrafttreten der EU-Verfassung (ab Nov. 2006) abgeschafft.

– Die Charta der Grund- und Menschenrechte wurde zwar aufgenommen, gleichzeitig wurden aber auch Einschränkungen und Erläuterungen als rechtsverbindlich deklariert. Im Artikel II-112 heißt es dann: (7) Die Erläuterungen, die als Anleitung für die Auslegung der Charta der Grundrechte verfasst wurden, sind von den Gerichten der Union und der Mitgliedstaaten gebührend zu berücksichtigen. Während die Grundrechtecharta gerade mal 14 Seiten des 480 seitigen Machwerkes EU-Verfassungsvertrag ausmachen, haben die Erläuterungen 39 Seiten! Entgegen Frau Beers Behauptung verpflichtet sich die EU auch nicht die UN-Charta einzuhalten, sondern erklärt, dass das Völkerrecht „weiter entwickelt“ werden müsse und man nur die nicht definierten „Grundsätze“ der UN-Charta wahren wolle (Art. 3).

– Zivile und Militärische Maßnahmen stehen nebeneinander, aber lediglich die militäri

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schen Missionen werden ausgestaltet. So wurde eine „Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung (Europäische Verteidigungsagentur) eingerichtet, deren Aufgabe es ist, den operativen Bedarf zu ermitteln und Maßnahmen zur Bedarfsdeckung zu fördern, zur Ermittlung von Maßnahmen zur Stärkung der industriellen und technologischen Basis des Verteidigungssektors beizutragen und diese Maßnahmen gegebenenfalls durchzuführen“. Diese Agentur bekommt also auch noch Regierungsbefugnis, um die eigenen Interessen dann gegebenenfalls auch selbst umzusetzen. Ein Amt für Friedenspolitik wurde nicht eingesetzt!

– Mit welcher Stimme spricht Europa zukünftig? Die EU-Verfassung sieht auch eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik vor. Bei den jetzt zu Ende gegangenen Gesprächen am 22./23. März 05 des EU-Frühjahrsgipfel wurde eine Ausgestaltung des Eu-Außenministers mit umfassenden Kompetenzen eingeleitet. Der Eu-Außenminister wird neben der Koordination der Handels- Entwicklungs-, Nachbarschafts- und Erweiterungspolitik auch die „Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ leiten und damit Herr über die Offiziere und dem Militärstab sein. Welchen Eindruck mache ich auf andere Länder, wenn ich zu Verhandlungen keinen Diplomaten sondern jemandem mit der Macht der Militärs im Rücken schicke, muss man sich fragen?

– Das die Formulierung „die militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern“ keine Verpflichtung zur Aufrüstung sei, ist eine glatte Falschbehauptung seitens Frau Beer. Offenbar ist sie dem regierungsamtlichen Orwellschem Neusprech derart verfallen, dass sie die euphemistischen Wortumdeutungen schon selber glaubt.

– Darüber hinaus haben der deutsche Verteidigungsminister und der Finanzminister als Vorgriff auf diese Verfassung auch schon vereinbart, dass der Rüstungshaushalt ab dem Jahre 2007 jährlich um 800 Millionen Euro steigen wird.

– Entgegen dem von Frau Beer erweckten Eindruck wurde das Korps für humanitäre Hilfe nicht in die Verfassung aufgenommen.

– Die Parlamentarische Kontrolle der Militäreinsätze wird zumindest auf EU-Ebene nicht gewährleistet. Das Parlament wird lediglich informiert und hat nicht das Recht über solche Einsätze zu entscheiden (Art. 297 und 304). Auch auf nationaler Ebene wird es schwieriger, nach dem das deutsche Parlament mit dem „Parlamentsbeteiligungsgesetz“ seine Befugnisse eingeschränkt hat und bei Einsätzen „niedrigerer Intensität“ lediglich im Nachhinein informiert werden muss.

– Wie der Irakkrieg gezeigt hat, werden auf der einen Seite schöne Worte geredet, auf der anderen Seite aber wird die Kriegsmaschinerie unterstützt. Wir müssen raus aus dem Denkmuster, wenn wir Frieden wollen, reicht es nicht aus schöne Worte zu haben. Wir müssen dann auch die praktischen Schritte in der Verfassung wieder finden.

– Ein Scheitern dieser Verfassung kann uns nur stärken und in dem Sinne der Aufrufe für ein ziviles, solidarisches, demokratisches und ökologisches Europa weiterbringen, da haben nationalistische Europagegner nichts verloren und können auch als Schreckgespenste nicht auftauchen.

Wir fordern die Frankfurter Rundschau auf, an gleicher prominenter Stelle einen Aktivisten aus der Friedensbewegung zu Wort kommen zu lassen.

Adolf Riekenberg (Koordinationsbüro der Kampagne gegen die militarisierte EU-Verfassung) und Uwe Reinecke (Pressesprecher IMI e.V.) 0176- 24 10 12 32.

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