Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - www.imi-online.de

in: Telepolis 21.03.2002

Vom Krieg zum Geschäft

Pipelinepläne in Zentralasien leben wieder auf

Dirk Eckert (25.03.2002)

Dirk Eckert 21.03.2002

Nach dem Sturz des Taliban-Regimes kommt Bewegung in die Verhandlungen über Gas- und Ölpipelines in Zentralasien. Anfang März reiste der afghanische Interimspräsident Hamid Karzai in die turkmenische Hauptstadt Ashgabat, um über den Bau einer Gaspipeline von Turkmenistan durch das bürgerkriegsgeschüttelte Land nach Pakistan zu beraten. Mit dem Präsidenten von Turkmenistan, Saparmurat Niyazov, vereinbarte er ein baldiges gemeinsames Treffen mit Pakistans Machthaber, General Pervez Musharraf.

Im Oktober 1997 hatte Turkmenistan mit sechs Ölkonzernen das Central Asia Gas Pipeline Consortium (Cent-Gas) ins Leben gerufen. Das Projekt sollte einen Umfang von 2,5 Milliarden US-Dollar haben und neben Erdgas auch rund 1 Millionen Barrel Erdöl nach Pakistan transportieren. Der amerikanische Ölkonzern Unocal war mit 46,5 Prozent an dem Projekt beteiligt, dessen Ziel der Bau einer Gas-Pipline nach Pakistan war ( Verborgene Ziele: Enrongate).

Karazai wiederum war früher für Unocal als Berater tätig. Das Unternehmen beendete jedoch nach eigenen Angaben im Dezember 1998 die Zusammenarbeit mit den 1996 an die Macht gekommenen Taliban, nachdem die USA Raketen auf afghanische Camps von Usama Bin Ladin abgefeuert hatten. Der Traum von einer Pipeline nach Südosten, vorbei an Russland und dem Schurkenstaat Iran, war vorläufig ausgeträumt. Erst die Beseitigung der Taliban machte es möglich, an alte Pläne anzuknüpfen.

Doch Pakistan verhandelt nicht nur mit Afghanistan, sondern auch mit dem Iran, den US-Präsident Bush zur „Achse des Bösen“ zählt. Am 22. Februar vereinbarten beide Länder, eine Machbarkeitstudie für eine Pipeline zu erstellen, die Gas vom Iran über Pakistan nach Indien transportieren soll. Das Projekt ist noch weit von einer Verwirklichung entfernt. So würden Gelder von der OECD und multilateralen Finanzinstitutionen benötigt, mach-ten Iran und Pakistan deutlich. Außerdem gilt der schwelende Konflikt zwischen Pakistan und Indien als Hinder-nis.

Ebenfalls in Planung ist eine Unterwasserpipeline von Iran nach Indien, vorbei an Pakistan. Ein italienisches Joint Venture hat von der National Iranian Oil Co ( NIOC) den Zuschlag für die Machbarkeitsstudie dieser Pipeline bekommen. Auch bei der Überlandpipeline ist ein westliches Unternehmen mit von der Partie: Die Machbarkeits-studie wird von der australischen BHP erstellt.

Washington reagiert auf diese Entwicklung nervös. Investitionen in den Iran sollten unterbleiben, „egal aus wel-cher Quelle“, drohte US-Sonderbotschafter Stephen Mann bei einem Besuch in Kasachstan am 12. März. Die USA werfen dem Iran auch vor, eine Klärung der Nutzungsrechte des Kaspischen Meeres zu verhindern. „Wir werden nicht untätig dastehen und zusehen, wie Iran seine Nachbarn unter Druck setzt“, drohte der stellvertre-tende Außenminister Richard Armitage am 7. März vor der US-Aserbaidschanischen Handelskammer in Wa-shington.

Die Vereinigten Staaten wollen jetzt ihre Auslandshilfe für die Länder Zentralasiens und der Region des Kaspi-schen Meeres erhöhen. Außerdem haben sie inzwischen Truppen in mehreren zentralasiatischen Ländern ste-hen. New York Times-Autor Stephen Kinzer umschrieb die US-Politik in der Seattle Times so : „US-Ölfirmen, die Milliarden von Dollars in Pipelines gesteckt habe, erwarten von ihrer Regierung, dass diese ihre Investitionen schützt. Die Vereinigten Staaten haben gezeigt, besonders in Kuwait, dass sie bereit sind, in den Krieg zu ziehen, um ihren Zugang zu ausländischen Energieressourcen zu schützen.“

Insofern verwundert es wenig, dass Elizabeth Jones vom US-Außenministerium im Dezember erklärt hat: „Wenn der Afghanistan-Konflikt vorbei ist, werden wir Zentralasien nicht verlassen. Wir haben längerfristige Pläne und Interessen in der Region.“ US-Truppen stehen inzwischen außer in Afghanistan in Kirkisien, Usbekistan und Georgien.

Genau das macht Russland zunehmend Sorgen. Mit dem Bau einer Südost-Pipeline nach Pakistan und einer Westroute von Baku in die Türkei büßt Russland zudem die Kontrolle über die Transportwege für Gas und Erdöl aus der Region ein. In der Frage der Truppenstationierung konnte Russland aber einen Erfolg verbuchen: „Die amerikanische Seite unterstrich, dass die USA in Zentralasien keine permanenten Stützpunkte errichten wollen“, versicherten die USA am 8. Februar auf russischen Druck.

Präsident Wladimir Putin versucht jetzt, ehemalige Sowjetrepubliken auch in Energiefragen wieder stärker an Russland zu binden. So vereinbarte er jüngst mit Turkmenistan, Kasachstan und Usbekistan eine Zusammenar-beit in Energiefragen und setzt auf eine Allianz der gasproduzierenden Länder. „Russland und Turkmenistan sind große Produzenten, Kasachstan und Usbekistan sind bereit, ihre Transportsysteme bereitzustellen“, erklärte Putin.

Quelle: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/12123/1.html

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