in: Zeitung "Gewaltspirale durchbrechen" / taz 28.08.2002

Gegen den Irakkrieg – nicht nur mit Worten sondern mit Taten!

Gerhard Schröder und Joschka Fischer haben sich in den letzten Wochen eindeutig gegen den geplanten Irak-Krieg ausgesprochen.

von: Tobias Pflüger | Veröffentlicht am: 17. August 2002

Drucken

Hier finden sich ähnliche Artikel

Gerhard Schröder und Joschka Fischer haben sich in den letzten Wochen eindeutig gegen den von der US-Regierung propagierten und geplanten Irak-Krieg ausgesprochen. Dies ist eine neue Positionierung, die sicher innerhalb der Friedensbewegung begrüßt wird. Doch es bleibt Skepsis: Es ist nicht vergessen, dass es diese Bundesregierung war, die zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg deutsche Soldaten wieder in einen Kriegseinsatz schickte (Kosovo), die in Afghanistan Bundeswehrspezialeinheiten an Kampfeinsätzen des US-Armee teilnehmen ließ, die in einer Legislaturperiode 17 Beschlüsse fasste zur Entsendung deutscher Soldaten ins Ausland und die mit der „Bundeswehrreform“ einen Prozess einleitete, an dessen Ende die Bundeswehr eine vollfunktionsfähige Interventionsarmee sein soll.

Es ist auch nicht vergessen, dass noch im März 2002 Gerhard Schröder der US-Regierung eine interne Zusage für eine deutsche Beteiligung an einem Krieg gegen den Irak gegeben hat. Die damaligen Bedingungen: Der Krieg solle nach den Bundestagswahlen stattfinden und müsse mit einem UN-Mandat versehen sein.

Will die Regierung die in dieser Sachlage begründete Skepsis beseitigen und verhindern, dass der Eindruck entsteht, die Kurskorrektur wäre wahlkampfbedingt – schließlich sind nach unterschiedlichen Umfragen seit Monaten zwischen 73 % (n-tv / Emnid-Umfrage) und 91 % (Spiegel-Umfrage) gegen einen Irakkrieg – dann muss sie schnellstens ihren Worten Tasten folgen lassen.

Derzeit sind im Rahmen des so genannten Anti-Terroreinsatzes „Enduring Freedom“ in Kuwait 52 ABC-Abwehrkräfte der Bundeswehr mit 6 Spürpanzern Fuchs stationiert. Ihre Aufgabe ist es, den in Kuwait stationierten US-Soldaten bei Angriffen mit atomaren, biologischen oder chemischen Waffen zur Hilfe zu kommen. Sollte es also einen Angriff auf den Irak geben, sind die Bundeswehr-Soldaten in Kuwait und damit Deutschland mittendrin im Krieg.

Die ABC-Abwehrkräfte wurden in Kuwait zurückgelassen nach einem Manöver im März, an dem 250 Bundeswehrsoldaten teilnahmen. Jetzt sollen die Soldaten an einem neuen Manöver teilnehmen. Verstärkte Manöver in Kuwait sind aber ein wichtiges Anzeichen für einen bevorstehenden Angriff auf den Irak. Trotzdem hat der neue Verteidigungsminister, Dr. Peter Struck, auf Wunsch der US-Regierung entschieden, dass die ABC-Abwehrkräfte in Kuwait bleiben. Friedrich Merz (CDU) sagt, um was es geht: „Alles ABC-Abwehrmaterial ist in Kuwait geblieben, wenn es dort in der Region zu einem Konflikt kommt, ist Deutschland natürlich dabei.“ (Financial Times 24.05.2002)

Diese Stationierung steht damit im klaren Widerspruch zu den aktuellen Aussagen von Schröder und Fischer. Den Worten Taten folgen lassen, das heißt sofortiger Abzug aller Bundeswehr-Soldaten aus Kuwait und offizielle Information der US-Regierung: Es gibt keine deutschen Soldaten für einen US-Angriff gegen den Irak und es gibt auch keine Millionen für die amerikanische Kriegskasse, wie im zweiten Golfkrieg.

Von Deutschland aus fliegen Militärflugzeuge, wenn ein Land durch NATO- oder US-Truppen angegriffen wird. Das war im Golfkrieg II so, während der Jugoslawien-Kriege und auch beim Krieg gegen Afghanistan. Auch bei einem erneuten Krieg gegen den Irak wäre Deutschland eine wichtige Drehscheibe für die US-Truppen. Wenn es der Bundesregierung ernst ist mit ihrer Kriegsablehnung, dann muss sie unmissverständlich klarmachen, dass es auch innerhalb Deutschlands keinerlei Truppenunterstützung für einen Angriffskrieg gibt und dass sie sich dagegen verwehrt, dass die militärische Infrastruktur in Deutschland für einen dritten Golfkrieg genutzt wird. Das betrifft nicht nur die deutschen sondern auch die US-amerikanischen Basen wie Spangdahlem, Ramstein und Frankfurt Airport.

Und letztendlich gehört zu einen deutlichen Antikriegskurs auch, dass die Regierung innerhalb der NATO gegen einen dritten Golfkrieg ihr Veto einlegt. Bei einem entschlossenen Handeln dürfte sie die ganz große Mehrheit der europäischen Staaten hinter sich wissen, selbst in Großbritannien haben 130 Labour-Abgeordnete, darunter mehrere Kabinettsmitglieder, Regierungschef Blair davor gewarnt, einen Angriff gegen den Irak zu unterstützen.

Nehmen wir die Regierung also beim Wort – fordern wir Taten!

Die vierseitige Originalzeitung „Gewaltspirale durchbrechen“ ist
– als PDF-Datei im Netz:
http://www.friedenskooperative.de/gifs/taz2808.pdf
– und alle Texte sind auch Online (als HTML) verfügbar:
http://www.friedenskooperative.de/themen/aktztg00.htm