Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

IMI-Standpunkt 2004/002 - in: IMI-List 0182, 05.02.2004

Aufruf zu den Protesten gegen die „Sicherheitskonferenz“ – gegen die Kriegskonferenz in München

Was wird auf der Konferenz diskutiert werden?

Tobias Pflüger (07.02.2004)

An diesem Wochenende finden kurz hintereinander zwei zentrale Treffen von Regierenden in München statt. Dagegen ist es dringend notwendig zu demonstrieren.

Erstens, das Treffen der NATO-Militärminister in München: Am Freitag 06.02. um 12 Uhr findet im Hotel „Bayrischer Hof“ auf Einladung des deutschen Militärministers Peter Struck das Treffen aller NATO-Militärminister mit dem neuen NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer statt. Angemeldete Personen: 70 Zweitens die sogenannte „Sicherheitskonferenz“ mit Peter Struck und Donald Rumsfeld: Direkt nach dem NATO-Ministertreffen am Freitag um 19.30 Uhr empfängt der Münchner SPD-Oberbürgermeister Christian Ude die Teilnehmer/innen der sogenannten „Sicherheitskonferenz“, die alljährlich von Horst Teltschik organisiert wird. Die „Sicherheitskonferenz“ selbst findet ebenfalls im Bayrischen Hof in München statt und beginnt am Samstagmorgen und geht bis Sonntagmittag.

Offiziell geht es bei der „Sicherheitskonferenz“ um „Perspektiven der transatlantischen Beziehungen“, „die Zukunft der NATO“ und „die künftige Entwicklung des Mittleren Ostens.“ Die angeblich von Horst Teltschik privat organisierte „Sicherheitskonferenz“ ist seit Jahren ein Treffpunkt von speziellen politischen Entscheidungsträgern, Militärs, Wissenschaftlern, Medien- und Wirtschaftsvertreter aus aller Welt, es ist ein Treffen der „military community“. Trotz angeblicher „privater Organisation“ hat das Hausrecht im Tagungshotel Bayrischer Hof die Bundeswehr!

Die Sicherheitskonferenz 2003 stand ganz im Zeichen des kommenden Irakkriegs. Entgegen der öffentlichen Auseinandersetzung wurde auf der Sicherheitskonferenz 2003 in München u.a. zwischen Donald Rumsfeld und Peter Struck abschließend geklärt, wie Deutschland den Irakkrieg umfangreich unterstützte – entgegen des Grundgesetzes und des Völkerrechts u.a. durch Überfluggenehmigungen, Zurverfügungstellung der militärischen Infrastruktur in Deutschland und durch Wachdienste von Bundeswehrsoldaten vor US-Kasernen. Zugleich deutete sich an, was die angeblichen Kriegsgegnerstaaten Deutschland und Frankreich nach Ende der Bombenphase gegen den Irak vor hatten: Eine weitere Forcierung der Militärmacht Europäische Union.

Die Proteste 2003 waren mit ca. 30.000 Demonstrant/inn/en gegen den Irakkrieg, die deutsche Kriegsunterstützung und die „Sicherheitskonferenz“ sehr erfolgreich. Sie waren ein wichtiger Auftakt für die riesigen und republik- und weltweiten Demonstrationen gegen den Irakkrieg, u.a. am 15.02.2003.

Neben einer Reihe weiterer Repressionen (u.a. Stürmung des Convergence Centers – Tröpferlbads) wurde ich damals wegen Aufrufs zur Desertion festgenommen. Die Münchner Staatsanwaltschaft hat das Verfahren inzwischen eingestellt, weil sie eingesehen hat, dass sie einen möglichen Prozess wegen Aufruf zur Desertion sowieso verlieren würde. Es ist – das ist nun wieder bestätigt worden – völlig rechtens Bundeswehrsoldaten dazu aufzurufen, nicht an der Unterstützung eines Angriffskriegs teilzunehmen. Diese Einstellung – die noch besser ist als ein Freispruch – ist eine Motivation diesmal wieder in aller Deutlichkeit gegen die Militär- und Kriegspolitik vor allem der USA, der EU und Deutschlands zu demonstrieren. Der Aufruf und die Mottos der Proteste 2004 werden von der Informationsstelle Militarisierung voll unterstützt: „Stoppt die weltweiten Kriege der NATO-Staaten! Für ein soziales Europa, Keine EU-Militärmacht, Gegen die deutsche Kriegspolitik und weltweite Bundeswehreinsätze, Statt sozialer Demontage und Aufrüstung – Umverteilung von oben nach Unten, No justice no peace, Internationale Solidarität gegen Ausbeutung und militärische Unterdrückung.“

2004 wird es auf der „Sicherheitskonferenz“ darum gehen, wie die Besetzung zweier Länder, die von westlichen Staaten mit Krieg überzogen wurden, Irak und Afghanistan, weiter perfektioniert und unter den Staaten, die dort jeweils Soldaten haben, besser abgestimmt werden kann. Dabei wird die vereinbarte Arbeitsteilung zwischen USA einerseits und der Europäischen Union bzw. Deutschland andererseits im konkreten besprochen. „Ein verstärktes Engagement der Nato in Afghanistan soll im Vordergrund des Treffens der Verteidigungsminister des Bündnisses am Freitag in München stehen,“ schreibt die FAZ am 04.02. Dem Eurocorps – der Vorzeigetruppe der EU – soll die „Führung der Afghanistan-Schutztruppe ISAF“ in ihrem Hauptquartier übertragen werden. „Weiter ist beabsichtigt, der Nato auch die operative Führung“ des noch laufenden Krieges in Afghanistan „zu übertragen.“ „Das läuft auf eine Zusammenlegung der beiden bisher getrennt geführten Operationen Enduring Freedom und Isaf hinaus. Nach Angaben der FAZ werden die dazu erforderlichen Truppenverstärkungen in der Nato auf 5000 bis 14000 Mann geschätzt.

Außerdem wird in München auf der Sicherheitskonferenz geklärt werden, wie und welche Truppen für den Irak ab wann Frankreich und Deutschland stellen werden. Es wird wohl mit deutschen „Sanitätstruppen“ und französischen „Stabilisierungskräften“ anfangen… Als erster Schritt ist an eine offizielle Rolle der NATO bei der Besatzung des Irak gedacht. Beim nächsten Treffen der NATO-Militärminister in Istanbul im Juni will man wohl eine NATO-Operationsplanung für den Irak beschließen, in München soll diese in Auftrag gegeben werden, diskutierte Höhe 30.00 bis 45.000 Soldaten. Als Hauptquartiere sind das Allied Rapid Reaction Corps (ARRC) in Mönchengladbach und das deutsch-niederländische Korps in der Diskussion. „In beiden Führungsstäben stellt ist die Bundeswehr einen Großteil des Personals“, so die FAZ. „In Brüssel wird ein deutscher Truppenanteil von 4000 bis 5000 Mann für machbar gehalten.“ Wenn die Planung klappt, „könnte der Einsatz der Nato“ und damit wohl auch Deutschlands, „im Irak gegen Ende des Jahres oder Anfang nächsten Jahres beginnen.“

Was in München stattfindet ist also tatsächlich eine Konferenz über und zu den Kriegen der anwesenden Staaten, es ist tatsächlich eine „Kriegskonferenz“.

Immer wieder fordern Geschäftsleute und Bewohner/innen Münchens, dass die „Sicherheitskonferenz“ aus dem Zentrum Münchens verschwinden soll. Immer mehr auch in der Münchner Stadtverwaltung schließen sich dem an. Die bayrische und Münchner Polizei eskaliert im Einvernehmen vor allem mit der bayrischen Staatsregierung jedes Jahr die Situation schon im Vorfeld, durch Repressionen, diesmal durch Stürmung des Café Marat (das war früher das Tröpferlbad) am 29.01. mit Polizei-Hundertschaften mit konstruierter Begründung und durch die Ankündigung, Kontrollen an den Eingängen zu München durchzuführen. Unvergessen sind die dreisten Polizeilügen der „anreisenden Gewalttäter“ aus dem Jahre 2002. Auch diesmal ist das Polizeiaufgebot mit 3.500 Polizisten völlig unangemessen und martialisch.

Horst Teltschik sagte auf der Pressekonferenz, auf der er die „Sicherheitskonferenz“ 2004 vorstellte: „Wie der Name schon sagt, gehört die Konferenz nach München und auch in den Bayerischen Hof. Einen Umzug würde sie sicher nicht überleben, dass wäre ihr Todesstoß“. Auch wenn die Wortwahl von Horst Teltschik martialisch ist: Versetzen wir mit einer kraftvollen Demonstration am Samstag 07. Februar und einer erfolgreichen Menschenkette mit phantasievollen Aktionen am Freitag 06. Februar ab 16 Uhr der „Sicherheitskonferenz“ den „Todesstoß“. Es wäre doch schön, wenn die 40. Sicherheitskonferenz 2004, die letzte wäre.

Wir werden erwartungsgemäß weniger Demonstrierende sein als 2003, aber wir müssen zeigen, dass diese sogenannte „Sicherheitskonferenz“, diese Kriegskonferenz nicht erwünscht ist in München! Bitte kommt, sofern ihr es einrichten könnt, zu den Protesten! Je mehr wir sind, desto besser!

Ich hoffe, wir sehen uns! Bis dahin Tobias Pflüger

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Weitere Informationen, Pläne und das genaue Programm der Demonstrationen am Samstag 07.02., der Menschenkette und Aktionen am Freitag 06.02., der Friedenskonferenz, von Planet Peace etc.:
http://www.no-nato.de
http://www.muenchen-gegen-krieg.de
http://www.sicherheitskonferenz.info und http://www.attac-m.org
http://www.dfg-vk.de/sicherheitskonferenz
http://www.muenchner-friedensbuendnis.de

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Von der Informationsstelle Militarisierung (IMI) werden Tobias Pflüger auf der Auftaktkundgebung und Claudia Haydt auf der Abschlusskundgebung am Samstag reden. Am Freitag sind beide an den verschiedenen Kundgebungsorten (Lenbachplatz, Platz der Opfer des Nationalsozialismus, Schrammerstr./ Theatinerstr., Odeonsplatz).

Tobias Pflüger und Claudia Haydt sind ebenso wie der Pressesprecher der Informationsstelle Militarisierung, Uwe Reinecke, vor Ort am Freitag und Samstag telefonisch für Nachfragen, Interviews und inhaltliche Beiträge erreichbar:
Tobias Pflüger: 0174-7650483
Claudia Haydt: 0172-9725410
Uwe Reinecke (IMI-Pressesprecher): 0176-24101232

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