Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

IMI-Standpunkt 2004/040 - Interview / Pressebericht, in: Neues Deutschland 05.08.2004

"Gegen die Verfassung braucht es Druck von unten"

Interview mit dem parteilosen Politikwissenschaftler Tobias Pflüger, MdEP, IMI

Tobias Pflüger (05.08.2004)

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Am Rande eines Sommercamps der JungdemokratInnen/Junge Linke in Beckerwitz (Mecklenburg-Vorpommern) vermittelte der PDS-Europaabgeordnete Tobias Pflüger erste Eindrücke vom bislang noch ungewohnten Dasein als kontinentaler Volksvertreter. Mit ihm sprach René Heilig.

ND: Frisch gewählt ins EU-Parlament müssten Sie doch eigentlich was anderes zu tun haben, als an die Ostsee zu fahren. Was machen Sie hier in Beckerwitz? Urlaub?

Pflüger: Urlaub? Oh ja, wäre schön hier. Aber nein, ich versuche, meine politischen Ziele zu verwirklichen. Dabei sind politische und soziale Bewegung von zentraler Bedeutung. Deshalb war ich zu Wochenbeginn bei der Attac-Sommerakademie im Süden, nun bin ich hier im Sommercamp der Jungdemokraten/ Junge Linke im Norden. Auch ein Camp des PDS-Jugendverbandes »Solid« liegt an meiner Strecke.

ND: Was steht auf dem Programm hier an der Ostsee?

Pflüger: Hier wird unter der Sonne gearbeitet, gestritten. Beispielsweise über den Ausbau der Militärmacht EU. Dazu hat man mich eingeladen. Ich sitze – seit ein paar Wochen – im Auswärtigen Ausschuss und im Unterausschuss Sicherheit und Verteidigung des EU-Parlaments. Vor ein paar Tagen hatten wir dort das Thema Sudan auf dem Tisch und es gab nicht wenige Kollegen aus anderen Fraktionen, die auf ein militärisches Eingreifen gepocht haben. Das ist das Letzte, was die Krisenregion braucht. Es muss uns vielmehr um Hilfe, um Hilfslieferungen gehen. Doch natürlich wissen wir, dass der Sudan geopolitisch von zentraler Bedeutung ist, Stichwort Öl.

ND: Bei Ihrer »Sommer-Tournee« spielt gewiss auch der Entwurf der EU-Verfassung eine Rolle. Wissen ihre Gesprächspartner genügend darüber?

Plüger: Da muss man unter zwei Gruppen unterscheiden. Jene, die politisiert sind, wissen sehr viel von diesem Entwurf. Besonders darüber, wie die Außenpolitik immer mehr militarisiert werden soll. Doch der große Rest unserer Bevölkerung… Von Seiten der Bundesregierung, von SPD und Grünen, ist eine wirkliche inhaltliche Debatte über den Verfassungsentwurf nicht gewünscht. Dennoch sehe ich gerade im Moment in Gewerkschaften und in Kirchen ein wachsendes Interesse. Da wird Druck von unten gemacht. Den brauchen wir dringend.

ND: Der aktuelle EU-Umfragestand lautet: 79 Prozen

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t pro Verfassungsentwurf. Verunsichert das die PDS, für die sie im EU-Parlament sitzen, nicht doch etwas?

Pflüger: Unsere Beschlusslage ist in diesem Punkt relativ eindeutig. Sechs von sieben Abgeordneten haben sich erklärt. Sie sind gegen diesen Verfassungsentwurf. Ein Nein der PDS ist für mich, wenn Sie so wollen, die Geschäftsgrundlage. Es steht demnächst wieder ein Parteitag an und ich weiß, dass eine Reihe von Leuten sich überlegen, wie sie dieses Thema in die Debatte bringen können. Mir ist sehr wichtig, dass man jetzt in den verschiedenen Bereichen, selbstverständlich in der PDS, in sozialen Bewegungen wie Attac oder den Friedensgruppen gemeinsam gegen diesen Verfassungsentwurf arbeitet. Das ist auch als Signal für Freunde in jenen Ländern wichtig, in denen Referenden über den Verfassungsentwurf veranstaltet werden. Ich weiß aus Österreich, wie sehr man dort auf uns schaut. Das wird in Irland und Dänemark ähnlich sein. Spanien wird ja das Land sein, welches wahrscheinlich als erstes das Referendum abhält.

ND: Und wie gehen die Abstimmungen aus?

Pflüger: Ich bin nach wie vor sehr zuversichtlich, dass mehrheitlich mit Nein gestimmt wird. Wenn in einem der Kernländer, Großbritannien oder Frankreich, ein Nein zu Stand kommt, ist der Verfassungsentwurf gestorben. Und hier zu Lande ist es wichtig, all jenen, die den Entwurf per Bundestag und Bundesrat einfach »durchstimmen« wollen, von außen signalisiert: Hier sind ganz viele, die aus guten Gründen anderer Meinung sind.

ND: Wenn Pflüger früher zu einem Forum eingeladen wurden, dann kam ein in der Friedensbewegung gut bekannter Mann, der in Tübingen die Informationsstelle Militarisierung leitet. Nun jedoch kommt ein Herr Abgeordneter. Merken Sie da einen Unterschied?

Pflüger: Nein, jedenfalls bei mir nicht. Aber der Umgang mit mir ist zum Teil schon ein anderer. Dennoch: Ich habe ja zum Anfang unseres Gesprächs gesagt, dass ich ein Mensch der Bewegungen bin. Und das werde ich auch bleiben. Deshalb arbeite ich bei der Informationsstelle Militarisierung kontinuierlich weiter. Außerdem bin ich im wissenschaftlichen Beirat von Attac und im Bereich der Friedensbewegung. Mir geht es darum, für linke Inhalte zu arbeiten, und wenn das EU-Mandat da hilft, ja dann…

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