Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

Pressebericht - in: Schwäbisches Tagblatt, 25.11.2003

Kritik an EU-Verfassung

Kongress über Globalisierung und Krieg

dir / Schwäbisches Tagblatt / Pressebericht / Dokumentation (02.12.2003)

TÜBINGEN (dir). Welcher Zusammenhang besteht zwischen Globalisierung und Krieg? Diese Frage wurde am Wochenende beim sechsten Kongress der Informationsstelle Militarisierung (IMI) in der Begegnungsstätte Hirsch von über hundert Teilnehmern erörtert und diskutiert.

Die westlichen Staaten weiten das neoliberale Wirtschaftsmodell aus. Das tun sie ungeachtet der Tatsache, dass dadurch jenseits der Wohlstandsinseln – Europa sei eine solche – weite Teile der Weltbevölkerung verarmen, sagte Ulrich Brand bei seiner Eröffnungsrede zum Kongress „Globalisierung und Krieg“. Transnationale Konzerne siedelten nur noch ihre zentralen innerhalb der Wohlstandsinseln an. Die Auslagerung der Produktionsstätten in andere Länder bringe der dortigen Bevölkerung allerdings keinen Wohlstand, sondern verschlechtere ganz im Gegenteil deren Situation.

Claudia Haydt von der Tübinger Informationsstelle stellte eine von der Weltbank in Auftrag gegebene Studie vor. Diese komme zu dem Ergebnis, dass Armut ganz wesentlich dazu beitrage, dass Konflikte ausbrechen und eskalieren. Das sah sie als Beleg für den Zusammenhang von Globalisierung und Krieg. Eine Intervention westlicher Staaten könne nicht die Beilegung eines Konfliktes fördern, sondern wirke oftmals nur verschärfend. Zudem habe man herausgefunden, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Bürgerkrieg mit dem Anteil der Militärhaushalte am Bruttoinlandsprodukt steige. Werde in Infrastruktur statt in Militär investiert, verringere das die Gefahr eines Konfliktes.

Am Beispiel der Demokratischen Republik Kongo beschrieb Christoph Marischka, wie ein Land seiner Ansicht nach durch Globalisierung in Konflikte getrieben werde. Seine These untermauerte er mit einem UN-Bericht über westliche Konzern-Interessen an der Ausbeutung kongolesischer Rohstoffe. Als Gegenwert für den begehrten Rohstoff Coltan, aus dem das in jedem Handy und Notebook verwendete Metall Tantal gewonnen wird, würden laut UN-Bericht Waffen nach Kongo geliefert. Diese Waffen würden maßgeblich zur Verlängerung des Bürgerkrieges beitragen. Gleichzeitig seien die Länder, die am EU-Einsatz in Kongo beteiligt sind, auch diejenigen, die den größten Profit aus dem Rohstoffhandel zögen.

Tobias Pflüger, IMI-Vorstand und Politologe, referierte über die künftige europäische – und damit auch für Deutschland geltende – Verfassung, die er als „Militärverfassung“ bezeichnete. Sie enthalte eine Aufrüstungsverpflichtung und die Festschreibung von weltweiten Kampfeinsätzen. Hinter diesen Paragraphen sieht und kritisiert er das Ziel der EU, sich zur zweiten Weltmacht entwickeln zu wollen und damit die unipolare Weltordnung hin zu einer dipolaren zu verschieben. Er rief in seiner Rede zum Widerstand gegen diesen Teil der Verfassung auf.

Die abschließende Podiumsdiskussion wurde von Claudia Haydt moderiert und hatte das Ziel, konkrete Handlungsperspektiven zu entwickeln. Diskussionsteilnehmer war neben Tobias Pflüger Johannes Lauterbach von Attac Stuttgart, der für den eigentlich vorgesehenen Martin Zeis eingesprungen war. Die zuvor schon von Tobias Pflüger vorgeschlagene Idee, in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen eine Kampagne gegen die EU-Verfassung zu starten, stieß auf breite Resonanz.

Die Informationsstelle Militarisierung veranstaltet Kongresse, trägt Informationen über Aufrüstung und Militarisierung zusammen und veröffentlicht diese als Mitherausgeber in der „Zeitung gegen den Krieg“ sowie im Internet: https://www.imi-online.de

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