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Dokumentation: Stellungnahme des Republikanischen Anwaltsvereins (RAV) zum geplanten Kriegseinsatz der Bundeswehr

(20.11.2001)

Dokumentation: Stellungnahme des Republikanischen Anwaltsvereins (RAV) zum geplanten Kriegseinsatz der Bundeswehr

Stellungnahme des RAV zum geplanten Kriegseinsatz der Bundeswehr

UN-Mandat? Bündnispflicht? … darf man niemals, auch unter noch so starkem Druck, die Verfassung und die Charta der Vereinten Nationen verletzen. Schließlich kommt es auch auf die eigene moralische Qualität an.“ (Helmut Schmidt, Tsp. 30.09.01)

1. UN-Sicherheitsratbeschlüsse sind keine Legitimation für den Krieg

Die Bundesregierung legt zwar Wert auf die Feststellung, für den Krieg in Afghanistan gebe es ein UN-Mandat. Bundeskanzler Schröder ( Die Zeit“ vom 18.10.01): Der Krieg gegen Afghanistan sei als Antwort auf einen nicht ausdrücklich erklärten Krieg der Terroristen mit kriegerischen Mitteln durch die Entschließung des Sicherheitsrates 1368 vom 12. September 2001 und durch die Entschließung des Sicherheitsrates 1373 vom 28. September 2001 legitimiert. Fischer und Die Grünen (Anfang Oktober 2001): Die USA können sich für ihr Recht zur Selbstverteidigung auf die UN-Charta berufen. Das habe der Sicherheitsrat bestätigt, als er in den beiden Entschließungen vom 12. und 28. September 2001 die Anschläge als eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit bezeichnete und alle Staaten zum entschiedenen Kampf gegen den internationalen Terrorismus aufrief. Aber: Die Entschließungen 1368 und 1373 legitimieren den Krieg in Afghanistan nicht. Im Vorwort zur Entschließung 1368 vom 12.09.2001 anerkennt der Sicherheitsrat das Selbstverteidigungsrecht in Übereinstimmung mit der UN-Charta: „recognizing the right of collective self-defence in accordance with the Charta“. In der Entschließung bewertet ( „regards“) der Sicherheitsrat die terroristischen Anschläge vom 11.September „like any act of international terrorism“ als Friedensbedrohung. Er fordert alle Staaten zur Zusammenarbeit auf, um die Täter und Unterstützer der Terroranschläge zur Verantwortung zu ziehen, und weitere terroristische Anschläge dadurch zu verhindern, daß sie die Anti-Terror-Resolutionen der UN, besonders die vom 19.10.1999 umsetzen. Er erklärt sich bereit, alle Formen des Terrorismus gemäß den Verantwortlichkeiten der UN-Charta zu bekämpfen (“ in accordance with its responsibilities under the Charter of the United Nations“). Der Sicherheitsrat beschließt seine Resolution vom 12. September 2001 mit der Bekundung, weiter mit der Angelegenheit befaßt sein zu wollen. Mit der Entschließung 1373 vom 28.09.2001 fordert der Sicherheitsrat darüberhinaus die Staaten zur internationalen Zusammenarbeit auf, um innerhalb ihrer Grenzen „through all lawfull means“ jegliche Form der politischen, diplomatischen, finanziellen und militärischen Unterstützung von Terrorakten zu verhindern. Voraussetzung für das Selbstverteidigungsrecht nach Art.51 UN-Charta ist ein bewaffneter Angriff. Der Sicherheitsrat, der gemäß Art.39 UN-Charta feststellen kann, daß eine Bedrohung oder ein Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung vorliegt, spricht in beiden Entschließungen aber nicht von einer Angriffshandlung, sondern von einer Bedrohung des Friedens durch terroristische Anschläge. Mehr war zum Zeitpunkt der Entschließungen des Sicherheitsrates gar nicht möglich. Am 12. September waren noch nicht einmal die Attentäter bekannt. Am 28. September durfte davon ausgegangen werden, daß die Attentate ohne das Al-Kaida-Netzwerk Bin Ladens nicht möglich gewesen wären. Hinsichtlich des von den Taliban beherrschten Afghanistan stand nur fest, daß es Bin Laden und seinen Leuten Unterschlupf gewährt. Feststellungen i.S. des Art.39 UN-Charta treffen beide Entschließungen nicht. „Feststellungen“ des Sicherheitsrates sind als Bedingung für den Gebrauch der besonderen Kompetenzen des Kapitel VII der UN-Charta (für Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens oder bei Angriffshandlungen) eindeutig herausgehoben. Zur Feststellung bedarf der Sicherheitsrat besonderer Informationen, die er sich idR durch Untersuchungen gemäß Art.34 UN-Charta verschafft (Simma, Komm. z. UN-Charta ,Rn 24 zu Art.39). Solche Untersuchungen hat es zum Zeitpunkt beider Entschließungen des Sicherheitsrates nicht gegeben. Die Ermittlungen führten die USA durch. Diese informierten erstmals am 2.Oktober mündlich den Natorat und parallel die Regierungsspitzen der Natomitgliedsländer über ihre Ermittlungsergebnisse hinsichtlich der für die Terroranschläge Verantwortlichen. Ohne „Feststellungen“ des Sicherheitsrates gemäß Art.39 UN-Charta scheiden also beide Entschließungen ohnehin als rechtliche Grundlage für ein UN-Mandat aus. Anders als der Sicherheitsrat formulierte der NATO-Rat auf Antrag der USA ebenfalls am 12.09.2001: Wenn dieser Anschlag von außen kommt, dann soll er als bewaffneter Angriff gegen die USA gemäß Art.5 NATO-Vertrag und folglich als Angriff gegen alle NATO-Mitgliedsstaaten angesehen werden. Es ist bemerkenswert, daß es den NATO-Staaten USA, Großbritannien und Frankreich, die neben China und Rußland dem Sicherheitsrat als permanente Mitglieder angehören, nicht gelungen ist, durchzusetzen, daß die Anschläge in den Entschließungen des Sicherheitsrates, wie im Beschluß des NATO-Rates, als bewaffneter Angriff, als „armed attack“ bezeichnet werden. Das mag an dem Votum der weiteren nichtständigen Mitglieder des Sicherheitsrates gelegen haben, bei denen es sich derzeit um Singapur, Tunesien, Ukraine, Bangladesh, Kolumbien, Irland, Jamaika, Mali, Mauritius und Norwegen handelt. Die Entschließung des Sicherheitsrates gab jedenfalls keinen Anlaß zur Ankündigung der Ausrufung des Bündnisfalles durch den NATO-Rat . Auch der Wortlaut des Beschlusses des Natorates, – „wenn … dann“ -, zeigt, daß zu diesem Zeitpunkt noch keine Feststellungen getroffen werden konnten. Auf dem Washingtoner NATO-Gipfel 1999 haben die NATO-Mitgliedsländer zwar die Ziele der NATO um den Kampf gegen den Terrorismus erweitert. Art.5 des NATO-Vertrages, wonach der Bündnisfall nur im Falle eines bewaffneten Angriffs eines Staates auf ein NATO-Mitglied eintreten kann, ist aber nicht geändert worden. Es ist alles andere als Wortklauberei, sich mit dem Wortlaut der Entschließungen des Sicherheitsrats zu befassen. Auf Untersuchungen gründende Feststellungen des Sicherheitsrates gemäß Art.39 UN-Charta können miliärische Maßnahmen des Sicherheitsrates selbst oder solche von UN-Mitgliedsstaaten legitimieren und demnach Handlungsspielräume eröffnen. Das zeigt die stereotype Behauptung der Bundesregierung, für den Krieg gegen Afghanistan gäbe es ein UN-Mandat. Der Sicherheitsrat hat auch durch keine weiteren Entschließungen festgestellt, dass es sich bei den terroristischen Anschläge um einen bewaffneten Angriff von außen auf die USA handelt, der diese zum Selbstverteidigungskrieg gegen Afghanistan berechtigt. Es gibt nur eine Pressemitteilung des Präsidenten des Sicherheitsrats zu Afghanistan nach dem Beginn der Bombardierung vom 09.10.2001, die die bedenkliche humanitäre Situation in Afghanistan thematisiert und die Einbeziehung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen in deren Erörterung begrüßt. Auch mit Kofi Annans Statement vom 08.10.2001 nach Beginn der Bombardierung kann nicht begründet werden, daß der Sicherheitsrat die Bombardierung Afghanistans als Selbstverteidigungsmaßnahme der USA legitimiert hat. Kofi Annan sagte, daß die begonnene Aktion im Lichte der Resolution zum Selbstverteidigungsrecht gemäß der UN-Charta zu betrachten sei, und fuhr fort, daß es zur Terrorismusbekämpfung vieler verschiedener Mittel bedürfe. Weder stellt das Statement eine unzweideutige Billigung der Bombardierung als Akt der Selbstverteidigung dar, noch ist ein Statement des Generalsekretärs der Vereinten Nationen eine Feststellung des Sicherheitsrates.

2. Keine Feststellung eines bewaffneten Angriffs Afghanistans auf die USA – Keine Legitimation aus dem Selbstverteidigungsrecht.

Nun ist das Selbstverteidigungsrecht nach Art.51 UN-Charta nicht von der Anerkennung durch den Sicherheitsrat abhängig. Es ist inzwischen völkerrechtlich anerkannt, daß nicht nur direkte militärische Handlungen der Streitkräfte eines anderen Staates einen bewaffneten Angriff im Sinne von Art.51 UN-Charta darstellen können. Auch gewalttätige Aktionen nichtstaatlicher Angreifer können dann als bewaffneter Angriff im Sinne von Art.51 UN-Charta gewertet werden, wenn diese von einem fremden Staat entsandt werden oder in dessen Auftrag oder unter dessen wesentlicher Beteiligung tätig werden. Die Beteiligung von Drittstaaten kann auch in Form der Hilfeleistungen für Aufständische bestehen (Ipsen, Völkerrecht, 1999, S.938). Diese erweiternde Auslegung des bewaffneten Angriffs geht auf die Nicaragua-Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs von 1986 zurück, die die Ausrüstung und Ausbildung der von Honduras aus operierenden Contras durch die USA als einen bewaffneten Angriff wertete. Die Finanzierung der Aufständischen fällt nach dieser Entscheidung aber nicht unter das Gewaltverbot (ICJ Rep. 1986, 119). Ob im Falle der terroristischen Anschläge vom 11. September 2001 die Voraussetzungen dafür vorliegen, sie als bewaffneten Angriff von außen im Sinne von Art.51 UN-Charta zu bewerten, also ob die Attentäter zumindest mit wesentlicher Beteiligung Afghanistans tätig geworden sind oder ob die Regierung in Afghanistan die Anschläge vom 11.09.2001 zumindest autorisierte, von ihnen wußte und sie billigte, wissen wir nicht. Der Öffentlichkeit sind keine Erkenntnisse dafür vorgelegt worden, daß sich die USA für den Krieg gegen Afghanistan auf das Selbstverteidigungsrecht des Art.51 UN-Charta berufen können. Der NATO-Rat hat zwar am 4.Oktober 2001 den von den USA mündlich vorgetragenen Bericht als Beweis akzeptiert und den Bündnisfall ausgerufen. Die Öffentlichkeit kann, da der Bericht geheim blieb, nicht beurteilen, ob der NATO-Rat zur Ausrufung des Bündnisfalles befugt war. Gegen die Befugnis zur Ausrufung des Bündnisfalls spricht, daß Außenminister Powell zur selben Zeit in einem Interview mit der New York Times“ sagte, daß es selbst gegen Bin Laden, und also auch gegen Afghanistan, nicht einmal Indizien gebe. Die bloße Gestattung des Aufenthalts von Bin Laden und seiner Leute durch die Taliban genügt auch nach der Rechtssprechung des Internationalen Gerichtshofes nicht, um von einem bewaffneten Angriff Afghanistans auf die USA ausgehen zu können.

3.Unverhältnismäßigkeit der Angriffe der USA

Das um sich greifende politische Unbehagen über den seit mehreren Wochen währenden Bombenkrieg gegen Afghanistan ist auch völkerrechtlich begründet. Selbst wenn die USA in Ausübung des Rechts zur Selbstverteidigung Krieg gegen Afghanistan führen dürften, gilt völkerrechtlich, daß bei der Anwendung des Selbstverteidigungsrechts keine unverhältnismäßigen Maßnahmen zulässig sind (Ipsen, a.a.O., S. 945, 953). Zulässig sind nur Aktionen, die verhältnismäßig im Hinblick auf den vorausgegangenen Angriff sind und nur der Selbstverteidigung dienen. Bestrafungsaktionen sind mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip unvereinbar. Welchen Zweck eine militärische Aktion erfüllen soll, ist demnach für die Beurteilung ihrer Zulässigkeit von großer Bedeutung. Eines der weiteren Kriterien zur Beurteilung der Zulässigkeit der militärischen Aktionen ist, ob der Einsatz von Waffen, die eine größere Zerstörungskraft haben, als zur Abwehr des Angriffs notwendig ist, noch mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip übereinstimmt. Für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit militärischer Selbstverteidigung sind außerdem die Regeln des humanitären Völkerrechts für den bewaffneten Konflikt relevant (Ipsen a.a.O., 950 und 951). So sind nach Art.51 Abs.4 des 1. Zusatzprotokolls von 1977 zu dem Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte (ZP I) Angriffe gegen ein militärisches Objekt mit kollateralen Schäden bei der Zivilbevölkerung verboten, wenn es sich um unterschiedslose Angriffe handelt. Ein solcher liegt nach Art.51 Abs.5 b ZP I u.a. dann vor, wenn bei einem Angriff damit zu rechnen ist, daß er Verluste an Menschenleben verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen. Die Bombardierung stellt bereits deshalb keine zulässige Verteidigungsmaßnahme dar, weil sie untauglich zur Bekämpfung eines internationalen Terrornetzwerkes ist. Wahrscheinlich ist, daß es dazu geduldiger und langfristiger Operationen von Polizei und Geheimdienst bedarf. Auch die Kriegsführung wahrt nicht die vom Völkerrecht geforderte Verhältnismäßigkeit, weil mit Flächenbombardements und vom Völkerrecht geächteten Streubomben ein bitterarmes Land in Schutt und Asche gelegt wird.

4. Der Einsatz der Bundeswehr ist verfassungswidrig

Gemäß Art.87 a Abs.2 Grundgesetz dürfen die Streitkräfte nur zur Landesverteidigung und darüber hinaus nur eingesetzt werden, soweit das Grundgesetz das ausdrücklich zuläßt. Zulässig ist aufgrund des Art. 24 Abs.2 GG der Einsatz der Streitkräfte auch zur kollektiven Selbstverteidigung eines NATO-Mitgliedsstaates, da es sich bei der NATO nach der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts um ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit handelt. Wenn der Krieg gegen Afghanistan keine nach Art.51 UN-Charta zulässige Selbstverteidigung der USA ist, gibt es keine Rechtsgrundlage, aufgrund der der Bundestag die Entsendung der Bundeswehr zur Unterstützung des Krieges gegen Afghanistan beschließen könnte. Auch der Bündnisfall gemäß Art.5 des NATO-Vertrages setzt voraus, daß die USA einen nach der UN-Charta zulässigen Verteidigungskrieg führen. Die keine Feststellungen beinhaltenden Entschließungen des Sicherheitsrates entbinden den Bundestag nicht von der eigenen Prüfung. Das gilt ebenso für den Natoratsbeschluß. In Art.7 des NATO-Vertrages ist vielmehr geregelt, daß der Vertrag nicht die Rechte und Pflichten berührt, welche sich für die NATO-Mitgliedsländer, die Mitglieder der Vereinten Nationen sind, aus deren Satzung ergeben. Schröder meint, sich mit Zweifeln an der Kriegsführung der USA nicht befassen zu müssen: Ich habe die Strategie nicht zu kritisieren und tue es auch nicht“ (TAZ 07.11.01). Der Bundestag, der darüber zu entscheiden hat, ob Deutschland Streitkräfte zur Unterstützung des Krieges der USA gegen Afghanistan entsenden darf, muß sich aber vergewissern, ob die USA von Afghanistan angegriffen worden sind und deshalb der NATO-Rat den Bündnisfall ausrufen durfte. Der Bundestag muß sich auch vergewissern, ob die Bombardierung Afghanistans ein taugliches Mittel zur Selbstverteidigung und zur Verhinderung weiterer terroristischer Anschläge durch das terroristische Netzwerk Bin Ladens ist und ob die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Läßt sich das nicht feststellen, legitimiert das Recht zur Selbstverteidigung den Krieg nicht und ist der Krieg nur noch ein völkerrechtswidriger Rachefeldzug. Auf die Strategie der USA, ihre Kriegsziele und die Kriegsführung, die Schröder nicht in Frage stellen mag, kommt es vielmehr für die Frage, ob der Bundestag der Entsendung der Bundeswehr zustimmen darf, gerade an. Es ist selbstverständlich, dass der Bundestag nur entscheiden kann, wenn dem Parlament und der Öffentlichkeit alle Informationen zur Verfügung gestellt worden sind, die benötigt werden, um die Regierung entgegen dem von der UN-Charta statuierten zwischenstaatlichen Gewaltanwendungsverbot ausnahmsweise zur Entsendung von Streitkräften zu legitimieren. Nach dem Einsturz der Türme des World Trade Centers, als wir entsetzt angesichts des von den Attentätern angerichteten Infernos von tausenden Toten waren, wurde befürchtet, daß die USA blindlings zurückschlagen würden. Es war unser, die wir in einer Demokratie leben, unwürdig, daß wir nicht darauf vertrauen konnten, die Reaktion der USA würde sich an die Vorgaben der UN-Charta halten, sondern hoffen mußten, der amerikanische Präsident würde wider Erwarten besonnen reagieren. Wenn gegen Afghanistan ein Krieg geführt wird, der den völkerrechtlichen Regelungen zuwiderläuft, droht der erreichte Stand der Verrechtlichung internationaler Beziehungen verloren zu gehen und wir in Abhängigkeit zu geraten von der individuellen Klugheit, Weitsicht und Eigenständigkeit von Politikern, deren Handeln mangels Orientierung am Völkerrecht nicht kalkulierbar ist. Mit dem UN-Mandat für den Krieg gegen Afghanistan verhält es sich wie mit des Kaisers neuen Kleidern in dem gleichnamigen Märchen. Da behauptet wurde, nur wer nicht für sein Amt tauge, könne die neuen Kleider nicht sehen, lobte alle Welt die hübschen Muster und schönen Farben der Gewänder des Kaisers – bis ein Kind sagte:“Aber er hat ja gar nichts an!“

Helga Wullweber, 11.November 2001

Anhang

Art.51 Abs.4 ZP I: Unterschiedslose Angriffe sind verboten. Unterschiedslose Angriffe sind a) Angriffe, die nicht gegen ein bestimmtes militärisches Ziel gerichtet werden, b) Angriffe, bei denen Kampfmethoden oder -mittel angewendet werden, die nicht gegen ein bestimmtes militärisches Ziel gerichtet werden können, oder c) Angriffe, bei denen Kampfmethoden oder -mittel angewendet werden, deren Wirkungen nicht entsprechend den Vorschriften dieses Protokolls begrenzt werden können und die daher in jedem dieser Fälle militärische Ziele und Zivilpersonen oder zivile Objekte unterschiedslos treffen können.“

Art.51 Abs.5 ZP I: Unter anderem sind folgende Angriffsarten als unterschiedslos anzusehen: a) ein Angriff durch Bombardierung – gleichviel mit welchenMethoden oder Mitteln – bei dem mehrere deutlich voneinander getrennte militärische Einzelziele in einer Stadt, einem Dorf oder einem sonstigen Gebiet, in dem Zivilpersonen oder zivile Objekte ähnlich stark konzentriert sind, wie ein einziges militärisches Ziel behandelt werden, und b) ein Angriff, bei dem damit zu rechnen ist, daß er auch Verluste an Menschenleben unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten unmittelbaren militärischen Vorteil stehen.“

Art.54 Abs.2 ZP I: Es ist verboten, für die Zivilbevölkerung lebensnotwendige Objekte wie Nahrungsmittel, zur Erzeugung von Nahrungsmitteln genutzte landwirtschaftliche Gebiete, Ernte- und Viehbestände, Trinkwasserversorgungsanlagen und -vorräte, sowie Bewässerungsanlagen anzugreifen, zu zerstören, zu entfernen oder unbrauchbar zu machen, um sie wegen ihrer Bedeutung für den Lebensunterhalt der Zivilbevölkerung oder der gegnerischen Partei vorzuenthalten, gleichviel ob Zivilpersonen ausgehungert oder zum Fortziehen veranlaßt werden sollen oder ob andere Gründe maßgebend sind.“

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